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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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Hamburg aufgetaucht. Er hatte ihn einen dreckigen Denunzianten genannt. Sie hatten gestritten, hier am Hafen.
    Ludwig versuchte sich aus den Bildern der Vergangenheit zu befreien. Die anderen standen immer noch da, als würden sie auf etwas warten. »Was ist? Was wollen Sie noch?«, fragte er irritiert.
    Der junge Mann starrte ihn an wie einen Geist. »Was wir wollen? Wir wollen, dass Sie aufhören, Leute umzubringen! Wir wollen, dass Sie aufhören, auf uns zu schießen. Sie sind ja komplett durchgeknallt!«
    Ludwig schüttelte den Kopf. Warum tischten sie ihm Lügen auf? Sie wollten ihn verwirren, aber das würde er nicht zulassen. »Schießen? Was für ein Unsinn. Ich musste nur verhindern, dass er aussagt.« Er zeigte auf Kumar. Der Inder rührte sich nicht. »Und das hat sich ja nun erledigt.«
    Er wandte sich zum Gehen.
    »Aber Sie –«
    Die Tochter der Verrückten schien ihn aufhalten zu wollen. Instinktiv spürte er, dass Gefahr von ihr ausging. Aber der Blonde kam ihm zu Hilfe.
    »Mattie! Lass ihn. Wir können nichts machen. Wir haben keine Beweise und keine Zeugen.«
    Sie riss sich los. »Aber Emma! Ich will nicht, dass er sie weiter tyrannisiert!«
    Ludwig wurde langsam ungeduldig. Müde, er war so müde. »Lassen Sie mich in Ruhe, junge Frau. Ich werde Harmsdorf verlassen. Wenn Sie nicht nach mir suchen, werde ich Ihnen nichts tun.«
    Er sah ihr an, dass sie ihn bestrafen wollte. Strafe. Er hatte doch immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Sein ganzes Leben lang. Nur mit Charlotte hätte er nicht streiten dürfen.
    Charlotte ist tot. Sie haben sie umgebracht. Die Worte schienen jetzt seinen Kopf auszufüllen.
    Und dann überkam ihn die Ahnung, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Die dünne Haut riss und sein Schmerz wurde an die Oberfläche gespült. Ludwig spürte, wie er durch seinen Körper kroch und sich in jeder einzelnen Zelle festsetzte. Plötzlich, unter dem Schock der physischen Empfindung, sah er klar.
    Wie lange? Wie lange würde er noch leben müssen, ohne sie, ohne Charlotte? Sie war es, die ihm von nun an den Schlaf rauben würde. Das war seine Strafe.
    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und ging langsam davon.

82 Gastrolle
    »Nick, warum tun wir nichts?«
    Mattie zitterte vor Aufregung. So hatte Nick sie noch nie gesehen.
    »Ich will, dass er bestraft wird! Ich will, dass er leidet! Wie Emma gelitten hat!« Tränen liefen ihr über das Gesicht, aber sie merkte es gar nicht.
    Nick legte den Arm um ihre Schultern und drehte sie um, so dass sie beide wieder vor Kumar standen.
    »Da kannst du dich bei ihm bedanken«, sagte er auf Englisch.
    »Was? Worüber haben Sie gesprochen?«
    Kumar hatte natürlich kein Wort verstanden. Aber Nick hatte nicht die geringste Lust, ihm die vergangenen zehn Minuten zu übersetzen. Mattie wohl auch nicht. Sollte er doch selbst versuchen, sich die Dinge zusammenzureimen.
    »Madita. Versetze dich doch einmal in meine Lage.«
    Kumar machte einen Schritt auf sie zu. Sie wich zurück.
    »Du tauchst nach fast dreißig Jahren aus dem Nichts auf. Als Nächstes ruft dieser Hauser an und droht, mein Leben zu zerstören. Meine Familie bedeutet mir alles. Sie würden es nicht verstehen. In Indien denkt man anders über solche Dinge.«
    Nick war sich nicht sicher, ob sie ihm überhaupt zuhörte, aber er redete weiter auf sie ein.
    »Gib mir etwas Zeit. Ich werde mir überlegen, wie wir in Kontakt bleiben können, ohne dass sie etwas erfahren. Ich möchte meine Tochter kennen lernen.«
    Mattie schüttelte den Kopf. Also hatte sie doch mitbekommen, was er wollte.
    Sie wischte sich die Tränen ab und sah ihn an. »Nein danke«, sagte sie, »ich habe bereits einen Vater.«
    Nick hätte sie am liebsten mit seinem ganzen Körper umarmt, von allen Seiten. Er wollte sie abschirmen vor dem, was gerade passierte. Mattie nahm seine Hand von ihrer Schulter und drückte sie.
    »Nick, ich fahre nach Hause.« Und damit ging sie weg. Ohne sich einmal umzudrehen.
    Nick kam sich vor, als stünde er auf einer Bühne und hätte seinen Abgang verpasst.
    »Bitte«, Kumar stand immer noch da, »bitte reden Sie noch einmal mit ihr.«
    Jetzt hatte er seine Gastrolle in diesem Stück aber endgültig satt.
    »Wozu denn?«, fragte er. »Haben Sie es nicht gehört? Sie braucht Sie nicht. Und Sie brauchen sie auch nicht. Alles andere ist doch nur Heuchelei. Fahren Sie nach Hause, Doktor Kumar.«
    Matties Vater zögerte. Nick hob die Hand zum Abschied.
    Es gab weiter nichts zu sagen.

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