Dackelblick
ich direkt auf Herrn Beck zu, der auftragsgemäß neben Willi sitzt. Willi liegt immer noch so im Gras, wie ich ihn verlassen hatte. Herr Beck starrt mich an.
»Du meine Güte, das ist wirklich eine brillante Idee: Du hast den Tierarzt geholt.«
Nun kommt auch Wagner auf uns zu. »Was ist denn hier passiert? Habt ihr den Mann hier gefunden? Und mich als Hilfe geholt? Das ist einfach unglaublich.« Er kniet sich neben Willi. »Hallo? Können Sie mich hören? Hallo?«
Willi reagiert nicht. Wagner schiebt seinen Pullover hoch und legt sein Ohr auf Willis Brust. Dann beginnt er, ihn zu massieren. Nein, eigentlich eher, auf ihn einzuschlagen. Das sieht ziemlich brutal aus. Ich hoffe, Wagner weiß, was er tut! Nach einer ganzen Weile voll massieren und schlagen legt Wagner wieder sein Ohr auf die Brust. Offenbar scheint irgendetwas wieder besser zu funktionieren, denn jetzt lächelt Wagner zufrieden. Er setzt sich auf und kramt sein Handy hervor. Dann tippt er eine Nummer ein.
»Hallo, hier ist Marc Wagner. Ich habe soeben im Helvetia-Park eine bewusstlose männliche Person gefunden, Alter zwischen fünfzig und sechzig Jahre. Eine genauere Untersuchung ist schwierig, aber ich schätze, es könnte ein Herzinfarkt sein. Herzschlag war jedenfalls sehr unregelmäßig, scheint nach Herzmassage jetzt besser zu sein.«
Er lauscht wieder. Jemand am anderen Ende der Leitung scheint ihn etwas zu fragen.
»Na, nicht so direkt. Ich bin Tierarzt. Ich habe ihn jetzt in die stabile Seitenlage gebracht, Herzmassage ist wohl nicht mehr nötig. Sie finden uns rechts von dem Kinderspielplatz. Bis gleich!«
Wagner legt auf, dann guckt er Herrn Beck und mich ernst an. »Ich glaube, dieser Mann hatte einen Herzinfarkt. Auf alle Fälle scheint es etwas Ernstes zu sein. Es ist gut, dass ihr Hilfe geholt habt.« Er streichelt erst mich, dann Herrn Beck über den Kopf. »Gut gemacht!« Er schweigt einen Moment. »Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass mir niemand diese abgefahrene Geschichte glauben wird. Wahrscheinlich am wenigsten dein Frauchen, Herkules. Wo steckt die eigentlich? Und warum rennst du nachts allein im Park herum?« Er mustert mich nachdenklich. »Schade, dass du nicht sprechen kannst.«
Er nimmt wieder das Handy und tippt eine Nummer ein. »Hallo, Nina, hier ist Marc. Sag mal, hast du vielleicht die Handynummer deiner Freundin Carolin? Hm. Ja.«
Wie schlau von Wagner - er hat offensichtlich Nina angerufen.
»Nein, ich wollte ihr lediglich etwas erzählen, was eventuell von Interesse für sie sein könnte. Also, wenn du mir den Gefallen tun würdest ...«, wieder Schweigen. »Ach hallo, Carolin! So ein Zufall - du bist bei Nina. Tja, das klingt jetzt erst mal seltsam, aber ich sitze hier mit Herkules im Helvetia-Park. Willst du vielleicht vorbeikommen?«
Die Rettungssanitäter wuchten Willi auf eine Trage. Wagner unterhält sich noch kurz mit dem Menschenarzt, der Willi gerade untersucht hat.
»Ich denke auch, dass es ein Herzinfarkt war. Hat echt Glück gehabt, dass Sie vorbeigekommen sind, Herr Kollege.«
»Tja, normalerweise sind meine Patienten ja sehr viel kleiner oder sehr viel größer und meist sehr behaart, aber im Notfall geht's auch mal ohne Fell.« Die beiden lachen.
»So, wir bringen den Herrn jetzt in die Uniklinik. Also, tschüss!«
Marc Wagner nickt kurz, dann dreht er sich zu Carolin und Nina um, die mittlerweile neben uns stehen. »Einen schönen guten Abend, die Damen!«
Carolin sagt erst mal nichts, sondern nimmt mich auf den Arm. »Herkules! Was machst du hier? Was um Gottes willen ist passiert?«
Wagner lächelt ein bisschen schief. »Also, ich habe es mir wie folgt zusammengereimt: Herkules war mit dem Kater im Park unterwegs, und dabei haben sie diesen Obdachlosen gefunden. Schlaue Viecher, die sie nun mal sind, haben sie erkannt, dass ein Notfall vorliegt. Und dann hat Herkules den einzigen Arzt geholt, den er kennt: nämlich mich.«
Nina lacht laut auf. »Entschuldige, Marc, aber merkst du eigentlich, wie bescheuert das klingt, was du hier gerade erzählst? Der Dackel und der Kater wollen einen Penner retten und deswegen holen sie dich? Hast du was getrunken?«
Was für eine Frechheit! Und wieso klingt das bescheuert? Das ist so ziemlich genau die Wahrheit! Komisch, Nina scheint regelrecht sauer auf Wagner zu sein - sie klingt jedenfalls sehr gereizt. Ich frage mich nur, warum.
Wagner verteidigt sich. »Warum so heftig, Nina? Was glaubst du denn? Dass ich Herkules aus Carolins
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