Cut
verspiegelten Fahrstühle und führtedie Schlüsselkarte ein, die mir Zugang zu den Etagen 48 bis 53 verschaffte, welche allesamt der Kanzlei Guzman, Smith, Aldridge und Haze gehören, meinem größten Auftraggeber, also im Grunde den Leuten, die jeden Monat für meine Lebensmittel und Miete sorgten. Ich musterte mein Spiegelbild. Nicht schlecht. Ralph Lauren in einem sachlichen Bankerblau, dazu eine frische weiße Bluse. In diesem Outfit würde mich wahrscheinlich niemand ansprechen, aber es zeigte, dass ich auf mein Äußeres achte, meine Arbeit ernst nehme und es nicht darauf anlege, mit meinen Klienten zu konkurrieren. Die Schuhe sagten dagegen wahrscheinlich mehr
zu
mir als über mich. In diesem Moment sagten die gerade
Hey, du da oben. Du wirst dir diesen Monat einiges verkneifen müssen.
Okay, dann gebe ich eben hin und wieder ein bisschen zu viel für Schuhe aus, aber ich kenne Leute, die jeden Monat tausend Dollar für Kokain verprassen, und im Vergleich dazu müsste ich mir eigentlich keine großen Vorwürfe machen.
Mir wurden ein paar Glastüren geöffnet, dann wandte ich mich zu den Büros der Anwälte. Ich hatte einen Termin bei Margaret Haze, einer der gefürchtetsten Strafverteidigerinnen des Landes.
Als Diane mich sah, lächelte sie. Sie war nicht nur Haze’ Assistentin, sondern auch meine engste Freundin. Keine andere Freundschaft zu einer Frau außerhalb meiner Familie war so beständig wie die zu Diane. Sie war blond, wirkte ein bisschen wie Peter Pan und trug an dem Tag ein graues Kostüm, das ich bei Macy’s im Schaufenster gesehen hatte, wenn ich mich nicht täuschte. Diane hatte die Figur für Kleider von der Stange. Sie war großartig.
«Na, Mädchen», sagte sie und reichte mir ein paar Akten, die einer der Anwälte auf ihrem Schreibtisch für mich hinterlegt hatte.
Diane Paulaskas war seit der Grundschule meine Freundin und hielt mich über die Interna der Büros im Suntrust Plaza auf dem Laufenden. Sie war eine unverbesserliche Tratschtante und hatte dafür gesorgt, dass ich mittlerweile Aufträge von einer Kanzlei wie Guzman, Smith, Aldridge und Haze erhielt. Sie hatte einfach meine Visitenkarte in jeden Ordner und in jedes Büro der obersten fünf Etagen gelegt, und wenn ein Anwalt einen Privatermittler benötigte, schlug sie mich vor, als wäre ich das Maß aller Dinge. Für jedes Glas Club Soda, das ich trank, kippte sie zwei Gin Tonic, außerdem nahm sie nie ein Blatt vor den Mund. Diane Paulaskas war ein Mensch, der einem wirklich die Wahrheit sagte, wenn man darum bat.
«Und, in letzter Zeit einen abgekriegt?», fragte sie.
Ich verdrehte die Augen, als stünde ich über solchen Dingen.
Sie lachte. «Ich habe mir einen gekauft. Sein Name ist John Handschwanz, alles klar? Kalt wie Eis. Man muss ihn zehn Minuten in heißem Wasser einweichen.»
«Du hast dir einen Dildo gekauft?», fragte ich grinsend.
Sie nickte. «Glaubst du, dass ihm die Mikrowelle schadet?»
«Keine Ahnung. Ist er aus Silikon oder so?»
Diane hob ihre blonden Augenbrauen. «Nee, aus Ultrahaut, soll ein hautartiges Material sein, deswegen der Name. Wurde von der NASA entwickelt.»
«
Echt?
», sagte ich. «Wow.
Das
machen die bei der NASA also den ganzen Tag.»
Die Tür von Margarets Büro ging auf. Diane und ich hielten die Luft an. Die Leute schienen wie Gelatine in heißem Wasser zu schmelzen, wenn Margaret Haze einen Raum betrat, und wir waren da keine Ausnahme. Sie war über eins achtzig groß und sah mit ihrem wallenden, schulterlangen Haar undden roten Strähnchen aus, als sei sie einer L’Oréal-Werbung entsprungen. Außerdem war sie, nun ja, umwerfend.
«Bitte kommen Sie herein, Keye», sagte sie freundlich und gab mir die Hand. Sie gab mir immer die Hand und bestand immer darauf, persönlich mit mir zu sprechen. Die anderen Anwälte begnügten sich damit, ein paar Anweisungen hinzukritzeln und einen Ordner für mich am Empfangstresen abzugeben. Margaret Haze war anders, und ich vermutete, das war sie in jeder Beziehung.
«Übrigens vielen Dank für die ausgezeichnete Arbeit im Stoubart-Fall», sagte sie und führte mich zu einem Stuhl im Sitzbereich ihres riesigen Büros. «Sie haben mir so viel Material gegen die Zeugen der Anklage verschafft, dass es nicht einmal zum Prozess kommen wird. Ich habe Ihnen eine kleine Anerkennung ins Büro geschickt.»
«Das wäre nicht nötig gewesen, aber vielen Dank. Ein wunderschöner Korb. Wir haben uns sehr darüber gefreut», log ich. Ich hatte das
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