Daemonen in London
anders übrig,
als ebenfalls zu stoppen und endlich von seinem dämlichen
Smartphone aufzublicken.
„Hier?“,
fragte er entgeistert.
„Wäre
es dir lieber, wenn ich mich dort vorne, wo der Park wieder vorbei
ist, an den Straßenrand setze?“, fragte sie und hickste.
Verdammt!
„Du
bist ja schon wieder betrunken“, sagte er. Was hatte er denn
gedacht? Dass sie die Silvesternacht stocknüchtern und
langweilig verbringen würde, so wie er?
Den
Ausdruck schon wieder hätte er sich allerdings sparen
können. Tilly hätte ihn gerne zurechtgewiesen, aber ihr
Schluckauf hinderte sie daran. Also begnügte sie sich damit, ihn
böse anzublicken, löste sich von seinem Arm und stolperte
über die Wiese in Richtung eines dichten Gebüsches.
„Warum
gehst du so weit weg?“, rief Jeremy ihr hinterher. „Hier
ist doch niemand. Setz' dich doch einfach auf die Wiese.“
Tilly
ignorierte ihn wütend. Hielt er sie für einen Hund, der
sein Geschäft überall verrichten konnte? Nein, sie besaß
noch Reste von Anstand. Außerdem brauchte sie etwas, woran sie
sich festhalten konnte, wenn sie in die Hocke ging.
Der
Boden war halb gefroren und von einer dünnen Schicht Schnee
bedeckt, so dass ihre dünnen Absätze nur leicht einsanken.
Trotzdem fiel es ihr schwer, vernünftig zu gehen, ihre Knöchel
knickten immer wieder seitlich weg. Sollte sie vielleicht doch... ?
Sie
drehte sich halb um und wollte Jeremy gerade fragen, ob er nicht zu
ihr kommen und sie stützen könne, als sie an seiner
Körperhaltung erkannte, dass er schon wieder auf sein
verfluchtes Lieblingsspielzeug starrte.
Das
machte sie wütend. Sie ging hier mutterseelenallein in
stockfinsterer Nacht durch einen menschenleeren Park – und er
dachte nur an sein Geschäft, statt vielleicht ein wachsames Auge
auf seine frisch angetraute Ehefrau zu haben. Sie schnaubte. Na
warte, dachte sie, dir jage ich einen gehörigen Schrecken ein.
Der
Zorn nahm ihr kurzzeitig die Angst und sie suchte mit den Augen nach
einem besonders dunklen Stück Park - wo sie hingehen und erst
dann wieder zurückkommen würde, wenn er ihr Fehlen bemerkt
und so richtig nervös geworden wäre!
Etwas
weiter links von sich entdeckte sie die ideale Stelle. Sie wechselte
den Kurs und stakste auf das Gebüsch zu. Und hoffte im Stillen,
dass Jeremy nicht allzu lange brauchen würde, um sie zu
vermissen – denn eigentlich war es hier doch ganz schön
unheimlich.
*
Der
Höllenhund konnte sein Glück kaum fassen. Jetzt kam sein
Futter auch noch direkt auf ihn zu! Er hatte gerade überlegt,
wann der richtige Zeitpunkt für einen Angriff wäre –
da hatte sich das Weibchen von ihrem Begleiter getrennt und war quer
über die Wiese marschiert.
Und
nicht genug: vor ein paar Sekunden war sie sogar noch umgeschwenkt
und stapfte jetzt direkt auf ihn zu!
Seine
Mägen gerieten außer sich vor Vorfreude und Speichel lief
ihm im Maul zusammen, tropfte in langen, im Mondlicht feucht
glitzernden Fäden auf den Boden.
Gleich,
dachte er, gleich gibt es etwas zu essen!
Direkt
vor der Stelle, an der er im Gebüsch lauerte, blieb die Frau
stehen. Die Wolke aus Parfüm und Schweißgeruch war so
intensiv, dass der Höllenhund sich wunderte, dass sie nicht wie
eine Dunstschicht um den Körper der Frau herum sichtbar war.
Doch er störte sich nicht mehr daran, sein Hunger war jetzt
einfach zu groß.
Komm,
dachte er, lass dich fressen!
Die
Frau zögerte. Sie drehte sich noch einmal zu dem Mann auf dem
Weg um, doch dieser interessierte sich nicht im geringsten für
sie, wie der Dämon belustigt feststellte. Schließlich gab
die Frau ein grunzendes Geräusch von sich, drehte sich mit dem
Rücken zu dem Höllenhund – und zog ihren Rock
hinunter.
Der
Dämon blickte perplex auf ihren blanken Hintern.
Was
hatte sie denn nun schon wieder vor? Als er das leise Plätschern
hörte, wusste er es. Und lächelte. Sehr schön, dachte
er, dann wird sie sich wenigstens nicht noch zusätzlich
besudeln, wenn ich gleich zuschlage.
*
Oh,
welche Erleichterung!
Tilly
hielt sich an dem dünnen Stamm des Bäumchens neben ihr
fest, schloss sekundenlang die Augen und ließ es einfach
fließen. Wie einfach es doch manchmal sein konnte, glücklich
und zufrieden zu sein. Sie seufzte wohlig.
Als
sie fertig war, fiel ihr ein, dass sie kein Toilettenpapier dabei
hatte. Nicht mal ein Papiertaschentuch. Das hätte in ihrer
winzigen Designerhandtasche keinen Platz gehabt.
„Was
soll's“, murmelte sie und wackelte ein wenig mit dem
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