DAEMON
Gelegenheit zu sehen, wie Sie der Vernichtung durch den Daemon entgehen können. Und versäumen Sie nicht unser Daemon-Quiz –»
Lindhurst drückte auf STOP, und der Bildschirm wurde dunkel.
Vanowen saß da wie jemand, der gerade eine Elektroschockbehandlung hinter sich hat. Sein Unterkiefer hingherab, und es dauerte ein paar Sekunden, bis er die stumpfen Augen Lindhurst zuwandte. «Es ist wirklich Sobol.»
«Das habe ich Ihnen ja die ganze Zeit zu sagen versucht.»
Einen Moment herrschte Schweigen.
«Wir müssen uns an die Polizei wenden.»
«Wenn wir das FBI einschalten und die Sache nach draußen dringt, werden unsere Klienten ihr Kapital abziehen. Und uns verklagen.»
Vanowen nickte. Dann setzte er plötzlich ein finsteres Gesicht auf, als sei ihm gerade wieder eingefallen, dass er ja wütend zu sein hatte. «Verdammt nochmal, Lindhurst, was für einen Laden führen Sie dort unten eigentlich? Ihre Systeme werden womöglich schuld am Untergang dieser Firma sein – einer Firma mit einer hundertjährigen Geschichte. Wenn uns alles um die Ohren fliegt, werde ich dafür sorgen, dass sämtliche Verantwortung bei Ihnen landet, wo sie ja hingehört. Darauf können Sie sich verlassen.»
Lindhurst sah Vanowen grimmig an. «Wirklich reizend, aber ich meine mich zu erinnern, dass Sie derjenige waren, der mich angewiesen hat, die I T-Leute um die Hälfte zu reduzieren und den verbleibenden die Sozialleistungen zu streichen. Das hat uns viele verärgerte Mitarbeiter beschert.»
«Aber Ihren Bonus haben Sie eingesteckt, wenn ich mich recht erinnere.»
«Hören Sie, lassen Sie uns nicht mit Schuldzuweisungen anfangen. Dazu ist noch jede Menge Zeit, wenn es schiefgeht. Zunächst sollten wir uns darauf konzentrieren, was wir tun können.»
«Sie meinen, was
Sie
tun können. Ich fliege nach Moskau, um den Anschein der Normalität aufrechtzuerhalten. Aber wenn ich dort lande, will ich in meinem Mail-Eingang einen Bericht haben, der exakt ausführt, wie Sie dieses Problem zu lösen gedenken.»
«Keine E-Mails . Unsere Systeme sind kompromittiert. Die Telefone ebenfalls. Wir haben VOI P-Telefonie – die Signale gehen über das Computernetzwerk. Wir dürfen ab jetzt nur noch unsere Privathandys und Handschriftliches benutzen – nichts, was die Situation betrifft, geht in irgendeiner Weise über Computer. Kein einziger Buchstabe. Nicht mal eine Terminabsprache zwischen uns.
Gar nichts
. Sonst wissen die gleich, was wir vorhaben.»
Vanowen war sichtlich schockiert. «Ist das Ihr Ernst?»
«Russ, Sie haben es vielleicht noch nicht bemerkt, aber dieses ganze Unternehmen ist ein einziges Gefüge von Computernetzwerken. Sie können nicht mal in die Tiefgarage fahren, ohne ein halbes Dutzend Einträge in einer Datenbank zu hinterlassen. Sobol sagt, er hat Leute in unserer Belegschaft, und die sehen zweifellos alles, was wir tun.»
«Wenn Sie mich fragen, ist das ganz einfach: Wir legen das ganze Zeug still und greifen wieder auf Papier und Füllfederhalter und normale Telefone zurück. Schmeißen diese ganzen I T-Kerle raus. Dann werden wir ja sehen, wie sie das finden.»
Lindhurst atmete tief durch, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Von Männern aus Vanowens Generation bekam er diesen Vorschlag immer mal wieder zu hören. Lindhurst wählte seine Worte sorgsam: «Russ, unsere Konkurrenten liefern ihren Klienten Marktinformationen in Sekundenschnelle, und wir kommen nicht umhin, es ebenfalls zu tun. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass wir selbst diese Informationen mindestens so dringend brauchen wie unsere Klienten, wenn wir Profit machen wollen. Wenn Sie diese Systeme stilllegen, können Sie gleich sämtliche Türen verrammeln.»
Vanowen nickte bereits. «Sie haben ja recht. Natürlich haben Sie recht. Aber ich habe gewusst, dass das eines Tages passiert, bei all diesen verdammten Computern.»
Lindhurst entschied sich, diese Nostradamus-Prophezeiung der rückwirkenden Art unwidersprochen stehenzulassen. «Also, dann halten wir fest: Sie wickeln ganz normal Ihre Termine ab. Ich schaue, was sich gegen das Problem unternehmen lässt, und sobald Sie wieder zurück sind, treffen wir uns. Persönlich und außerhalb der Firma.»
«Sind Sie sicher, dass wir nicht einfach die Polizei einschalten sollten?»
«Hören Sie, selbst wenn wir uns am Ende dafür entscheiden, gilt doch: Je genauer wir wissen, was los ist, desto besser. Es geht ja nur um ein paar Tage mehr, und dieses Ding sitzt schon monatelang in
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