DÄMONENHASS
Streifen aus Fledermauspelz herab und bildeten einen rauchigen Vorhang. Wrathas helle Schultern und Arme ragten daraus hervor, ebenso ihre spitzen Brüste, ein langer Streifen makellos glatter Schenkelhaut und die Knie ihrer untergeschlagenen Beine. Der beachtliche Rest zeigte sich als helle Streifen hinter grauschwarzen Vorhängen und blieb den Blicken kaum verborgen.
Auf widersprüchliche, aber bei ihr nicht unübliche Weise, waren Wrathas Augen kaum zu sehen. Sie wurden von dem geschnitzten Knochenreif auf ihrer Stirn beschirmt. Die blauen Glasovale an ihren Schläfen und dazu passende Ohrringe, die von den fein behaarten Läppchen ihrer Ohren herabhingen, dämpften die Glut ihres Blickes. Doch abgesehen von ihren Wamphyri-Ohren und ihrer gesenkten, leicht flachen Nase, deren Windungen nicht allzu ausgeprägt waren – und natürlich von ihrer roten, gespaltenen Zunge –, abgesehen also von diesen Dingen hätte sie gut und gerne eine Szgany sein können, ein wohlgeratenes Zigeunermädchen von der Sonnseite, dessen Fleisch noch unerprobt war. So musste sie vor fast einhundert Jahren Karl dem Zacken erschienen sein.
Nur ... wo war Karl jetzt?
Einige Sessel von Maglore entfernt gab Grigor Haksohn einige leise schnaubende, kehlige Geräusche von sich, die Maglore eher spürte denn hörte. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Lord von Hagerstatt, dessen Geist nun wie ein offenes Buch vor ihm lag. Wenn ich sie nur haben könnte (gierte Grigor nach Kräften). Oh, dieser Mund! Und wie ich ihn füllen würde! Sie nimmt Szgany-Welpen in ihr Bett, die von ihren Kurven so besoffen sind, dass sie ihr auf die Schenkel sabbern. Aber wenn ich sie haben könnte ... dann würden meine Säfte sie wie heißer Dampf bis in ihr Innerstes verbrühen!
Maglore sah von weiteren Abtastversuchen ab. Sie dachten ohnehin alle mehr oder weniger dasselbe. Zumindest die Männer. Die Frauen dachten allerdings andere Dinge. Devetaki Schädellarve war erheitert und befand sich so mit ihrer Maske im Einklang. Eine oder zwei andere waren eifersüchtig und warfen ihr mürrische Blicke zu. Zindevar von Greisenfried dachte: Bleiche, magere Schlampe! Szgany-Hure! Zeigt sich den Männern, gibt sich ihnen hin! Wenn ich nur daran denke, dass ich einst ... auch nur daran gedacht habe, sie selbst zu besitzen! Soll doch der Aussatz ihre weichsten Stellen verfaulen lassen, sollen sich doch die Würmer ihrer Öffnungen bedienen!
»Aye, Wratha die Aufgestiegene«, wiederholte Vormulac mit starrem Blick. Seine Stirnlocke erbebte leicht. »Von der einige sagen, dass sie vielleicht zu hoch gestiegen ist!« Er legte die großen Hände auf die Platte, als wolle er gleich aufspringen. Am anderen Ende des Tisches richtete Wratha sich gleichfalls auf und schwang die Füße zu Boden.
»Wenn dein Ton und deine Worte irgendetwas zu bedeuten haben, Lord Vormulac«, zischte sie, »solltest du uns das vielleicht besser erläutern!«
»Besser?« Sein Mundwinkel zuckte und schnappte nach einer Bartlocke. »Besser!«
»Ich kam auf das höfliche Ersuchen eines Lords hierher!« Sie hatte die Stimme ebenfalls erhoben. »Es ist doch keinesfalls so, dass irgendein ... ein protziger Rüpel von Offizier den Finger nach mir krümmte und ich wie eine Küchenmagd auf seinen Wink hierher gehastet wäre. Nicht wahr? Ich bin die Lady Wratha! Keine Sonnseitermetze, die man herumschubsen, schmähen und ... und beleidigen kann! ›Zu hoch aufgestiegen‹, von wegen!«
Als Wrathas Blut sich erhitzte, setzte ihre Verwandlung ein. Ihr Vampir reagierte auf ihre Zorngefühle und pumpte seine Essenz in ihren Kreislauf, wie gewöhnliche Sterbliche Adrenalin ausschütten. Sie hatte gespürt, dass sie im Mittelpunkt stehen sollte, und wappnete sich daher für alle Eventualitäten.
Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, wuchs sie um mehrere Zoll. Ihr Fleisch, ihre Knochen streckten sich, und sie schien in ihrem Sessel größer zu werden. Ihre Wangen fielen ein, und ihr Gesicht wurde hager und schien binnen kürzester Frist zu altern. Ihr Nasenrücken trat scharf hervor, die Ränder wurden dunkel und feucht, und die Nasenlöcher klafften auf. Ihre Brüste, die eben noch schön und mädchenhaft gewesen waren, schrumpften augenblicklich, verflachten und zogen sich hinter die Stränge ihres Fledermauspelzumhanges zurück.
Und ihre Augen ...
... Kein Wunder, dass sie sie überschattet!, dachte Maglore. Denn unter dem geschnitzten Knochenreif auf ihrer Stirn glommen Wrathas Augen nun wie
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