Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
trotzdem, habe ich dich von unserer ersten Begegnung an geliebt und tue es weiterhin. Ich konnte es nicht ertragen, dass du deine Abende mit ihm verbracht hast. Immer, wenn ich euch beobachtet habe und das habe ich oft getan, hat es mich fast um den Verstand gebracht. Und als Eric mir von deinen Fähigkeiten berichtet hat, wurde mir klar, ich musste dich besitzen, falls sich meine Visionen erfüllen sollten. Aber ich wusste auch, dass du Alexander zu keiner Zeit verlassen würdest, denn das Schicksal hat euch für einander bestimmt. So blieb mir keine andere Wahl, als Alexander mit Hilfe deines Vaters auszuschalten, sobald sich das Arcanum in meinem Besitz befand. Denn, genau wie ich, hatte Eric ein berechtigtes Interesse an Alexanders Tod. Ich dachte, wenn er weg ist und ich dir eine völlig neue Welt, unsere Welt , zu Füßen lege, dann könntest du mich eines Tages genauso wie ihn lieben. Was deinen Vater betrifft, so war er überzeugt, dich auf diese Weise vor der Last deiner Bestimmung bewahren zu können. Mittlerweile habe ich erkannt, wie töricht unsere Wünsche waren.“ In einem schier unmenschlichen Kraftakt hob er noch einmal seine Hände und legte sie an Doros Wangen. „Du bist so schön“, flüsterte Heyders ersterbende Stimme, „Bitte verzeih uns.“ Seine Hände sacken von ihrem Gesicht und blieben still neben seinem erschlafften Körper liegen.
Sie betrachtete den leblosen Greis. Vor wenigen Sekunden hatte sie nichts als unbändigen Zorn auf Heyder in sich gespürt. Er war für den Tod des Mannes verantwortlich, den sie aufrichtig liebte und doch keimte plötzlich ein Anflug von Mitleid in ihr. Thomas Heyder war eine erbarmungswürdige Kreatur und am Ende bestand seine große Vision lediglich aus seiner eigenen Vernichtung. Nun hatten sie ihre Positionen getauscht. In der Zwischenwelt, war sie es, die entschied, die Macht ausübte und die frei war. Das mitleidige Gefühl verwandelte sich in Genugtuung. Viele Male hatte sie Heyders Demütigungen hinnehmen müssen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem sie Revanche fordern konnte. Sie würde ihn zurück auf die andere Seite bringen. Und auch, wenn es sein letzter Wunsch gewesen war, so bestand gleichzeitig auch seine größte Niederlage darin, denn er musste unverrichteter Dinge zurückkehren. Ein vielschichtiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
Doros Fingerkuppen strichen über die pergamentartigen Buchseiten des Arcanum Daemonum . Von den Buchseiten ging eine glühende Hitze aus und ihre Fingerspitzen hinterließen auf dem Papier gelbbraune Brandspuren.
„Wage es nicht, Magische!“ , stieß eine feste, dunkle Stimme in ihren Verstand vor.
Instinktiv zog sie ihre Hand zurück. Heyder hatte die Wahrheit gesagt. Ihr Blick flog durch den scheinbar leeren Raum. Nach und nach schälten sich unterschiedlichste Gestalten aus dem Zwielicht. Bei einundzwanzig hörte sie auf zu zählen, während die Anzahl der Kreaturen weiterhin zunahm. Je mehr dieser fremdartigen Geschöpfe sich in der kleinen Hütte versammelten, desto geräumiger wurde diese. Auf magische Weise passte sich der Innenraum dem Besucherstrom an.
Ein junger Mann löste sich aus der Gruppe. Er trug ein knöchellanges Gewand aus dunkelgrünem Samt. Sein lockiges, blondes Haar wurde von einem Lederriemen in seinem Nacken zusammengehalten. Mit einem anmutigen Lächeln auf den Lippen trat er Doro gegenüber und beugte das Haupt vor ihr.
„Mein Name ist Vassago. Ich bin der dritte Hauptgeist.“ Er deutete auf die Ansammlung hinter seinem Rücken. „Sie haben mich zum Redner bestimmt, da ich zu den sanftmütigeren Vertretern dieser Riege an Gentlemen gehöre.“
„Was macht ihr hier?“, fragte sie.
Hinter Vassago trat ein zweiter Mann aus den Reihen, den sie bereits kannte. Malphas. „Wir wollen dich vor einer großen Dummheit bewahren, Dorothea“, sagte Malphas.
Vassago ergriff wieder das Wort. „Im Moment ist der Kampf zwischen Angarath und Gelal nicht entschieden. Noch hat dein Geliebter eine Chance zu überleben.“ Er legte einen Arm um ihre Schulter und schob sie zwischen den Geistern hindurch ans Fenster. „Aber sieh selbst, wie es um deinen Bräutigam steht“, sagte er mit einem leisen Lachen.
Auf der Lichtung sah Doro die beiden Incubi miteinander kämpfen. Gelals Körper war mit tiefen, blutenden Wunden übersät. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, doch in seinen Augen loderte ungebrochener Siegeswille. Ihr Vater leistete Gelal erbitterten Widerstand;
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