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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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einem harten Klirren ab.
    Neben euch schießt ein Tourist aus dem Tiefschlaf und sieht sich verwirrt um. Mit einer Hand zieht er sich die dünne Wolldecke ganz über den Kopf, murmelt etwas in einer fremden Sprache und dreht sich in die andere Richtung.
    »Ich könnte mich in den Arsch treten, weil ich dir die ganze Sache vorgeschlagen habe. Ich wusste doch nicht, dass wir so einen Irren auf den Plan rufen. Und solange wir keine Erklärung haben, können wir nicht mal zur Polizei gehen. Die denken ja, wir sind in Indien auf einem Trip hängen geblieben.« Gierig stürzt er den Whisky runter und winkt der Stewardess, damit sie sein Glas zum dritten Mal auffüllt.
    »Nick! Jetzt mach mal halblang!« Die klägliche Absurdität eurer Situation lässt deine Angst weniger wirklich erscheinen. Nick hängt sich in die Seile und besäuft sich, während du erschossen werden sollst, ohne auch nur einen Schimmer zu haben, warum. »Dein Selbstmitleid hilft uns jetzt auch nicht weiter.«
    Warum wünschst du dir bloß, Cal wäre jetzt bei euch? Cal mit seinen nie versiegenden Geschichten.
    »I tell you a story«, versuchst du es mit seiner Methode. Immerhin guckt Nick dich an, wenn auch mit glasigen Augen. »Für den Moment haben wir Hauser abgehängt. Und bis der wieder auftaucht, haben wir mit Tante Charlotte gesprochen. Und mit Anand. Und ich bin reich, weil ich dir dein ganzes Geld abgeknöpft habe. Davon leiste ich mir einen Bodyguard.«
    Mit der typisch verzögerten Reaktionszeit eines Betrunkenen zaubert Nick ein schiefes Lächeln auf sein Gesicht. »Ich wette, dein Vater hat schon einen erfolgreichen indischen Geschäftsmann im Kopf, der demnächst um deine Hand anhält. Und weg bist du. Happy End.« Das klingt schon wieder ganz nach Nick. Jetzt lässt er sogar das Glas los und zieht am Zipfel deines Saris.
    »Hör auf!« Seine zaghafte Geste erinnert dich daran, dass du im Moment ein viel dringenderes Problem hast als Ludwig Hauser, der dich erschießen will. »Ich muss mal.«

    »Ja und?« Nick lächelt abwesend die Stewardess an, die ihm gerade nachschenkt. Ihr Sari in den Farben von Air India sieht aus, als wäre er ihr auf den Leib gebügelt.
    »Was ist, wenn das Ding hier auf dem Klo auseinander fällt?« Du flüsterst, damit sie dich nicht hört. »Dann bin ich geliefert. Keine Ahnung, wie ich das wieder so hinkriegen soll, wie Cal es gewickelt hat!«
    »Dann komme ich und rette dich. Was Cal kann, kann ich schon lange.« Er bläst dir seinen Whiskyatem ins Gesicht.
    Ist es nicht so, dass Alkohol in großer Höhe doppelt so stark wirkt? Für den Moment bist du jedenfalls auf dich allein gestellt. Vorsichtig schlängelst du dich durch den Gang und schlüpfst in die enge Kabine. Über dem Klo balancierend raffst du allen Stoff unterhalb deiner Hüfte zusammen und stopfst ihn in die linke Hand. Mit der anderen zerrst du deine Unterhose runter. Geschafft. Zum Glück gibt es keine Turbulenzen. Nach zwei endlosen Minuten bist du wieder in der Senkrechten.
    Mehr im Vorbeigehen guckst du in den Spiegel. Eine Fremde im Sari starrt dich aus großen Augen an, unter denen tiefe Ringe liegen. Irritiert greifst du nach dem Riegel, und die Tür springt auf. In der spärlichen Beleuchtung vor dem Klo steht eine Frau mit langen blonden Dreadlocks. Sie liest in einem Buch mit dem Titel Magisches Reisen in Indien.
    »Tschuldigung, dass es so lange gedauert hat«, sagst du auf Deutsch, immer noch unter dem Eindruck deines eigenen Spiegelbildes.
    Die Frau hebt überrascht den Kopf. »Kein Ding«, sagt sie und lässt ihre Augen neugierig von deinem Kopf bis zu deinen Füßen wandern. »Cooles Outfit!«

74 Deutschheit
    Nicks Blick aus dem Fenster des Taxis verlor sich in den Schnee flocken, die fast waagerecht vorbeiflogen. Hamburg lag im winterlichen Dämmerlicht, und für einen Moment wusste er nicht mehr, ob es Morgen oder Abend war. Aber was machte das schon für einen Unterschied? Die Tageszeit würde nichts daran ändern, dass diese Rückkehr alles andere war als ein Happy End. Er schloss die Augen zur Hälfte und versuchte sich die gleißende Helligkeit von Bombay vorzustellen. Es klappte nicht. Das Einzige, was er fühlte, war ein kalter schwerer Klumpen in seinem Inneren.
    Mattie neben ihm zitterte in ihrem dünnen Sari. Er drückte sie an sich.
    »Die haben meinen Pass ungefähr eine Million Mal durch ihre Geräte gejagt. Dann haben sie mich alle möglichen komischen Sachen gefragt: Wo liegt Harmsdorf, wann hat meine Mutter

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