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Daemonenblut

Daemonenblut

Titel: Daemonenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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bedacht hatte, die meine Fantasie hergab, mein Mund aber niemals ausgesprochen hätte, hatte er vermutlich schon nicht mehr gelebt.
    Hatte er Schmerzen gehabt? Wann war er gestorben und wo hatte man ihn gefunden? Ich wusste so wenig über Craig und noch weniger über die Umstände seines Todes. Wenigstens danach konnte ich Jones fragen.
    Ich ertrug es nicht länger, das leblose Gesicht anzusehen. Zögernd griff ich nach dem Laken und deckte ihn wieder ab. Die Arme um mich selbst geschlungen, stand ich da. Ich hätte den Raum verlassen sollen, doch jetzt zu gehen, kam mir so endgültig vor. Als würde ich eine Tür hinter mir zuschlagen, die sich nie wieder öffnen ließe. Was in gewisser Weise auch stimmte. Craig war tot. Er kam nicht mehr zurück. Allerdings könnte ich…
    » Nein! « , rief ich laut, als mir bewusst wurde, welche Richtung meine Gedanken einschlugen. Ich würde nicht versuchen, seinen Geist zu rufen. Wozu auch? Abgesehen davon, dass er vielleicht längst im Licht war, konnte er mir vermutlich auch nicht viel mehr erzählen als Jones oder der Gerichtsmediziner selbst. Ihn dafür noch einmal seinen eigenen Tod durchleben zu lassen, erschien mir zu grausam.
    Ich stand noch immer still da, starrte auf die Umrisse unter dem Tuch und lauschte dem Brummen der Neonröhren über meinem Kopf.
    Es war Zeit zu gehen.
    Zeit, loszulassen.
    Trotzdem fiel es mir schwer.
    Während ich noch mit mir rang, ging die Tür auf. Dankbar, dass Nick zurückgekehrt war, drehte ich mich zu ihm um. Aber es war nicht Nick, der da in der Tür stand, sondern ein Fremder. Ich wartete darauf, dass er erklärte, sich im Raum geirrt zu haben, und wieder ging, doch dann sah ich seine Augen und wusste, dass nichts davon passieren würde. Es war der Dunkelhaarige, mit dem ich vor ein paar Tagen im Laden zusammengestoßen und der mir später auch immer wieder im High Tea aufgefallen war. Der mit den farblosen Augen.
    Ich wusste weder, wer er war, noch, was er hier wollte. Aber ich spürte bis in die letzte Faser meines Körpers, dass seine Anwesenheit nichts Gutes bedeutete. Gefahr!, schrie alles in mir. Lauf um dein Leben!
    Aber wie sollte ich das, solange er den Weg zur Tür blockierte? Einer Tür, die er obendrein hinter sich geschlossen hatte.
    Langsam wich ich zurück, schob mich seitwärts an der Bahre entlang, bis das Metallungetüm mit Craigs Leichnam zwischen dem Eindringling und mir stand.
    » Sieh mir in die Augen! « Seine Stimme hatte etwas derart Forderndes, dass ich versucht war, der Aufforderung zu folgen. Es war mein Misstrauen, das mich davon abhielt. Er wollte mich nur ablenken. Wollte mich einwickeln und dann… Keine Ahnung, was dann. Aber ganz sicher hatte er nicht vor, mich auf einen Kaffee einzuladen. Solange ich meine Angst noch halbwegs unter Kontrolle hatte und mir mein Körper noch gehorchte, würde ich mich nicht auf seine Spielchen einlassen. Allerdings war ich mir nicht sicher, wie lange ich noch Herr über meine Sinne sein würde, denn meine Angst steigerte sich langsam zu einer ausgewachsenen Panik.
    Wo war Nick?
    Wenn ich mir jemals gewünscht hatte, diesen arroganten Lackaffen zu sehen, dann jetzt!
    » Komm schon, ich tu dir nichts « , sagte der Kerl. » Wenn du mir in die Augen siehst, wirst du erkennen, dass– «.
    » Darauf falle ich nicht rein. « Ich hatte den Blick auf seine Brust geheftet, um zu sehen, wann er sich bewegte. Als er einen Schritt auf mich zumachte, wich ich noch weiter zurück. Wenn er noch näher kam, hätte er mich schneller in eine Ecke gedrängt, als ich ausweglos sagen konnte.
    » Du hast genau zwei Möglichkeiten « , fuhr er so unaufgeregt fort, als wäre das hier ein Verkaufsgespräch. » Wir können es auf die angenehme Art lösen, was ich persönlich bevorzugen würde, oder aber du entscheidest dich für die unangenehme Variante. Letzteres würde ich wirklich bedauern, aber durchaus in Kauf nehmen. « Wieder machte er einen Schritt nach vorne. » Wie entscheidest du dich? «
    » Möglichkeit Nummer drei « , sagte ich und begann um Hilfe zu schreien. Ich brüllte aus Leibeskräften, holte alles aus mir heraus, bis mein Hals brannte. Allerdings machte ich mir keine Illusionen, dass mich jemand hören würde, der sich nicht unmittelbar vor der Tür befand. Dafür war dieser Raum zu abgelegen.
    Wie lange dauerte es, einen verfluchten Kaffee zu holen?
    Nick müsste doch längst wieder da sein. Es sei denn… Oh nein! Er musste entschieden haben, mir noch ein bisschen Zeit

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