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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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erschien erneut das Wort FAMILIE. Es leuchtete wie ein Suchscheinwerfer, der ihn im Dunkeln durchdrang.
    Mosely konnte nicht anders, als an seinen Sohn zu denken. Sein verlorenes Kind. Erinnerungen an seine eigene Kindheit strömten auf ihn ein – Aufwachsen ohne Vater. Allein. Schuldgefühl überschwemmte ihn. Selbsthass. Kräftige Farben fluteten über das Abbild seines Gehirns. Sie standen zweifellos für starke Emotionen. Sobol hatte ihn.
    Mosely blinzelte ein paarmal unter der Brille. Er könnte einfach die Augen für immer zumachen und das Demerol in seine Adern strömen lassen. Er hatte hier und jetzt mehr Kontrolle über sein Schicksal als seit langer, langer Zeit. Es gab einen Notausgang. Ein seltsam beruhigendes Gefühl. Er öffnete die Augen wieder.
    In dem Moment begann der Film.
    Eine schnelle Abfolge von Videoszenen. Leute, die miteinander redeten, sich begrüßten, in den Arm nahmen. Ein Mann, der ein Kind hochhob und lachte. Eltern, die sich umarmten. Ein altes Ehepaar, Hand in Hand. Ein Jugendlicher, der sein Highschool-Diplom in Empfang nahm. Die stolzen Eltern. Ein trauriges Kind. Krankheit. Ein alter Mann, der in einem Krankenhausbett starb, vor den Augen seiner weinenden Frau. Ein zorniger Vater, der seine Kinder anschrie. Eine Mutter, die vor einem verängstigten Kind in einer Schlafzimmertür zum Schlag mit dem Handrücken ausholte.
    Zu Moselys Überraschung waren die schmerzlichsten Szenen die unzähligen Videoclips von Kindern. Kinder mit ihren Eltern, Kinder, die schrien, spielten, weinten, lachten. Unschuld, einsam und verlassen. Unschuld in Gefahrensituationen. Unschuld in Angst und Schrecken.
    Mosely merkte, dass er hinter der Brille lautlos weinte. Er stellte sich seinen Sohn vor, allein der Welt ausgeliefert. Durch seine Schuld. Ein Junge, der wegen Moselys Selbstsucht und Dummheit nie so etwas wie eine Familie erleben würde. Fast hätte er die Augen endgültig zugemacht und sich dem Demerol überlassen. Er fühlte sich irreparabel kaputt – aber die Stimmen der Kinder holten ihn immer wieder zurück. Diese Unschuldsgesichter, die noch keine Gefühllosigkeit kannten. Und die Szenen setzten sich endlos fort. Es ging jetzt speziell um Kinder, als ob Sobol Moselys wunden Punkt gefunden hätte und Salz in diese Wunde rieb, um zu sehen,
wie
sehr sie schmerzte. Bald kamen nur noch Bilder von verlassenen Kindern. Verwahrloste Geschöpfe, die verloren und verängstigt durch gefährliche Großstadtstraßen irrten. Mosely war ein schluchzendes Wrack. «Aufhören! Bitte hören Sie auf!»
    Dann wurde der Bildschirm wieder schwarz, und kurz erschiendas Wort RELIGION. Nach wenigen Sekunden wurde es durch das Wort GEWALT ersetzt.
    Sobols mentaler Suchscheinwerfer richtete sich wieder auf ihn. Mosely sah die Farben in Wellen über das Bild seines Gehirns schwappen.
    Der Bildschirm wurde schwarz, und die Filme gingen wieder los.
    Das Video zeigte einen Mann, der in einer tristen Zelle an einen Stuhl gefesselt war. Er war geknebelt. Seine Augen waren irre vor Angst, als ein Typ von der Statur eines Bären mit einer Machete hereinkam. Der Bär schrie in einer Sprache, die wie Russisch klang, auf den Mann ein. Er holte mit der Machete aus, und Mosely musste einfach die Augen schließen, als das Geräusch durch Fleisch schneidenden Stahls in perfekter digitaler Stereoqualität aus den Kopfhörern kam. Dann folgten erstickte Schreie.
    Mosely zwang seine Augen, sich wieder zu öffnen, und Ekel trieb ihm Galle die Kehle empor. Es war ein Bild aus der Hölle, überlebensgroß und doppelt so laut wie jede Realität. Der kantige Mann hackte sein Opfer zu Tode – stückweise. Es war nicht gefakt, daran hatte Mosely keinen Zweifel. Das mit anzusehen bedrückte ihn unsäglich. Es war jenseits von Ekel und Abscheu. Dass es so etwas geben konnte. Dass man es filmen konnte. Das sagte mehr über die Schlechtigkeit der Welt, als er je hatte wissen wollen. Siedender Zorn erfüllte ihn.
Ist der Mann extra für diesen verdammten Film abgeschlachtet worden? Du verdammtes Schwein, Sobol! Los, lies doch meine Gedanken, Arschloch!
Mosely schloss immer wieder kurz die Augen, wenn die Machete herabsauste. Zwei Hiebe, um den rechten Arm von der Schulter zu trennen. Einer für den linken Arm, wobei der Torso vornübersackte   …
    Er ertrug es nicht mehr. Mosely atmete hektisch. Die Geräuschewaren grässlich. Er konnte ihnen nicht entkommen. Dann hörten sie jäh auf.
    Mosely öffnete die Augen und sah nur Schwarz.
    Es folgte

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