Cyberabad: Roman (German Edition)
deswegen hierhergebracht wurden.«
Der Palmer meldet sich leise. Wieder ein anonymer Anrufer. Naija antwortet vorsichtig.
»Ja?«
Es ist nicht die Collegestimme. Es ist eine Frau.
»Hallo. Ich stelle einen Anruf von N. K. Jivanjee zu Ihnen durch.«
»Wen? Was? Hallo?«, stottert Naija.
»Hallo, Ms. Najia Askarzadah.« Er ist es. Er ist es wirklich. »Nun, was meinen Sie?«
Ihr fehlen die Worte. Sie schluckt mühsam. »Es ist, ähm, beeindruckend.«
»Gut. Das soll es auch sein. Schließlich hat es einen verdammten Haufen Geld gekostet. Aber ich glaube wirklich, dass die Leute außerordentlich gute Arbeit geleistet haben, meinen Sie nicht auch? Viele von ihnen haben früher Studiosets entworfen. Aber es freut mich, dass es Ihnen gefällt. Ich glaube, viele Leute werden genauso beeindruckt sein. Natürlich sind die Ranas die Einzigen, auf die es letztlich ankommt.« N. K. Jivanjees Lachen ist ein tiefes, schokoladiges Gurgeln. »Nun zu Ihnen, Ms. Askarzadah. Ihnen ist bewusst, dass Sie die Gelegenheit zu einer höchst privilegierten Vorschau erhalten haben, für die Sie von der Presse eine beachtliche Summe Geld verlangen können? Zweifellos fragen Sie sich, worum es eigentlich geht. Es geht ganz einfach darum, dass die Partei, die ich zu führen die Ehre habe, gelegentlich Informationen hat, die sie nicht über die konventionellen Kanäle verbreiten möchte. Sie werden unser unkonventioneller Kanal sein. Es versteht sich von selbst, dass wir Ihnen dieses Privileg jederzeit wieder entziehen können. Meine Sekretärin wird eine kurze, von mir vorbereitete Erklärung an Ihren Palmer schicken. Darin spreche ich über die Pilgerfahrt, meine Loyalität zu Bharat, meine Absicht, diese Pilgerfahrt zum Brennpunkt der nationalen Einheit im Angesicht eines gemeinsamen Feindes zu machen. Alle Aussagen sind über mein Pressebüro nachprüfbar. Kann ich mich darauf verlassen, etwas von Ihnen in den Abendausgaben zu lesen? Wunderbar. Vielen Dank, Ms. Askarzadah, und alles Gute!«
Die Presseerklärung trifft mit einem dezenten Glockenton ein. Najia überfliegt sie. Es ist, wie N. K. Jivanjee gesagt hat. Sie hat das Gefühl, als hätte man ihr mit einem großen, weichen, schweren Schläger einen Hieb auf den Kopf verpasst. Sie hört kaum, wie der Shivaji-Junge fragt: »War er das? War er es wirklich? Ich konnte nicht alles verstehen. Was hat er gesagt?«
N. K. Jivanjee. Jeder kommt an Sajida Rana heran. Aber N. K. Jivanjee ! Vor Freude umarmt Najia Askarzadah sich selbst. Exklusiv! Fotos Copyright Najia Askarzadah. Man wird sie rund um den Globus weiterverkaufen, bevor die Tinte auf dem Vertrag getrocknet ist. Sie sitzt wieder auf dem Moped, mit Kurs auf das Büro der Bharat Times . Sie fährt im Bogen durch das Gittertor auf einen entgegenkommenden Schulbus zu, bevor der Gedanke ihre erstaunte Benommenheit durchdringt.
Warum sie?
Mumtaz Haq, die Ghazal-Sängerin, wird um zehn auftreten. Shaheen Baddor Khan beabsichtigt, zu diesem Zeitpunkt bereits weit fort zu sein. Das heißt keineswegs, dass er Mumtaz Haq nicht mag. Sie ist in verschiedenen Zusammenstellungen auf seiner Autoanlage vertreten, auch wenn ihre Stimme nicht so klar ist wie die von R. A. Vora. Aber er mag solche Partys nicht. Er umklammert sein Glas Granatapfelsaft mit beiden Händen und hält sich in den Schatten, von wo aus er beobachten kann, ohne selbst gesehen zu werden.
Der Garten der Dawars ist eine kühle, feuchte Oase aus Pavillons und Baldachinen zwischen süß duftenden Bäumen und präzise gestutzten Sträuchern. Es riecht nach Geld und Bestechung des Wasserwerks. Laternen mit Kerzen und Ölfackeln sorgen für barbarische Illumination. Kellner in Rajput-Kostümen bewegen sich mit silbernen Tabletts voller Häppchen und Alkohol zwischen den Gästen. Auf einem Pandal unter einem Harsingarbaum sägen und dudeln Musiker zu einem elektrischen Bass. Hier wird Mumtaz Haq auftreten, und anschließend gibt es ein Feuerwerk. Das hat Neelam Dawar all ihren Gästen erzählt. Ghazal und Feuerwerk. Freut euch!
Bilquis Badoor Khan macht ihren Ehemann in seinem Versteck ausfindig.
»Liebling, versuch es wenigstens.«
Shaheen Badoor Khan gibt seiner Frau einen gesellschaftsfähigen Kuss, einen auf jede Seite.
»Nein, ich bleibe hier. Entweder man erkennt mich, und man will mit mir nur über den Krieg reden, oder man erkennt mich nicht, und dann geht es nur um Schulen, Aktienkurse und Cricket.«
»Apropos Cricket.« Bilquis berührt Shaheen leicht am Ärmel,
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