DAEMON
es mehr.
Er drehte sich nach Lokis BMW um, zog dann etwas zur Seite, bremste abrupt und setzte sich auf diese Weise dicht vor Lokis Stoßstange. Bei einem Tempo von immer noch siebzig Meilen nahm er etwas Gas weg, holte tief Luft, ließ den Lenker los und fiel genau auf Lokis Motorhaube, als der BMW das Hinterrad der Maschine rammte. Das Motorrad schmierte seitlich weg und verschwand sofort unter einem Wall entgegenkommender Kampfwagen, die im Zentimeterabstand rechts und links am BMW vorbeirasten. Einige krachten frontalin Verfolger-AutoM8 und endeten in einer Explosion von Plastikteilen, Glas und Metall.
Merritt prallte auf Lokis Haube und rutschte gegen die Windschutzscheibe. Er rollte sich auf den Bauch, stemmte den Fuß gegen den Stahlnippel auf dem vorderen Winkel der Haube und krallte sich mit den Händen am Scheibenwischergestänge fest. Dann suchte er mit dem anderen Fuß an dem Stahlnippel auf der anderen Haubenseite Halt – wie an einer Kletterwand.
Er blickte grimmig in die geschwärzte Windschutzscheibe.
So schnell wirst du mich nicht los, Arschloch.
Vom Rücksitz des BMW starrte Gragg verblüfft auf seinen Verfolger, der jetzt bäuchlings auf seiner Motorhaube klebte. «Du willst mich wohl verarschen …» Damit hatte er nicht gerechnet. Wie im Fernsehen verfolgte er, wie der Kerl da draußen eine automatische Pistole unter der Jacke hervorzog und auf eine Ecke der Windschutzscheibe zielte.
Mehrfaches gedämpftes Knallen. Auf einer handtellergroßen Fläche erschienen Einschlagkerben im Glas. Gragg beobachtete diesen kalkulierten Versuch, die Panzerung des Wagens zu knacken, fast schon mit einer gewissen Bewunderung. Die Ecken waren bei einer kugelsicheren Windschutzscheibe gewöhnlich die schwächsten Punkte. Ganz schön cool – zumal vor der vorbeirasenden Stadtlandschaft.
Dumm nur, dass die Scheibe aus sechs Zentimeter dickem Polykarbonatverbund bestand und einer Kugel ohne weiteres standzuhalten vermochte. Eine Horde AutoM8 scharte sich nun eng um Graggs BMW – wie ein geiferndes Wolfsrudel. Gragg schüttelte betrübt den Kopf und brüllte gegen die Windschutzscheibe: «Und jetzt, du Irrer? Du befindest dich auf einem gepanzerten Wagen. Was dachtest du denn?»
Er drehte den Kopf und sagte ins Leere: «Daemon. Außenhaut unter Strom setzen.»
Die Stimme kam über die Stereoanlage des Wagens.
«Elektrifizierung der Karosserie.»
Pause.
«Aktiviert.»
Gragg starrte auf den Mann, der sich mit aller Kraft auf der Motorhaube zu halten versuchte. Aber er wurde nicht gegrillt. Er zuckte nicht mal. Vielmehr griff er jetzt an seinen Schuh.
Da ging es Gragg auf: Da war kein Erdkontakt. Der Kerl ritt ja auf dem Auto – ohne Erdberührung war es unmöglich, einen Stromkreis durch seinen Körper herzustellen. Gragg fühlte Wut in sich aufsteigen – nur gut, dass niemand diesen Lapsus mitbekommen hatte. Er atmete tief durch, um cool zu bleiben.
Draußen vor der Windschutzscheibe fuchtelte der Kerl jetzt plötzlich mit einem Kampfmesser herum, während er sich mit den Füßen und der anderen Hand verankerte.
Gragg lachte: «Na so was! Er hat ein Messer!»
Der Motorhaubenreiter drehte sich um, rammte die Klinge unter den Rand eines Satelliten-Uplinkknotens und hebelte. Der Knoten löste sich mit dem Ächzen malträtierten Metalls.
Die Stimme kam über die Stereoanlage.
«Uplink … 1 … von … 12 … ausgefallen.»
Gragg fühlte, wie die Wut den kritischen Punkt erreichte. «Du Scheißkerl! Dir werd ich’s zeigen!»
Auf einen Wink seiner behandschuhten Hand ging der BMW in einen Powerslide, und der Reiter wurde um ein Haar von der Haube geschleudert.
Der Hubschrauber des Majors schwenkte schnell und tief über das Industriegebiet. Wegen der Schräglage waren durch die linken Fenster nur Backsteinfabrikgebäude zu sehen. DerMajor hakte eine Sicherungsleine an sein Gurtgeschirr und zog versuchshalber zweimal daran. Als sich der Hubschrauber wieder gerade richtete, stemmte er sich mühsam in den Stand hoch. Seine alte Knieverletzung. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er wieder die Mörsergranate neben sich in dem nicaraguanischen Schlammloch einschlagen.
Vorbei und vergessen.
«Da sind sie, Major.» Der Pilot zeigte mit dem Finger.
Unten sah der Major einen roten BMW in trunkenen Schlangenlinien die Straße entlangschlingern – abwechselnd bremsend und beschleunigend, während ein Mann sich auf der Kühlerhaube zu halten versuchte. Zwanzig weitere Fahrzeuge
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