DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
gewollt, dass Menschen wie ich seinen Saft genießen, da bin ich mir ganz sicher. Daher kaufe ich Orangensaftnektar mit einem prozentualen Fruchtanteil im einstelligen Bereich. Nach Möglichkeit entscheide ich mich für das günstigste Produkt, denn dann ärgere ich mich stundenlang über die minderwertige Qualität und bin vorerst beschäftigt.
Sonnengereift? Normalerweise besuche ich selten die Außenwelt. Meine Haut ist berechtigterweise ziemlich empfindlich gegenüber fast allen Umweltreizen und die Sonne selektiert mich innerhalb weniger gnadenloser Minuten von den morsch gelederten Sonnenliegerinnen der Randbezirke aus. Wer sich den
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Artikel zu "Gerben" durchliest, versteht genau was die Sonne mit der äußeren Schutzschicht des Menschen anstellt. Am Ende ist es doch egal, ob wir uns nur naiv einige Minuten in die brutale Sonne legen, um mal "schön" braun zu werden, oder ob wir von einem Lederspezialisten entfleischt, gespalten, entfettet und gebürstet werden. Das Resultat sieht immer gleich aus: scheiße! Deshalb trage ich Lichtschutzfaktor 50. Der reicht für Hauttyp I, den keltischen Typ, meistens genau fahrplanmäßig für den Weg zum Supermarkt und wieder zurück und ist zudem ein plausibler Grund nicht angesprochen zu werden. „Ich muss weiter, mein Sonnenschutz läuft ab!“
In die Wohnung zurückgekehrt, kontrolliere ich dann angsterfüllt meine melanozytären Nävi auf Gesamtanzahl, Größe und auffällige Strukturveränderungen. Ich leide unter starker Ephelis. Dabei sind meine Sommersprossen noch nicht einmal süß, sondern einfach nur vorhanden.
Wenn es eine Metapher für alles Lieblose, Wehmütige und Gebrochene dieser Welt geben würde, dann wäre es die Obst- und Gemüsefrischtheke im Discount-Supermarkt. An der "Frischetheke" muss ich plötzlich weinen. Das ist mir nicht neu. Den Kunden im Supermarkt aber schon. Zwei ältere Frauen schauen entsetzt zu mir hinüber. Die Beiden sind der Typ Frau, dessen Einkauf zur Hälfte aus Nüssen und Cranberrys und zur anderen Hälfte aus stillem Mineralwasser und Zahnpasta besteht und mit deren Oberarmmuskeln man problemlos zwei Wochen altes Vollkornbrot schneiden könnte. Mitleid und Empathie kennen diese Frauen nicht, denn sie haben sich ihr Glück durch harte Arbeit verdient und keinerlei Verständnis für Menschen die Aufzüge benutzen. Aber wer braucht schon Empathie, wenn er vollständig aus Selbstgerechtigkeit und Sehnen besteht? Betreten betasten die drahtigen Frauen etwas heftiger als gewöhnlich die weichen Pfirsiche, die nun einige Stunden früher verderben und mit dem anderen Überflussmüll des Supermarktmonsters formlos und vergessen in die klobigen Müllcontainer im Hof beerdigt werden. Diese Container sind immer fest verschlossen und durch Präzisionslaser und Tretminen gut gesichert, damit hungrige Obdachlose oder linke Philosophiestudenten die Kadaver der toten Früchte nicht ungebührlich mit ihren Gierfingern schänden können.
Die viel zu große Auswahl an Fertigprodukten und
Maggi
-Würzmischungen hat zur Folge, dass Millionen Menschen jeden Tag willenlos das Gleiche in sich einspeisen und niemand beim Versuch Stockbrot zu kredenzen überrascht „Wow, dieses geniale Brot geht ja unglaublich einfach und schmeckt auch ziemlich geil!“ ausruft und deswegen einen guten Tag hat und gut gelaunt ins Bett geht und vermutlich sogar in einem ähnlich gut gelaunten Zustand wieder aufwacht und dann generell ein gutes Leben hat, über das er bei Facebook seinen Freunden berichten kann, sondern nur, dass man sich durch die Verwendung der Fertigwürztütchen mal wieder schöne drei Minuten vom Laib seiner Selbstachtung runtergeschnitten hat, die man jetzt länger für verantwortungsvolle Mülltrennung und das gedankenlose Stöbern nach frechen Kurzhaarschnitten in "Fachzeitschriften" verschwenden kann. Diese drei Minuten möchte ich aber unter keinen Umständen zur Verfügung haben und kaufe deswegen komplette Suppenhühner oder würze einfach gleich mit Fischfutter. Meine Frisur ist mir trotzdem ziemlich egal.
Meine Hände befühlen die kadaverartige Tiefkühlware in den dicken Bäuchen der brummenden Kühltruhen. Was hier liegt, interessiert mich in der Regel nicht mehr. Die Reanimation von Proteinen, Kohlenhydraten und Fett setzt bestimmte Arbeitsinstrumente, wie einen Backofen und den komplizierten Umgang mit Feuer und Hitze voraus. Diese Arbeit ist nicht nur sehr gefährlich, sondern auch höchst anspruchsvoll. Ich bin
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