DAEMON
ihn bewunderte. Sebeck, der kriminelle Verschwörer, Betrüger, Ehebrecher, Sex- und Drogensüchtige. Was treibt scheinbar normale Menschen zu derart abscheulichen Taten? Ist es Zorn? Habgier? Oder existiert dasBöse tatsächlich? Kann es von
jedem
Besitz ergreifen? Sehen Sie dazu in dieser Sendung mein Live-Interview mit Pete Sebeck aus dem Lompoc-Bundesgefängnis – jetzt in
News to America
.»
Wieder wummerte der Techno. Es erschien der Titel:
Sebeck in der Todeszelle
Auf dem Fernsehschirm sah man jetzt Anderson in halbnaher Einstellung aufrecht und konzentriert auf einem Stuhl sitzen. In ihrem dunklen Chanel-Kostüm wirkte sie seriös und sexy zugleich. Im warmen Schein der Aufnahmelampen war ihr Make-up perfekt. Das Ganze hatte äußerst sorgsam ausgeleuchtet werden müssen, um grelle Spiegelungen in dem Panzerglas zu vermeiden – der Trennscheibe, hinter der Detective Sergeant Pete Sebeck saß. Der meistgehasste Mann Amerikas.
Sie hatte dazu beigetragen, dass er hier saß.
Sebeck starrte über das Mikrophon der Besuchszelle hinweg. Das Studio hatte für dieses Interview ein besseres Sound-System bereitgestellt, und an Sebecks Khaki-Overall klemmte ein kleineres Mikro. Man rechnete damit, dass ein Viertel aller Haushalte einschalten würde. Alles war bereit, und nach einem kurzen Lächeln begann Anderson.
«Ich muss gestehen, Detective Sebeck, es überrascht mich, dass Sie sich zu diesem Interview bereit erklärt haben. Schließlich bin ich entscheidend mitverantwortlich für Ihre Verhaftung und Verurteilung.»
Sebeck betrachtete sie kühl. «Ich habe es aus eigenen Gründen getan, nicht Ihretwegen.»
«Dann behaupten Sie also immer noch, unschuldig zu sein?»
«Ich
bin
unschuldig.»
«Wie erklären Sie sich die schwerwiegenden Beweise gegen Sie?»
«Die hat Matthew Sobol fabriziert. Er hat schon vor Jahren meine Identität gestohlen.»
«Sie behaupten also weiterhin, dass es Sobols Daemon tatsächlich gibt, obwohl alle Bemühungen, etwas Derartiges zu finden, ergebnislos blieben?»
Sebeck versuchte, kühle Gelassenheit zu bewahren. «Die Behörden wollen die Leute glauben machen, dass der Daemon ein Hoax ist. Sie bilden sich ein, dass sie dann aus dem Schneider sind.»
Anderson schüttelte betrübt den Kopf. «Detective, Sie haben Ihr Verhältnis mit Cheryl Lanthrop doch zugegeben – oder hat Sobol das auch ‹fabriziert›?»
«Er hat es eingefädelt. Es sollte dazu dienen, mich charakterlich zu diffamieren.»
«Aber Sie sollen doch selbst gesagt haben –»
«Ich bin falsch zitiert worden – meistens von Ihnen. Und gegen das Urteil der Öffentlichkeit gibt es nun mal keine Revision. Aber das dürften Sie ja wissen.»
«Dann ist das Ganze also eine Verschwörung gegen Sie? Alle, die Medien, die Polizei und Sobol selbst, haben sich verschworen, Ihnen diese Morde anzuhängen? Sie sind absolut unschuldig?»
«Meine Schuld besteht darin, dass ich ein schlechter Ehemann und ein noch schlechterer Vater gewesen bin. Dass ich eine Affäre hatte und zu egomanisch war, um die Falle, in die ich gelockt wurde, zu durchschauen.»
«Entschuldigen Sie, Detective, aber das klingt doch arg unwahrscheinlich.»
«Ja. Das war ja der Sinn der Sache. Es war darauf angelegt, unwahrscheinlich zu klingen.»
«Darauf angelegt – von Sobol?»
«Ja.»
«Sie verlangen also von uns allen, Ihnen zu glauben undnicht den Fakten? Wir sollen glauben, dass Sobol herkulische Mühen auf sich genommen hat, nur um Ihnen etwas in die Schuhe zu schieben – und dass er dafür
zig
Millionen Dollar investiert hat?»
«Ich verlange von niemandem, irgendetwas zu glauben. Um ehrlich zu sein, nicht mal ich selbst würde mir glauben.»
«Dann werfen Sie also niemandem etwas vor?»
Sebeck starrte sie durchdringend an. «O doch, gewissen Leuten werfe ich durchaus etwas vor. Aber die kommen schon noch dran.»
«Das klingt wie eine Drohung. Glauben Sie, dass die amerikanische Öffentlichkeit durch Drohungen zu gewinnen ist?»
«Ich bin nicht hier, um zur amerikanischen Öffentlichkeit zu sprechen.»
«Zu wem dann?»
«Zum Daemon.»
«Zum
Daemon
?» Anderson war konsterniert. «Den Daemon gibt es nicht, Sergeant.»
«Wir wissen beide, dass das nicht stimmt.»
Anderson zuckte ahnungslos die Achseln. «Nein, ich weiß das nicht.»
«Sie sind richtig stolz auf sich, was, Anji? Berühmt und reich – das war’s doch, was Ihnen der Daemon versprochen hat? Und Sie brauchten weiter nichts dafür zu tun, als Ihre Seele zu
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