Daemonen des Lichts
Ich spürte Glasscherben auf mich niederprasseln; auf meine Haare, auf meinen Rücken.
»Unten bleiben!«, befahl Alex’ Stimme. Schlotternd lugte ich unter meinem Arm hervor und sah ihn die Pistole aus dem Hosenbund reißen. Er entsicherte sie, doch noch bevor er zurückschießen konnte, hörte ich Reifen quietschen und erkannte an seiner Miene, dass der Pick-up uns überholt hatte.
Wieder peitschten Schüsse.
»Oh Mann!« Er duckte sich in seinen Sitz, als die Windschutzscheibe explodierte.
Sicherheitsglas flog uns um die Ohren und eine plötzliche Windböe fegte herein. Der Mustang schleuderte wild hin und her, aber irgendwie gelang es Alex, ihn unter Kontrolle zu halten. Das Gewehrfeuer verebbte und hörte dann ganz auf. Alex fuhr auf den Seitenstreifen, legte eine rasante Kehrtwende hin und jagte zurück in die Richtung, aus der wir gerade gekommen waren, während der Wind durch das Auto pfiff. Ich wagte nicht, mich zu rühren, und behielt den Kopf weiterhin unten. Ein paar Minuten später spürte ich, dass der Wagen abbog. Es holperte heftig und dann blieben wir ruckartig stehen.
Benommen setzte ich mich auf. Mit einem leisen Klimpern rieselte mir das Glas von Schultern und Rücken. Alex war vom Highway abgefahren und jetzt standen wir auf einer unbefestigten Straße mitten auf einem Feld. Er hatte eine Schnittwunde an der Wange, wo ihn ein Stückchen herumfliegendes Glas getroffen haben musste – Blut sickerte ihm wie eine rote Träne über das Gesicht.
»Bist du in Ordnung?«, fragte er drängend und packte mich an den Armen. »Willow, bist du verletzt?« Seine Augen waren groß, beinahe angstvoll.
Wie betäubt fragte ich mich, warum er so reagierte. Alex war Gefahr gewohnt; es sah ihm nicht ähnlich, sich davon ins Bockshorn jagen zu lassen. Ich zitterte immer noch, aber ich nickte. »Es … es geht mir gut.« Ich streckte die Hand aus, um seine Wange zu berühren, doch dann schluckte ich und zog sie wieder zurück. »Dein, ahm … Gesicht blutet.«
Alex* Schultern entspannten sich. Er stieß die Luft aus, rieb sich mit der flachen Hand über das Gesicht, sah auf das Blut und wischte sich dann die Wange mit einer Papierserviette ab. »Ja, nicht so schlimm. Kratzen wir lieber die Kurve, bevor sie zurückkommen.«
Das Auto machte einen Satz, als er den Zündschlüssel herumdrehte. Nach einigem Gerumpel über den Feldweg kamen wir an eine T-Kreuzung. Die Straße, auf die unser Weg mündete, war asphaltiert. Alex bog rechts ab und der Mustang gewann an Fahrt, während der Wind an uns vorbeirauschte. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und schüttelte das Glas heraus. »Okay, wir müssen diesen Wagen loswerden und einen anderen auftreiben, und zwar sofort, bevor sie uns finden und einen zweiten Anlauf starten.«
»Du meinst, wir sollen einen klauen«, stellte ich fest.
»Uns wird nichts anderes übrig bleiben«, entgegnete er. »Das ist nicht gerade toll, ich weiß, aber –«
»Nein, ist schon okay«, unterbrach ich ihn. Meine Stimme klang zittrig. »Wahrscheinlich kann ich dabei sogar behilflich sein.«
Überrascht sah Alex mich an, und dann breitete sich langsam ein verblüffter Ausdruck auf seinem Gesicht aus. »Oh Mann. Du weißt, wie man ein Auto kurzschließt.«
»Theoretisch ja«, sagte ich und schlang die Arme um den Oberkörper. »Das ist, ahm … nicht so schwierig.«
Er nickte knapp. »Gut, dann müssen wir also nur noch eins finden.«
Ich saß steif in dem mit Splittern übersäten Sitz und fürchtete mich vor jedem Wagen, an dem wir vorbeifuhren. Gott sei Dank waren es nur zwei und keiner von ihnen verringerte bei unserem Anblick das Tempo. Nach ein paar Kilometern kamen wir zu einem Schild, auf dem »Palo Duro Park Rd« stand.
»Palo Duro«, murmelte Alex. »Warte mal, das kommt mir irgendwie bekannt vor.« Er bog ab.
»Was ist das?«, fragte ich.
»Ein Canyon«, erklärte er. »Ein riesengroßer. Cully hat mir davon erzählt; er hat hier immer gezeltet. Er ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer – vielleicht haben wir Glück.« Wir fuhren vielleicht anderthalb Kilometer über eine kurvige, asphaltierte Straße. Zu beiden Seiten lag trockenes offenes Grasland, das … plötzlich aufhörte. »Oh!«, hauchte ich und setzte mich auf, als der Canyon in Sicht kam. Wie in einem Film, den ich einmal über den Grand Canyon gesehen hatte, war er urplötzlich einfach da. Das Land öffnete sich vor uns zu einem Abgrund aus Stille, leerem Raum und schroffem rotem
Weitere Kostenlose Bücher