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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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Außerirdischem geht. Keine Superhelden, keine Superwissenschaftler, keine Supermanager. Sie haben überhaupt nichts Supermäßiges. Alltagswissenschaftler und Beamte. Sie arbeiten sich voran und machen mit dem weiter, was sie vorfinden. Die ultimative menschliche Ressource: die Fähigkeit zur Improvisation.
    »Wir haben mehr oder weniger seit Tag eins Videoaufnahmen von der Oberfläche des Tabernakels gemacht«, sagt Sam Rainey. »Wir haben eine Weile gebraucht, bis wir erkannten, dass wir die Kamera mit fünfzehntausend Bildern pro Sekunde laufen lassen müssen, um die Muster isolieren zu können. Wir haben sie analysieren lassen.«
    »Um den Regeln auf die Spur zu kommen, die diesen Automaten antreiben.«
    »Ich glaube, ich verrate kein Staatsgeheimnis, wenn ich sage, dass wir in unserem Land nicht die nötigen Kapazitäten dafür haben.«
    Unser Land, denkt Lisa Durnau, während sie sich im Orbit um den stabilen L-5-Punkt befindet. Eingeschränkt durch euer eigenes Hamilton-Gesetz. Sie sagt: »Sie brauchen eine Mustererkennungs-Kaih höherer Stufe. 2,8 oder vielleicht noch höher.«
    »Wir haben einige Entschlüsselungs- und Mustererkennungsspezialisten zur Verfügung«, sagt Daley Suarez-Martin. »Bedauerlicherweise leben sie in nicht besonders stabilen politischen Regionen.«
    »Also brauchen Sie mich gar nicht, um den Rosetta-Stein zu finden. Wofür dann?«
    »Hin und wieder haben wir unanfechtbare, erkennbare Muster empfangen.«
    »Wie oft?«
    »Dreimal. Auf drei aufeinanderfolgenden Einzelbildern. Am dritten Juli dieses Jahres. Das hier ist das erste.«
    Daley lässt ein großes Hochglanzfoto im Dreißig-mal-zwanzig-Format durch die Luft zu Lisa Durnau schweben. Im Grau in Grau zeichnet sich das Gesicht einer Frau ab. Die Auflösung des zellularen Automaten ist hoch genug, um den etwas verwunderten Gesichtsausdruck abzubilden, den leicht geöffneten Mund, selbst eine Andeutung der Zähne. Sie ist jung, hübsch, von unbestimmbarer Rasse, und die huschenden weißen und schwarzen Punkte, die in der Zeit gefroren sind, haben ein ermüdetes Stirnrunzeln eingefangen.
    »Wissen Sie, wer sie ist?«, fragt sie.
    »Wie Sie sich vorstellen können, war diese Frage von höchster Priorität«, sagt Daley. »Wir haben überall angefragt, FBI , CIA , Finanzamt, Sozialversicherung und Reisepassdatenbanken. Kein Treffer.«
    »Sie muss keine Amerikanerin sein«, sagt Lisa Durnau.
    Das scheint Daley aufrichtig zu überraschen. Sie zieht das nächste Foto hervor und schiebt es Lisa zu, mit der Bildseite nach unten. Lisa dreht das Blatt um und greift unwillkürlich nach etwas, das nicht fällt, an dem sie sich festhalten kann. Aber hier fällt alles gleichzeitig, schon die ganze Zeit.
    Er trägt eine andere Brille und hat den Bart zu einem Kranz aus Stoppeln gestutzt. Er hat sich das Haar wachsen lassen und eine Menge Gewicht verloren, aber die kleinen grauen Zellen haben den süffisanten, verunsicherten Blick bewahrt, der »Weg mit der blöden Kamera!« zu sagen scheint. Thomas Lull.
    »Gütiger Gott«, haucht sie.
    »Bevor Sie irgendetwas sagen, schauen Sie sich bitte diese letzte Aufnahme an.«
    Daley Suarez-Martin lässt das letzte Foto schweben, vom Raum gerahmt.
    Sie. Es ist ihr Gesicht, in Silber gezeichnet, aber deutlich genug, um das Muttermal auf der Wange zu erkennen, die Lachfältchen um die Augen, den kürzeren, sportlicheren Haarschnitt, den Ausdruck des geöffneten Mundes, der aufgerissenen Augen und der angespannten Gesichtsmuskeln, den sie nicht genau bestimmen kann. Furcht? Wut? Entsetzen? Ekstase? Es ist unmöglich und unglaublich und verrückt. Es ist verrückter als verrückt, aber sie ist es. Lisa Leonie Durnau.
    »Nein«, sagt Lisa langsam. »Damit wollen Sie mich auf den Arm nehmen. Oder es sind die Drogen. In Wirklichkeit bin ich immer noch im Shuttle, nicht wahr? Das bilde ich mir nur ein, nicht wahr? Na los, sagen Sie mir die Wahrheit.«
    »Lisa, ich kann Ihnen versichern, dass Sie nicht unter Halluzinationen oder sonstigen Folgeerscheinungen des Fluges leiden. Ich zeige Ihnen hier keine Fälschungen. Warum sollte ich das tun? Warum sollten wir Sie den weiten Weg hierherbringen, um Ihnen gefälschte Fotos zu zeigen?«
    Dieser beruhigende Tonfall. Diese typische Agenten- und MBA-Sprechweise. Frieden. Beruhigen Sie sich. Wir haben alles unter Kontrolle. Bleiben Sie rational, selbst wenn Sie es hier mit einer extrem irrationalen Sache zu tun haben. Lisa Durnau umklammert mit einer Hand ein Gurtband an der

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