Cut
wollen, ich werde keinen Ton von mir geben. Aber bitte tun Sie mir nicht mehr weh. Bitte. Ich werde ganz still sein.»
«Das ist gut. Das Geflenne bringt wirklich nichts. Mach weiter mit der Hand. Ich bin kurz davor. Ich bin ganz kurz davor. Und rede weiter. Sag mir, was du magst.»
«Ich mag es, es Ihnen zu besorgen. Ich möchte, dass Sie kommen.»
«O ja. Sag mir, dass du es willst. Sag es.
Na los
.»
«Ich will es, ich will es. Ich will, dass Sie …»
«O ja, ja, ja.
Scheiße!
Na, war das nicht schön, Baby? Schau in die Kamera und lächele.
Lächele, du Schlampe!
Ausgezeichnet. Jetzt zieh die Handschuhe aus und gib sie mir. So ist es gut. Die wollen wir doch nicht vergessen, oder?»
«Mir ist so schwindlig.»
«Ja, das glaube ich. Kribbeln deine Lippen schon? Du verlierst eine Menge Blut.»
«Was geschieht jetzt?»
«Ich werde deine Blutung stoppen.»
I ch bog auf den Parkplatz des Bürokomplexes am Century Center Boulevard gleich am N. E. Expressway, ein siebzehnstöckiges, dreieckiges dunkles Glasgebäude, das in der Mittagssonne schmorte. Ich musste ein paar Dinge von einer kleinen Kanzlei abholen, die mir immer wieder Aufträge zuschusterte. Larry Quinn war auf Schadenersatzansprüche spezialisiert, seine Partner vor allem auf Scheidungen. Ich hatte mir schon ein paarmal in Rosensträuchern Arme und Beine zerkratzt, um eine gute Aufnahme von untreuen Eheleuten zu schießen, und ich hatte Scheidungspapiere, Vorladungen und Unterlassungsurteile zugestellt. Es waren gute Aufträge, diemir eine Aufwandsentschädigung plus jeweils hundertfünfzig für den Papierkram einbrachten.
Es war so trocken wie fast jeden Tag, seit vor drei Jahren eine Dürreperiode begonnen hatte. Das Klima würde sich bald umstellen, hatte ich gehört, der Regen würde zurückkehren. Wahrscheinlich sollte ich mich mehr für unsere Bäume interessieren oder für den Laniersee, die Hauptwasserquelle Atlantas, dessen Pegel um fünf Meter gesunken ist. Die regionalen Medien hyperventilieren deswegen regelrecht, jeden Tag zeigen uns die Zeitungen anhand einer Graphik, wie flach der See ist und wie lange es noch dauert, bis uns das Wasser ausgeht und wir uns gegenseitig auffressen werden. Insgeheim genoss ich die Dürre. Ich weiß, es ist egoistisch, aber so konnte ich in meinem alten Impala mit heruntergeklapptem Verdeck fahren.
Als ich zu den Drehtüren ging, spürte ich die Hitze auf den Schultern. Die Sonnenstrahlen hatten es nicht leicht, den morgendlichen Smog zu durchdringen, aber sie knallten trotzdem erbarmungslos auf die Vorderseite des Gebäudes, wo auch Larry Quinns Büro lag. Ich seufzte. Ich war schon häufig bei Larry gewesen, wenn die Sonne direkt hineinschien. Selbst die Klimaanlage schaffte es kaum, die Büros zwischen ihren Glaswänden zu kühlen. Mit Schweißperlen auf der Stirn und hochgekrempelten Ärmeln hatten wir an seinem Konferenztisch Besprechungen abgehalten. Das Gebäude beherbergt AT&T, die Filiale des FBI in Atlanta, haufenweise Ärzte und Anwälte sowie das Mariott Hotel. Ganz in der Nähe befinden sich der Executive Park und das Viertel Druid Hills, in der anderen Richtung liegt der Buford Highway, die beste Gegend, wenn man auf der Suche nach authentischer, ausländischer Küche ist. Dort gibt es in riesiger Auswahl koreanische, malayische, indische, chinesische, kubanische oder peruanische Restaurants. Egal was man sich erträumt, egal ob es läuft,krabbelt, gleitet oder schwimmt, ob es an Bäumen oder Sträuchern oder unter der Erde wächst, irgendjemand am Buford Highway steckt es in eine leckere Sauce und kocht ein Schlemmergericht daraus.
Larry Quinns Büro befindet sich in der vierzehnten Etage, und morgens, mittags und zu Feierabend muss man sich auf eine lange Fahrt in einem vollgestopften Fahrstuhl gefasst machen, doch an diesem Tag war ich zwischen den Stoßzeiten dort. Quinns Sekretär, Danny, saß am Empfangstresen, ein gutaussehender Kerl Mitte zwanzig. Er trug ein Headset und tippte wie üblich geschäftig in die Tastatur. Danny schien tausend Dinge gleichzeitig erledigen zu können, ohne durcheinanderzugeraten. In der Woche arbeitete Danny vierzig Stunden im Büro und organisierte die Arbeit von drei Anwälten, doch an den Wochenenden rasierte er sich von Kopf bis Fuß, schlüpfte in Highheels und einen engen Fummel und stolzierte wie ein Model durch die Transvestitenclubs Atlantas. Er war die schönste Frau, die ich jemals gesehen hatte.
«Morgen! Ich sage Larry
Weitere Kostenlose Bücher