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Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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haben.»
    Rauser zog die Tatortfotos aus seinem alten Aktenkoffer und breitete sie auf meinem Couchtisch aus. «Der Kerl ist offensichtlich intelligent», sagte er und ordnete die Bilder vom ersten bis zum letzten Mord in Gruppen an, von Anne Chambers über Bob Shelby und Elicia Richardson bis zu Lei Koto. «Das FBI bezeichnet ihn als einen frustrierten Zukurzgekommenen. Siehst du das auch so?»
    «Nein», entgegnete ich. «Ich halte ihn für einen Perfektionisten. Für einen sehr vorsichtigen und konzentriertenMenschen, der brillant erscheinen und andere beeindrucken will. Die beiden Briefe deuten darauf hin. Ich kann ihn mir nicht als einen Typen vorstellen, der noch bei Mutti im Keller wohnt.»
    Rauser nickte zustimmend. «Und was sagt uns dieser Scheiß hier sonst?», meinte er und schnippte mit dem Zeigefinger gegen den Brief. «Ein potenzielles Opfer namens David und ein verfluchter Fahrstuhl.»
    «Es gibt noch mehr, was man daraus schließen kann», sagte ich. «Zum einen ist die Person äußerst kontrolliert. Familienangehörige, Beziehungspartner und Mitarbeiter werden das in gewissem Maße erfahren haben. Außerdem muss er sein sadistisches Verhalten wahrscheinlich auch in Ruhephasen mit Sexualpartnern ausleben. Möglicherweise zahlt er dafür, oder er findet sie in Sadomaso-Kreisen, aber dort sind die meisten Leute vor allem aus Neugier unterwegs, und sie haben ihre Grenzen. Menschen wie er kriegen in diesen eher kontrollierten Kreisen schnell einen schlechten Ruf. Ich würde mich dort umhören. Wahrscheinlich wird er auch einschlägige Internetseiten besuchen, um seine Machtphantasien anzuheizen. Aber er ist vorsichtig. Das mit der sozialen Tarnung stimmt, Rauser. Nach außen hin wird er genau so sein, wie er sich beschrieben hat. Er beherrscht das Spiel.»
    «Zu den bisherigen Opfern ist er ziemlich leicht ins Haus gekommen, aber wenn David eine Familie hat und teure Anzüge trägt, wird es anders sein. Ich meine, der hat bestimmt eine Alarmanlage, vielleicht ein Kindermädchen, vielleicht ist seine Frau den ganzen Tag zu Hause, und er hat einen Hund oder so.»
    «Bei Elicia Richardson gab es auch eine Alarmanlage», sagte ich und nahm eins der Fotos, auf dem sie mit blauen Flecken, Bisswunden und gespreizten Beinen bäuchlings auf demBoden lag. Dunkel befleckte Eichendielen umgaben den chinesischen Läufer, auf dem sie wie eine verlorene Stoffpuppe liegengelassen worden war. An ihren Schultern und Innenseiten der Schenkel waren verfärbte Bissmarken zu sehen, die Oberschenkel und Hinterbacken, die Seite und der Steißbereich zeigten Stichwunden. Ich stellte mir vor, wie er in ihre Wohnung gekommen war. Hatte sie ihn erwartet? Ich schloss meine Augen und versuchte, sie mit seinem Blick lebendig vor mir zu sehen. Ich klingele an der Tür und warte. Sie ist schön. Sie lächelt. Kennt sie mich? Sie will, dass ich dort bin. Weshalb? Ich gehe in ihre Wohnung. Ich bin nervös, aber dann füllen sich meine Lungen mit der Luft, die sie atmet, und ich spüre Macht. Ich weiß, dass sie jetzt mir gehört, so wie mir die Tür gehört, durch die ich gerade gekommen bin, und die Luft, die wir teilen, und der Läufer unter meinen Füßen. Meine Gedanken kreisen nur noch darum, wann ich sie zum ersten Mal angreifen werde. Ich mag die Überraschung. Ich mag es, sie wehrlos zu sehen, während ich meinen Draht und mein Messer hervorhole.
    «Ja, aber ihre Alarmanlage ist nicht aktiviert worden», hörte ich Rauser sagen. «Denn sie hat dem kranken Scheißkerl genau wie die anderen drei die Tür aufgemacht. Aber sie wohnte allein. David nicht.»
    «Er wird David nicht zu Hause aufsuchen. Er hat sein Muster verändert, was ihn noch gefährlicher macht.»
    «Wir schauen uns in der bisexuellen Szene um», meinte Rauser finster. «Aber das ist leider die abgeschottetste Szene überhaupt. Eine Menge Typen stehen darauf, aber sie gehen nicht gerade damit hausieren. Wir hoffen, dass David in der Beziehung etwas offener ist. Oder der Mörder. Wir überprüfen Bars, hetero, homo, sadomaso, und befragen männliche und weibliche Prostituierte.»
    «Es geht nicht um sexuelle Neigung oder Orientierung», entgegnete ich und musste an all die Fälle von Serientätern denken, mit denen ich während meiner Zeit beim FBI zu tun gehabt hatte. «Es geht um Macht.»
    «Und wie finde ich ihn?», fragte Rauser. «Wie kriege ich diesen David rechtzeitig?»
    «Veröffentliche den Brief», antwortete ich.

9
    I ch fühlte mich, als wäre ich die

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