Daemmerung ueber der See
kannte?
Er dachte an die Briefe, die er von Catherine erhalten hatte. Lebendige Beschreibungen der Landschaft, der Vorbereitungen für Weihnachten und ihre unerwartete persönliche Herausforderung durch die Kohlenbrigg
Maria José.
Dem armen Roxby mußten bei dem Gedanken die Haare zu Berge gestanden haben, denn seiner Auffassung nach war der Platz einer Frau am heimischen Herd.
Als er Keen zum ersten Mal auf seinem Flaggschiff besucht hatte, bemerkte er überrascht dessen Veränderung. Obwohl äußerlich noch immer jugendlich, hatte er gereifter gewirkt, stolz auf seine Beförderung und alles, was damit einherging. Als ihm Bolitho von Adams Erfolgen berichtete, hatte er die aufrichtige Freude gespürt.
»Vor meiner Abreise sagte ich Lady Catherine, daß er sich hier gut machen würde. Ein weiter Ozean liegt ihm besser als das Herumkreuzen vor Brest oder in der Biskaya.«
So weit so gut, dachte Bolitho. Adam würde jetzt mit den anderen dort drüben sein. Ihr erstes Zusammentreffen seit… ja, seit wann?
Allday trat aus dem Schatten der Finknetze. »Die Gig kommt längsseits, Sir Richard.« Er klang noch immer enttäuscht, daß Bolitho mit der Kapitänsgig übersetzen wollte und nicht mit einem richtigen Kutter wie auf der
Black Prince.
Avery trat auf dem Achterdeck zu ihm und beobachtete Urquhart, den Ersten Offizier, der mit dem Hauptmann der Seesoldaten sprach, während sich die Ehrenwache an der Relingspforte aufstellte.
»Ich habe darüber nachgedacht, Sir, ob wir wegen der Prisen, die wir nach Freetown geschickt haben, Schwierigkeiten mit den Amerikanern bekommen werden?«
Bolitho sah ihn an. Avery ließ bei diesen informellen Gesprächen häufig den offiziellen Titel weg, wodurch Bolitho sich weniger abgehoben fühlte. Allday weigerte sich natürlich, ihn anders als mit Sir Richard anzureden.
Er bedachte die Frage. Avery hatte sich anscheinend anders als andere ernste Gedanken darüber gemacht. Die meisten waren der Meinung, daß es ein Schlag gegen die Franzosen gewesen sei. Und zur Hölle mit all jenen, die ihnen halfen. Avery hatte sich die möglichen Konsequenzen überlegt, und Bolitho war froh über sein Engagement.
»Die
Tridente
feuerte auf ein britisches Schiff, bevor es geentert und Konteradmiral Herrick gefangengenommen wurde. Das war ein kriegerischer Akt – auch ohne den französischen Leutnant, der die Entermannschaft anführte. Die
Eaglet
ging vielleicht, vielleicht aber auch nicht, ihrer rechtmäßigen Beschäftigung nach, doch sie hatte englische Deserteure an Bord.« Er lächelte über die angespannten Gesichtszüge des Leutnants. »Zweifel? Es ist Sache der Gerichte, über Recht und Unrecht zu entscheiden. Mein Neffe hat richtig gehandelt, und ich werde seine Taten vor höchsten Autoritäten verteidigen. Was die französische Brigg angeht, so wird sie etwas Prisengeld einbringen, vielleicht wird sie auch die Flotte verstärken.« Er klopfte ihm auf den Arm. »Ich glaube nicht, daß deswegen ein Krieg ausbrechen wird.« Er machte eine Pause. »Jedenfalls noch nicht.«
Sie gingen zur Relingspforte hinunter, und Bolitho sah Yovell mit seiner gewichtigen Aktenmappe schon im schaukelnden Boot warten. Der Admiral fixierte Urquhart. Er war ein guter Leutnant, oder konnte es jedenfalls sein. Bolitho zögerte und vergewisserte sich, daß der Hauptmann der Marines außer Hörweite war.
»Auf ein Wort, Mr. Urquhart.« Er sah, daß der Mann sich verkrampfte und auf einen imaginären Punkt hinter dem Rücken des Admirals starrte. »Ich habe gehört, daß Sie sich bei weiteren Erfolgen als Prisenkommandant melden wollen?«
Urquhart schluckte schwer. »Ich … ich habe darüber noch nicht mit dem Kapitän gesprochen, Sir Richard, ich …«
Bolitho musterte ihn. Jung, erfahren; es wäre ein Verlust für die Flotte – und eine Verschwendung.
»Ich erfahre viel mehr, als man vermutet.« Er blickte ihn unverwandt an. »Es wäre das Ende Ihrer Hoffnungen. Sie werfen die Stellung auf diesem stolzen neuen Schiff fort, das würde man Ihnen übelnehmen.« Er erinnerte sich an Averys Bitternis bei ihrer ersten Begegnung. »Sie sind Leutnant, Mr. Urquhart, und Leutnant würden Sie dann bleiben – bis in alle Ewigkeit.«
»Es ist nur, daß …«
»Ich will es nicht hören, Mr. Urquhart! Sie sind befangen, ich bin es nicht. Wenn Sie mit irgend etwas auf diesem Schiff nicht einverstanden sind, müssen Sie es selber regeln. Haben Sie mich verstanden, Mann?«
»Ich hoffe, Sir Richard.« Seine Augen
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