Daemonenbraut
herum glich beinahe schon der Ruhe vor einem Sturm. Julius hielt seine Waffe sicher in den Händen und wartete ab. Die übliche Prozedur bei einer Dämonenbraut besteht darin, als allererstes einen Sucher zur Aufklärung voranzuschicken. Die drei Schutzteufel hatte ich gerufen, um uns alle mit einem Schutzschild zu umgeben. Die meisten Dämonenbräute hätten den Sucher ohne eine schützende Rüstung hineingeschickt, aber ich fühle mich für meine Untergebenen verantwortlich. Ich habe sie in unsere Welt gerufen, ich schicke sie in diese gefährlichen Situationen. Ihr Leben ist in meiner Hand, aber ich kann nicht so kaltblütig sein, sie ohne Schutz ins offene Messer laufen zu lassen. Eine gelungene Anrufung besteht für mich darin, die Dämonen zu rufen, sie den Job erledigen zu lassen und sie danach wieder zurück in ihre Welt zu schicken. Mit dieser Methode kann ich nachts problemlos schlafen.
Der Sucher besitzt ein reptilienartiges Aussehen und grelle Augen, die mich voller Hass anschauen. Er sagt kein Wort, aber ich teile seine Gefühle, frage mich gleichzeitig, ob diese Leitung in beide Richtungen funktioniert. Fühlt er, was ich fühle? Es ist nicht wichtig. Im Moment zählt nur herauszufinden, was hier geschehen ist.
»Im Haus ist Blut. Such nach dem oder der Verletzten«, wies ich den Dämon an und sah ihm hinterher, als er gebückt zum Haus rannte.
Die drei Schutzteufel hatten sich bei ihrer Anrufung gegen mich verbündet und versucht, meinen Willen zu überwältigen, doch ich habe gewonnen, folglich errichteten sie einen Schild um uns und um den Sucher. Durch diesen Schild geschützt, richtete ich meine Konzentration vollends auf den Sucher. Ich teilte seine Gefühle und konnte sehen, was er sah. Er fand eine angesengte offene Hintertür und betrat eine geräumige Küche, die mehr gekostet haben musste, als ich in einem halben Jahr verdiente. Der Geruch von Feuer hing in der Luft. Auf dem Herd stand eine Pfanne mit verkohltem Fleisch, die Feuerstelle war jedoch aus. Das Essen war angebrannt, aber jemand hatte sich die Mühe gemacht, den Herd auszumachen, damit der Rauchmelder nicht losging.
Der Dämon verließ, das Blut witternd, die Küche und trat auf einen langen Flur, der zum Vordereingang führte. Links befanden sich zwei Türen; eine führte in das Esszimmer, die andere in den Salon. In keinem Raum war Blut vorzufinden. Vor der breiten Treppe aus dunklem Holz blieb mein Diener stehen und hob das flache Gesicht. Ich biss mir auf die Lippe, als ich seine Eindrücke teilte.
»Das Blut kommt von oben«, sagte ich zu Julius. »Er geht die Treppe hinauf...«
»Sophie!« Julius Aufschrei erklang im gleichen Moment, in dem das Leben des Suchers endete. Von einer Sekunde auf die andere wurde mir sein Lebensfaden entrissen. Betäubt öffnete ich die Augen und blinzelte. Julius stand vor mir, die Waffe schussbereit nach vorne gerichtet. Für die Beretta M9 benutzte er Parabellum-Patronen, in einem Magazin befanden sich fünfzehn Schuss. Auch wenn ich Waffen nicht leiden kann, in diesem Moment war ich froh, dass er eine dabei hatte. Der milchige Schild waberte, als er getroffen wurde. Rote Flammen drückten gegen ihn und nahmen ihm immer mehr die Substanz. Ein Schutzteufel zitterte sichtlich, dicke Schweißtropfen flossen über seinen kleinen, gedrungenen Leib. Der Angriff hatte nicht nur meinen Sucher erledigt, er hatte auch den Schutzteufel geschwächt, der den Schild für ihn errichtet hatte. Der Lebensfaden des Schutzteufels fühlte sich gefährlich schwach an, also ließ ich ihn gehen. Ich hätte ihn sich bis auf den Tod verausgaben lassen können, doch dadurch wäre der Schild auch nicht viel stärker geworden.
»Es ist Hexenkraft«, vermutete ich. Das Aufprallen des Hexenfeuers gegen den Schild verursachte ein zischelndes Geräusch, welches mir in den Ohren wehtat.
»Ja, aber wer übt sie aus?«
Handelte es sich hierbei um Michelle Hopkins? Ihre Elementarkraft ist das Feuer, doch wieso sollte sie uns angreifen? Dass das Hexenfeuer so lange brannte, sprach für die Kraft des Angreifers, doch auch sie ging zuneige. Der Angriff endete in dem Moment, in dem meine Schutzteufel den Schild verloren. Ich war froh über ihre Schwäche, denn Dämonen kann man nur dann gefahrlos zurückschicken, wenn man sie vollkommen erschöpft hat. Sie zu rufen ist kein Problem, doch wenn man sie zurückschickt und sich auf die andere Dimension konzentriert, verliert man einen Teil der Kontrolle über sie. Ein immer noch
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