DÄMONENHASS
verborgen. Ihr Leib nahm allmählich wieder seine noch recht blasse, rosige Färbung an. Und ihre klingende Stimme, aus der jedwedes Zischen verschwunden war, trug bis zu Vormulac am oberen Ende der Tafel: »Hat die Lady von Maskenstatt das richtig gesehen?«
Vormulac wusste, welche Antwort er ihr gerne gegeben hätte, aber nicht geben durfte. Stattdessen nickte er knapp und fügte einer Eingebung folgend hinzu: »Doch liegt es in deiner Art, Wratha – in der Art deiner ... Posen? –, dich als starke Ablenkung zu präsentieren. Wir haben ernste Dinge zu besprechen. Ich wünsche, dass die anwesenden Lords mir und binnen Kurzem Maglore ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Doch leider ist ein viel zu großer Teil ihrer Aufmerksamkeit auf dich gerichtet!«
Genug! Grigor von Hagerstatt durchfuhr ein geistiges Erschauern. Er hatte schon Gerüchte über Wrathas verstörende Rückverwandlungen gehört, aber noch nie zuvor eine gesehen. Gerade eben noch verschont geblieben! Sie ist eine Hexe!
Wratha schien jedoch besänftigt. Sie schmollte ein wenig und nahm dann mit langsamen, mutwilligen Bewegungen ihre vorherige Haltung wieder ein – jene ›Pose‹, die Vormulac beanstandet hatte.
Maglore gestattete sich ein bitteres Grinsen und warf aus dem Augenwinkel einen Blick auf Zindevar. Aha!, dachte sie gerade. Diese Männer! Sie sind doch alle gleich: Hunde, die eifrig und nutzlos die haarigen Schenkel der Trogs begatten. Nur haben sie jetzt diese ›Lady‹ so gesehen, wie sie wirklich ist: als Greisin! Hah! Na, und ich, Zindevar, weiß, wie man mit Greisinnen umzuspringen hat! Diese Wratha ... Verfüttern sollte man sie an die Kreaturen, die sie in ihren gar nicht so geheimen Bottichen heranzüchtet! Ah, wenn ich Devetaki doch nur von einer entsprechenden Lösung hätte überzeugen können ...
Das offenbarte Maglore einiges und erklärte zudem Zindevars Ungeduld und Heimlichtuerei, die Art, wie sie ihren Geist vor Unbefugten abschirmte. Offensichtlich gehörte sie zu Devetakis Informanten über Wrathas verbotene Tätigkeiten. Doch da allgemein bekannt war, dass Zindevar ein Netz aus Spitzeln unterhielt, dem kein anderes in Turgosheims Türmen und Stätten gleichkam, war dies wahrlich keine große Überraschung.
Der Grund, warum Zindevar so erpicht darauf war, ihre Rolle in diesem Spiel geheim zu halten ... war womöglich zweifacher Art. Zum einen fürchtete sie die Vergeltung der Herrin von Wrathspitze, sollte sie ungeschoren davonkommen. (Denn Wratha standen zahlreiche Männer zur Verfügung, während Zindevars »Mannschaft« hauptsächlich aus Frauen bestand.) Zum andern: Auch wenn Zindevar eine von Neid zerfressene Blutsaugerin war, hatte sie dennoch wenig Freude an ihrem hässlichen Ruf als Greisengeißel und allgemeine Plage ihres eigenen Geschlechts. Oder falls sie ihn genoss, trachtete sie doch danach, die Tatsache selbst zu verbergen. Während also Wratha auf der einen Seite durch und durch verderbt war, bestand Zindevar auf der anderen aus nichts als List und Tücke!
Nun ja (der Magier von Runenstatt zuckte innerlich mit den Achseln), niemand war vollkommen ...
Inzwischen hatte sich die Lage wieder entspannt. Die Wamphyri am Tisch nahmen etwas Wein und rohes dunkles Fleisch zu sich – die halbierten Herzen von Wolfswelpen, wie Maglore feststellte –, um sich die Kehlen zu befeuchten. Er sah von einem zum anderen und drang in ihre Gedankenwelten ein, wann und wo immer er es vermochte.
Wrathas Geist war abgeschirmt. Wie immer beschwor sie dichte Nebelbänke in ihrem Kopf, um jede unerwünschte geistige Aufmerksamkeit auszuschließen. Wratha war keine besonders gute Telepathin, aber sie wusste, wie man Abtastversuche abblockte. Am Tisch saßen noch mehrere andere, die sich – vielleicht verständlicherweise – ähnlicher Kniffe bedienten:
Zindevar von Greisenfried, natürlich, mit ihrer ungehobelten Galerie an Schlüpfrigkeiten; aber auch Vasagi der Sauger? Canker Canisohn? Wran und Spiro, die Brüder von Irrenstatt? Gorvi der Gerissene? Merkwürdige Verschwörer! Oder zählten sie etwa nicht dazu?
Maglore nickte wissend, wenngleich nur zu sich selbst. Oh ja, diese Bande würde sich großer Vorsicht bedienen. Denn sie steckten allesamt so tief drin wie Wratha selbst! Es waren nämlich ebendiese Lords, die sie umgarnt hatte. Und ihre Gedanken waren so fest verschlossen wie der Klammergriff der Flechte an einem Felsen.
Doch ... bedeutete dies nicht vielleicht auch, dass sie wussten oder zumindest
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