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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
Autoren: Jim C. Hines
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Augenblick einfach nur nicht daran teilhaben.
    Der Lärm machte es ziemlich einfach, das Pferd des Prinzen von dem Pfosten zu befreien. Als sie an den Kriegsschiffen vorbei in den für den Handel bestimmten Teil des Hafens ritt, kämpfte sie gegen das Bedürfnis an, an Bord des nächsten Schiffes zu gehen und bei irgendjemand anzuheuern, der sie zu einem Land bringen konnte, wo niemand jemals etwas von Aschenputtel, Dornröschen oder Schneewittchen gehört hatte.
    Stattdessen ritt sie zum Whiteshore-Palast. Sie übergab das Pferd einem Stallknecht, sagte nur: »Armand hat beschlossen, mit seiner Familie eine Kutsche nach Hause zu nehmen«, und begab sich zur Kapelle.
    Die schwere Tür im hinteren Teil der Kapelle, die in die königliche Krypta führte, war verschlossen, aber es gab keine magischen Schutzvorrichtungen. Talia zog ein kleines Päckchen mit Metallwerkzeugen aus dem linken Stiefel; gleich darauf war das Schloss geöffnet und sie auf den Steinstufen, die nach unten führten. Weiches Licht flackerte in den Hängelaternen auf, die von Vater Isaac so verzaubert waren, dass sie Besucher erkannten.
    Talia hatte nördliche Bestattungsbräuche immer sonderbar gefunden. Den Leichnam verstecken, ihn in Stein und Erde einzuschließen unter demselben Boden, auf dem die Lebenden wandelten, kam ihr respektlos vor. Doch seit mehr als zweihundert Jahren hatte die Whiteshore-Familie ihre Toten hier in diesem niedrigen Raum beigesetzt. Der erste Whiteshore-König lag mit seiner Frau in der Mitte des Raumes in Särgen, die aus dem ausgebleichten Stein gehauen worden waren, dem die Familie ihren Namen verdankte. Spätere Könige und Königinnen waren an den Wänden zu beiden Seiten zur Ruhe gebettet worden.
    Talia ging auf den rückwärtigen Teil des Mausoleums zu, wo weiß die neueste steinerne Gedenktafel schimmerte. Verglichen mit einigen anderen war die Tafel Beatrices bescheiden und trug nur ihren Namen und einen gemeißelten Schwan.
    Wie lange sie da stand und Beatrices Gedenktafel anstarrte, wusste sie nicht. Irgendwann hörte sie die Tür knarren und gleich darauf leichte, vorsichtige Schritte.
    »Hallo Danielle.« Wer sollte es sonst sein?
    Danielle sagte kein Wort, sondern stellte sich einfach neben Talia vor Beas Grab.
    »Wir hätten zu ihrer Beisetzung hier sein sollen«, sagte Talia. Seit Beatrices Tod waren nahezu drei Wochen vergangen. König Theodore hätte das Begräbnis unmöglich so lange hinauszögern können, und dennoch …
    »Ich weiß.«
    Talia schluckte. »Hephyra lud mich ein, Lorindar zu verlassen und mit ihr zu segeln. Sie sagte mir, ich würde Schnee niemals haben, dass Beatrice bald tot wäre, dass du dich um deine eigene Familie kümmern müsstest.«
    »Du bist ein Teil dieser Familie«, entgegnete Danielle bestimmt. »Egal, wofür du dich entscheidest.« Ihre unausgesprochene Frage erfüllte die Krypta.
    »Ich weiß nicht, ob ich hierbleiben kann. Wenn Hephyra noch lebte …« Jeder Raum, jeder Korridor war von Erinnerungen an Schnee und Beatrice durchtränkt.
    Danielle legte eine Hand auf Talias Schulter. »Trittibar hat darum gebeten, den Hauptmast der Phillipa in den Palast bringen zu lassen, damit er im Hof gepflanzt werden kann.«
    Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Lorindar blickte Talia Danielle in die Augen. »Gepflanzt?«
    Danielle lächelte. »Sie ist eine Dryade. Hephyras Baum – das Schiff – lebt fort. Trittibar meint, es könne Jahre dauern, bis sie sich erholt hat, bis sie den Teil geheilt hat, der verloren gegangen ist. Aber sie wird heilen.«
    »Das ist gut.« Talia meinte die Worte so, auch wenn sie sie nicht empfinden konnte. Sie wandte sich wieder zu Beas Gedenktafel hin. »Und Armand?«
    »Er ist er selbst. Isaac und Tymalous haben das Glas aus allen Infizierten entfernt. Armand hat die ganze Fahrt vom Hafen zurück damit verbracht, sich für die Sachen zu entschuldigen, die er gesagt und getan hat. Die Berührung des Dämons scheint keine bleibenden Auswirkungen hinterlassen zu haben.«
    »Gut«, sagte sie wieder.
    »Wenn es irgendetwas gibt, was du brauchst, irgendetwas, was du willst, du weißt ja, dass du nur danach zu fragen brauchst.«
    Talia holte tief und ruhig Luft. »Im Augenblick … will ich nur in Frieden gelassen werden.«
    »Das verstehe ich.« Danielle nahm Talias Hand und drückte sie so fest, dass es fast wehtat. »Du bist nicht allein, Talia.«
    Talia nickte, sagte jedoch nichts darauf.

*
    Die nächsten zwei Wochen erledigte Talia ihre Pflichten wie
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