Dämonen-Zwillinge
Grund seiner Haltung einfach aus.
Der Lichtkegel hatte sein Gesicht getroffen. Obwohl der Knebel einen Teil verdeckte, war in seinen Augen die Qual zu sehen, die er empfand. Die Augen standen weit offen, und wir konnten das Gefühl bekommen, dass er mit seinen Blicken reden und uns warnen wollte.
In Momenten wie diesen fror selbst ich ein und bewegte mich um keinen Deut von der Stelle.
Dagmar hielt es nicht mehr aus. »Harry!«, schrie sie, nachdem sie die erste Starre überwunden hatte. Sie wollte zu ihm gehen, ihm helfen, ihn befreien, aber das ließ ich nicht zu. Ich konnte mir vorstellen, dass die andere Seite nur darauf wartete. Außerdem hatte ich Harry’s warnenden Blick gesehen, und so zerrte ich sie im letzten Augenblick am Ärmel ihrer Lederjacke zurück.
»Lass mich!«
»Nein, du bleibst!«
»Verdammt, ich muss...«
»Du musst gar nichts. Du musst jetzt nur an dich denken und vielleicht auch daran, dass es eine Falle sein könnte, wenn du zu nahe an ihn herangehst.«
Obwohl sich um Harry’s Hals eine Schlinge gedreht hatte, versuchte er ein Nicken und gab mir Recht.
»Verdammt, John, was sollen wir denn tun?«
»Abwarten, Dagmar.«
Sie lachte. »Das ist doch verrückt. Warum soll ich abwarten? Harry wird sich nicht...«
»Ich weiß, dass er sich nicht aus eigener Kraft befreien kann, aber vergiss die Zwillinge nicht. Sie haben ihn nicht grundlos in diese Position gebracht.«
Das sah Dagmar ein, doch ihre Wut war längst nicht verraucht. »Sie sollen sich endlich zeigen, verdammt! Sie sollen...«
»Wir sind schon da!«
Die Antwort hörte sich fast jubelnd an, aber wir hatten nur die Worte vernommen. Die Zwillinge selbst bekamen wir nicht zu Gesicht. Da spielten sie ihren verdammten Vorteil aus.
Dagmar bewegte zuckend den Kopf und blickte in die verschiedenen Richtungen. »Was... was... sollen wir denn jetzt tun, John? Verdammt, ich will nicht hier stehen bleiben und...«
Ich legte einen Finger auf den Mund. Dagmar verstand und blieb erst mal still.
»Wir sind schon da!«, hörten wir die fröhlich klingende Wiederholung. »Wir waren eigentlich immer da, aber ihr habt uns nicht gesehen. Der Zeittunnel ist für uns offen.«
Die Stimmen waren von vorn geklungen. Nur hatten wir ihren genauen Standort nicht herausfinden können, den aber zeigten sie uns jetzt, denn im Licht meiner Lampe sah ich, dass sich Harry Stahl leicht bewegte, als wäre er von mehreren Händen angestoßen worden. Er riss seine Augen dabei noch weiter auf, so dass wir deutlich die Angst darin sahen, die ihn erfasst hielt.
Die unsichtbaren Zwillinge hatten an diesem makabren Spiel ihren Spaß. Sie kicherten, freuten sich, ergötzten sich an der Angst des Harry Stahl, und dann sahen wir, wie sich der Knebel von seinem Mund löste. Das Stück Stoff war im Nacken zusammengebunden worden. Dort hatten die Unsichtbaren den Knebel gelöst, der vor Harry’s Körper zu Boden flatterte und dort liegen blieb.
Harry hatte über längere Zeit hinweg durch den Knebel nicht richtig atmen können. Die Luft jetzt in die Lungen zu pumpen war eine reine Wohltat, die er auch genoss. Aber er hütete sich davor, sich zu hastig zu bewegen, denn das hätte sein Ende bedeuten können.
Seine Lage hatte sich nur wenig verbessert. Die Unsichtbaren befanden sich in seiner Nähe, und sie brauchten nur gegen die Kiste zu treten, um ihn auf eine grausame Art und Weise in den Tod zu befördern.
Das taten sie nicht. Die Lage hatte sich wieder einigermaßen beruhigt. Auch Dagmar hielt sich zurück. Allerdings nicht mit Worten, denn sie sagte: »Keine Angst, Harry, wir holen dich hier raus! Wir schaffen es, das verspreche ich dir!«
Er hatte den Mund wieder frei, doch er gab keine normale Antwort und grinste nur verzerrt. Schließlich hatte er sich gefasst und konnte auch flüstern.
»Sie sind da. Sie zeigen sich nur nicht. Aber glaubt mir, sie sind da, verdammt!«
»Das wissen wir«, sagte ich.
» Sorry , dass ich euch so viele Probleme bereitet habe. Aber es ging nicht anders. Sie fingen mich ab, das war mir schon klar.«
»Wieso klar?«, fragte ich.
Er lachte bitter auf. »Was denkst du denn, John, von mir? Dass ich Dagmar in ihrer Lage allein gelassen hätte, zu einer beschissenen Konferenz zu gehen? Nein, der Job ist mir nicht wichtiger als das Privatleben. Aber sie haben mir keine andere Wahl gelassen. Ihr Plan war perfekt. Sie haben schon im Voraus mit mir Kontakt aufgenommen, so war ich gewissermaßen eingeweiht. Wenn ich mich ihren
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