Daemonenblut
zu geben. Vermutlich saß er irgendwo in einem der Besuchercafés und freute sich darüber, dass Adam nicht tot war.
Mit der bloßen Vorstellung, dass Nick nicht rechtzeitig kommen würde, fiel das letzte Stück der Mauer, die mich noch von einer blinden Panik trennte. Als hätte jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt, verabschiedete sich jeder klare Gedanke. Ich sah nur noch den Mann vor mir und die Gefahr, die er darstellte. Alles andere war auf einen Schlag wie ausgelöscht.
Ich schrie noch immer. Zumindest glaubte ich das im ersten Moment. Dann allerdings begriff ich, dass es keine Schreie waren, sondern meine panischen Gedanken, die durch meinen Verstand polterten.
Der Kerl kam noch näher. Ich wich weiter zurück und stieß mit dem Rücken gegen einen der Stahlschränke, die hinter mir an der Wand standen. Sofort machte ich wieder einen Satz nach vorne, streckte die Hände nach der Bahre aus und stieß sie mit aller Kraft in Richtung des Fremden.
Die Bahre wackelte, doch sie rührte sich nicht. Die Bremsen! Natürlich! Ich bewegte mich seitwärts, fort von meinem Angreifer, auf die anderen Bahren zu, die leer vor der Wand standen. Bereit, sie zwischen uns in den Weg zu kippen, griff ich nach der ersten. Sie ließ sich schieben! Ich packte sie fester, nahm Schwung und stürmte meinem Verfolger damit entgegen. Wie ein Rammbock raste die Bahre auf ihn zu. Er brachte sich mit einem Satz in Sicherheit. Mein Geschoss rammte die Wand und kippte um.
Die Tür!
Als ich begriff, dass ich nun näher an der Tür war als er, fuhr ich herum und stürmte darauf zu. Bevor meine Finger den Griff berührten, wurde ich gepackt und zurückgerissen. Ich schrie um Hilfe; mit meiner Stimme, meinem Geist und jeder Zelle meines Körpers. Alles in mir kreischte und brüllte. Ich sah, wie sich die Lippen des Kerls bewegten, ohne seine Worte zu hören. Seine Finger schlossen sich in einem festen Klammergriff um mein Kinn, als er meinen Kopf hob und mich zwang, ihm in die Augen zu sehen.
Warum war er so versessen darauf, dass ich ihn ansah? War das so ein Serienkillerding? Ein Perverser, der sehen wollte, wie das Leben aus dem Blick seines Opfers– aus meinem Blick– wich? Ich mochte ihm nichts mehr entgegenzusetzen haben, aber diesen einen, letzten Triumph würde ich ihm nicht gönnen. Ich schloss die Augen.
Der Tumult in meinem Kopf war unglaublich. Lärm. Verschiedene Stimmen. Schreie. Alles drehte sich und mir wurde schwindlig. Übelkeit stieg in mir auf. Und plötzlich, als hätte jemand den Sender gewechselt, wurde es still.
» Salina hatte recht! « Es war die Stimme meines Angreifers, die die Stille durchbrach. » Du bist voller Magie! So unglaublich viel Magie… « Die Hand, mit der er zuvor mein Kinn umklammert hatte, verschwand.
Ich öffnete die Augen. Unsere Blicke kreuzten sich. Doch etwas an ihm hatte sich verändert. Er schien zu zögern. Als wäre etwas passiert, das sein ursprüngliches Vorhaben ins Wanken brachte. Dann legte er mir die Hand auf die Stirn.
» Du wirst… «.
Über uns flackerte eine der Neonröhren und zerbarst in tausend Scherben. Der Kerl riss mich herum. Er hielt mich noch immer umklammert, aber sein Blick hing nicht mehr an mir, sondern war jetzt auf den Raum gerichtet. Die verbliebenen Neonlampen flackerten und knackten, als würden sie ebenfalls jeden Moment explodieren. Doch es waren nicht die Lampen, die seine Aufmerksamkeit erregten, sondern der hintere Teil des Raumes. Jener Teil, wo sich das Laken über Craigs Leichnam hob, als dieser sich aufsetzte.
Zumindest sah es im ersten Moment so aus. Dann allerdings sah ich den blauen Schimmer, der durch den Stoff an die Oberfläche drängte und immer strahlender wurde, als sich Craigs Geist weiter manifestierte und sich schließlich erhob.
Mit langsamen Schritten kam er auf uns zu, den Blick auf meinen Angreifer gerichtet, der mich noch immer festhielt. Ich kämpfte gegen die Übelkeit und den Schwindel an, die jetzt in immer stärkeren Wellen kamen. Wenn mir diese Beschwörung etwas bringen sollte, durfte ich jetzt auf keinen Fall zusammenbrechen.
» Das ist deine Gabe? « Er drehte mich zu sich um, sodass ich vor ihm stand und er über meine Schulter hinweg Craigs Geist im Blick hatte. Eine Hand um meinen Arm geklammert, damit ich ihm nicht entkommen konnte, legte er die andere erneut auf meine Stirn.
Ich wand mich in seinem Griff und versuchte, mich zu befreien. Es hätte mir gelingen sollen, immerhin war es nur eine
Weitere Kostenlose Bücher