Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
auch er rang um sein Überleben.
„Einer von ihnen wird in jedem Fall sterben. Vielleicht auch beide“, hörte sie Malphas Stimme direkt an ihrem Ohr.
Noch vor wenigen Sekunden hatte sie sich unendlich stark und unbesiegbar gefühlt, doch nach den Bildern, die Vassago ihr gezeigt hatte, fühlte sie wieder ihre eigene Schwäche und Verletzbarkeit. Sie biss sich auf die Unterlippe, um die Tränen aus ihren Augen zurückzuhalten, doch sie schaffte es nicht. Sie wandte sich an Malphas. „Ich habe dir bereits meine Seele versprochen, was verlangst du noch?“
„Dass du den Dingen ihren Lauf lässt.“ Der Hauptgeist nickte in Heyders Richtung.
Sie wischte die feuchten Spuren aus ihrem Gesicht. „Und wenn ich ihn zurückbringe? Womit wollt ihr mich bestrafen?“
Ein großer, schlanker Mann mit schwarzem Haar und einem aufwendig bestickten Gewand trat neben das aufgeschlagene Arcanum . Auf seiner linken Faust hielt er einen Hühnerhabicht. Er warf den Greif in die Luft. Der Vogel flatterte mit einem grellen Schrei auf das Küchenbüffet, den höchsten Platz im Innern der Hütte. Agares umklammerte mit seiner rechten Hand den Schwertgriff. Mit einem metallischen Kreischen glitt die Klinge aus ihrem Heft. In einer federleichten Bewegung hob er das riesige Schwert über sein Haupt.
„Wir wollen dir nichts antun, aber nach den Entwicklungen der letzten Zeit, sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass eure menschliche Welt vielleicht doch nicht so schützenswert ist, wie wir seit vielen Jahrtausenden angenommen hatten.“ Er ließ die Klinge auf das Arcanum niederfallen und hieb es in zwei Teile. Die dünnen Buchseiten flatterten unter dem Druck seines Schwerthiebes auf, um anschließend wieder exakt aufeinander zu liegen. „Lass die Finger von dem Buch“, flüsterte Agares, „Es sei denn, du willst, dass wir diese nette Hügelkette vor deiner Haustür dem Erdboden gleichmachen.“
Doro richtete sich zu voller Größe auf. Ihr Abstand zu dem Arcanum betrug weniger als eine Armlänge. Mit etwas Glück konnte sie es erreichen. Alexander hatte es nicht ohne Grund außerhalb der Zwischenwelt verwahrt. Denn genauso wenig, wie Heyder im Besitz dieses Buches sein durfte, durfte es in der Welt der Dämonen verbleiben. Im Kern der Sache ging es nicht mehr darum, Heyder zu retten. Wahrscheinlich war er bereits tot und seine Seele gehörte den Zweiundsiebzig ohnehin. Jetzt bestand ihre Pflicht darin, ihre Welt und das Überleben der Menschen zu sichern, die ihr am Herzen lagen.
Es war an der Zeit zu handeln, da jede Sekunde, die sie zögerte, ihr Vorhaben verraten konnte. Sie wandte sich in Richtung des Buches. Ihre Arme schnellten nach vorn und ihre Finger umklammerten die lose aufeinanderliegenden Seiten, dann schlug sie die Hände zusammen.
In einem gewaltigen Lichtblitz explodierten die beiden Buchteile zwischen ihren Fingern. Die Wucht, mit der die einzelnen Seiten zu Staub zerfielen, riss sie zu Boden. Das Arcanum kämpfte mit unvorstellbarer Kraft gegen sie an. Mit jedem Herzschlag raubte es mehr von ihrer Energie und sie spürte, ihren Widerstandswillen schwächer werden. Nicht mehr lange und sie musste sich geschlagen geben. Sekunden später waren alle Kraftreserven in ihr verbraucht. Ihre Finger wurden kraftlos und entließen die Reste des Buches aus ihren Handflächen. Ihre Augen brannten und füllten sich mit Tränen. Durch den feuchten Schleier, der ihre Augäpfel überzog, sah sie hellrot glimmenden Ascheflocken hinterher, die aus den Überresten des Arcanum Daemonums aufstiegen. In sanft drehenden Bewegungen schwebten sie nach oben, in das sichtbare Gebälk der Hütte, um sich zu einem wolkenartigen Gebilde zu formieren. Einige Sekunden stand der glühende Nebel starr im unendlichen Fluss der Zeit, bevor die einzelnen Teilchen um ihre eigene Achse zu rotieren begannen. Immer schneller drehten sich die Flocken, schlossen sich zu einer wirbelnden, lavaartigen Masse zusammen, bis sie schließlich in einem gewaltigen Feuerball verglühten. Doro schloss die Lider und legte einen Arm über ihr Gesicht, um ihre Augen vor der herabfallenden Hitze zu schützen. Der heiße Ascheregen überzog ihre Haut, trübte ihren Verstand und legte sich ätzend und brennend auf die feinen Bläschen ihrer Lungen. Das Luftholen bereitete ihr plötzlich unerträgliche Schmerzen. Ein paar Mal zwang sie sich noch, den heißen Dunst in ihren Körper zu pressen, dann spürte sie, wie ihr Geist zunehmend seinen eigenen Weg ging. Ihr
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