Dackelblick
Wohnung entführt, den Kater mitgenommen und anschließend diesen armen, alten Mann überfallen habe? Oder dass unsere zwei Freunde hier den Mann angefallen haben? Ich kann nur erzählen, was ich selbst gesehen habe. Und selbst gesehen habe ich, dass Herkules vor meiner Praxis aufgekreuzt ist und so lange gebellt hat, bis ich rausgekommen bin. Dann hat er mich hierhergelotst, und da lag schon dieser Mann, augenscheinlich bewacht von der Katze. Wie die beiden allerdings aus Carolins Haus in den Park gekommen sind, und was dem Mann passiert ist - keine Ahnung. Ich schätze, er hatte einen Herzanfall. Betrunken scheint er jedenfalls nicht zu sein, ich konnte keinen Alkoholgeruch feststellen. Oh, und ich bin es übrigens auch nicht.«
Nina schnappt hörbar nach Luft, Carolin drückt mich fest an sich.
»Ich kann mir zwar überhaupt nicht erklären, wie Herkules aus der Wohnung gekommen ist, aber zum Glück hat er zu dir gefunden. Ich kenne den kranken Mann - er stand eines Tages bei uns vor dem Haus und schien ein bisschen verwirrt zu sein. Danke, dass du ihm geholfen hast. Wer weiß, was sonst passiert wäre.«
Nina guckt die beiden an und kichert - etwas bösartig, wie mir scheint. »Warum? Was sollte denn schon passieren? Den Notarzt hätte auch jeder andere rufen können. Ich bezweifle, dass Marc sein veterinärmedizinisches Studium dabei sehr geholfen hat.«
Marc Wagner lächelt noch breiter. »Liebe Nina, wenn du dereinst bewusstlos im Park liegst, wirst du auch hoffen, dass dich wenigstens ein Tierarzt findet.«
Genau! Besser als eine Psychologin, würde ich denken. Auch wenn ich gar nicht genau weiß, was das ist.
»So, die Damen. Das Wesentliche wäre ja gesagt, ich gehe dann mal wieder. Einen schönen Abend noch.«
Er nickt Nina und Carolin freundlich zu und geht in Richtung Parkausgang. Als er fünf Schritte entfernt ist, dreht er sich aber noch einmal um.
»Ach so, Carolin - Mittwochabend, halb sieben? Ich hole dich ab, okay? Bis dann!«
Carolin nickt und winkt ihm kurz zum Abschied. Nina sagt nichts. Jedenfalls nicht, solange wir noch im Park stehen. Auf dem Weg nach Hause redet sie dafür umso mehr.
»Du bist verabredet? Mit Marc? Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Das wollte ich ja, aber ...«
»Ich meine, da kommst du extra noch vorbei und schwafelst mich zu von deinem tollen Tag an der Elbe mit Jens und wie romantisch das war und wie gut ihr euch verstanden habt und dein Date mit Marc erwähnst du mit keinem Wort?«
»Ja, aber ...«, setzt Carolin noch einmal an, doch Nina lässt sie nicht ausreden.
»Und ich dachte wirklich, deinem blöden Köter würde es schlechtgehen. Dabei wolltest du nur Marcs Nummer! Hast du dich eigentlich mal gefragt, wie ich mich fühle, wenn ich so davon erfahre? Echt Scheiße, das kann ich dir sagen - echt Scheiße!«
»Ich wollte es dir sagen. Deswegen bin ich heute Abend extra noch zu dir gefahren. Aber dann rief Marc an, und ich bin nicht dazu gekommen.«
»Wer's glaubt wird selig. Wir haben ja auch erst eine Stunde gequatscht. Das ist natürlich viel zu kurz, um so etwas Unwichtiges loszuwerden.«
»Wieso, du hast doch gleich nach Jens gefragt - etwas anderes hat dich doch gar nicht interessiert.«
»Natürlich nicht. Woher sollte ich auch wissen, dass es noch etwas anderes zu berichten gibt.«
»Er hat mich in ein Konzert eingeladen, mehr nicht.«
»Ach, das ist ja schön. Und wie kunstsinnig.«
»Außerdem hast du gesagt, dass er doch nicht so dein Fall ist. Ich konnte ja nicht ahnen, dass das nicht stimmt.«
»Richtig. Ahnen konntest du es nicht. Aber wissen hättest du es können, wenn du mich einmal in letzter Zeit gefragt hättest, wie es mir eigentlich geht. Aber stattdessen reden wir ja nur über dich. Und deinen Liebeskummer. Und als ich neulich bei dir vorbeigekommen bin und echt mal eine Freundin gebraucht hätte, da ist dir ein blödes Kochen mit Kumpel Daniel auf einmal unglaublich wichtig, und ich fühle mich sogar, als würde ich stören. Schöne Freundin, vielen Dank. Ich werde dich daran erinnern, wenn du das nächste Mal jemanden zum Quatschen brauchst.« Sie dreht sich um und stapft weg.
Carolin bleibt mit mir zurück. »O Mist. Ich habe ja geahnt, dass das Ärger gibt. Ist wohl doch noch nicht alles gegessen mit dem Herrn Doktor.« Sie seufzt. »Na, lass uns mal nach Hause gehen, Süßer. Da kannst du mir mal ganz genau erklären, wie du überhaupt hierhergekommen bist.«
Das mache ich doch gerne. Aber könnte mir im
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