Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
mächtigsten Dämonen das Chaos regiert. Es war das erste Mal gewesen, dass es eine Magische gewagt hatte, sich gegen die Macht der Zweiundsiebzig aufzulehnen. Dieser kurze Augenblick war ein Glücksfall gewesen, denn er hatte Vassago genügend Zeit verschafft, die Überreste des Arcanum Daemonums unter seinem Umhang verschwinden zu lassen. Die anderen sahen später nichts weiter als einen braunen, brandigen Fleck auf dem zerschlissenen Stoff des Sofas, welchen das vollständige Verbrennen des Buches dort hinterlassen hatte. Der erste Teil seines Planes war aufgegangen.
Der dritte Hauptgeist wusste, ohne das Arcanum würde es nicht einfach werden, die Zwischenwelt zu regieren. Aber es war ein Ding der Unmöglichkeit, wenn das zerstörte Buch in der Zwischenwelt verblieb, denn Streit, Misstrauen und Gier würden in der Welt der Dämonen Einzug halten. Zerstörerische Gefühle, die es zu verhindern galt. Die Hauptdämonen mussten neue Wege finden, falls sie die Balance zwischen Gut und Böse weiterhin in Einklang halten wollten. Keine leichte Aufgabe, ganz gleich von welcher Warte aus er die Sache betrachtete. Umso dringlicher erschien es Vassago, dass das Arcanum den Weg zurück in die menschliche Welt und damit an einen sicheren Ort fand…
Er blickte auf die bewusstlose Magische zu seinen Füßen und den leblosen Incubus, der unweit der Hütte auf dem Rasen lag. Er lächelte betrübt. In der Tat kam ein Unglück selten allein, denn war es ausgerechnet Gelals Überlebenswille, der über das Schicksal der Zwischenwelt entschied. Falls der Incubus starb, hing auch das Leben der Magischen an einem seidenen Faden und mit ihr, der sichere Hort für die Überreste des Arcanum Daemonums . Das gehörte zum Schicksal einer jeden Auserwählten, nachdem sie die Zwischenwelt zum ersten Mal betreten hatte: Sie starb mit ihrem Bräutigam. Alles im Leben hatte nun einmal seinen Preis.
Die Chancen, dass der Incubus mit dem Leben davonkam waren verschwindend gering, doch Vassago wollte den letzten Funken Hoffnung nicht aufgeben. Die Magische hatte sich den Zweiundsiebzig widersetzt und dadurch das Arcanum zerstört. Sie hatte sich maßlos und töricht verhalten, aber es änderte nichts daran, ihr Handeln wurde von Selbstlosigkeit bestimmt. Am Ende wollte sie nichts anderes, als Thomas Heyder die Rückkehr in seine Welt zu ermöglichen. Sie hatte mit einem reinen Gewissen gehandelt, somit gab es für die Zweiundsiebzig auch keinen Grund ihre Seele einzufordern und damit ihr Leben. Sollte sie es zurück auf die andere Seite schaffen, war sie die Einzige, die um die Existenz des Buches und um seine uneingeschränkte Macht wusste. Vassago war sich sicher, nach allem, was geschehen war, würde sie das Arcanum Daemonum hüten wie ihren kostbarsten Schatz… Doch das waren Zukunftsspekulationen. Die dringlichste Pflicht bestand darin, das dämonische Chaos zu überdecken und dazu mussten die Leichen an Orte geschafft werden, die der menschlichen Logik entsprachen. Er machte sich auf, um Bune zu suchen. Schließlich war es seine Aufgabe, die Orte der Toten nach Belieben zu verändern.
Ein nie dagewesener Schmerz riss Doro aus ihrer Ohnmacht. Mit einem vorsichtigen Blinzeln schlug sie ihre Lider auf. Das gleißende Licht, das auf sie herabschien, blendete und gab ihrem Körper den Befehl, sich noch weiter zu verkrampfen. Ihre Lider pressten sich wieder schützend aufeinander. Die Dunkelheit vor ihren Augen verschaffte spürbare Erleichterung, denn der bohrende Schmerz in ihren Schläfen ließ nach.
Was war geschehen?
Sie versuchte, ihre Gedanken in sinnvolle Bahnen zu lenken, doch da war nichts, was ihrem Gedächtnis Halt gab. In ihrem Kopf herrschte eine beängstigende Leere, die sämtliche Erinnerungen verschlossen hielt. Nach ihrem Reitunfall war es ihr ähnlich ergangen. Ihr bisheriges Leben war tagelang aus ihrem Verstand radiert gewesen. Ein furchteinflößendes Gefühl. Und wenn die tief in ihr auflebende Panik nicht in den nächsten Sekunden die Oberhand gewinnen sollte, musste sie herausfinden, wo sie sich befand.
Mühsam kam sie auf die Knie hoch. Ihr Kopf schmerzte heftig, sie zitterte am ganzen Leib und in diesem Augenblick hätte sie keinen Cent darauf verwettet, dass ihre Beine sie nach dem Aufstehen auch trugen, doch ihr blieb keine Wahl. Sie richtete den Blick hinter ihren verschlossenen Lidern auf den Boden, erst dann wagte sie, erneut die Augen zu öffnen. Das gleißende Licht hatte seine Bedrohlichkeit verloren,
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