Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
hatte sie nichts mehr getan, um eine Schwangerschaft zu verhüten, und in der Wirrnis der Flucht sowie der anschließenden Ereignisse hatte sie den Überblick der seit ihrer letzten Regel verstrichenen Tage längst verloren.
Sie musste darüber mit Tamylan sprechen. Ungeachtet all dessen, was das Dämonenkind wollte, hatte Adrina keineswegs vor, ein Kind in diese Welt zu gebären, in der die Mächtigen es in ihrem großen Spiel als Bauer missbrauchten.
Als Adrina endlich aus dem Zelt ins Freie trat, musste sie feststellen, dass im ganzen Lager das ärgste Durcheinander herrschte. Wohin sie den Blick auch lenkte, überall bauten Hüter Zelte ab, eilten hin und her, brüllten Befehle und packten ihre Siebensachen. Offenbar hatten sie die Absicht, das Lager möglichst schnell abzubrechen. Inmitten all des Wirrwarrs erübrigten die Hüter keine Aufmerksamkeit für Adrina, während sie durchs Lager schritt, hastigen Männern auswich und Berge von aufgetürmtem Gerät umrundete.
Als sie zu guter Letzt das Hauptleute-Speisezelt erreichte, dem bislang noch kein Abbau drohte, steckte sie den Kopf hinein. In großer Eile bereiteten die Köche das Mittagsmahl zu, sodass auch sie Adrina keine Aufmerksamkeit schenkten, bis sie sich unmittelbar an sie wandte. Selbst dann musste sie ihre Frage zweimal stellen.
»Wo ist Kriegsherr Wulfskling?«
Der nächststehende Koch hob den Blick und zuckte mit den Schultern. Doch der Mann neben ihm deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung in ungefähr nördliche Himmelsrichtung. »Er ist fort mit den Heiden. Einer von denen, glaub ich, verlässt uns.«
Mit den Heiden meinte er vermutlich Brakandaran und R’shiel. Adrina sparte sich die Mühe, dem Koch zu danken, und strebte in die angedeutete Richtung, bis sie an den Rand des Lagers gelangte. Dort erspähte sie in etwa fünfzig Schritt Abstand erst Damin und Brakandaran, dann auch R’shiel und – zu ihrem Erstaunen – Mikel. Gerade öffnete Adrina den Mund, um zu rufen, da ereignete sich ein ungemein bemerkenswerter Vorfall.
Im einen Augenblick standen sie noch da und führten Gespräche, im folgenden Augenblick umwimmelten kleine, graue Dämonen sie, die – wie es den Anschein hatte – aus der leeren Luft erschienen. Zu viele waren es, um sie zählen zu können, sie umdrängten Brakandaran und eiferten wie kleine Kinder, die einen Lieblingsonkel besuchten, um seine Aufmerksamkeit. Bang wich Mikel vor ihnen zurück, die Erwachsenen dagegen nahmen die Anwesenheit der Geschöpfe hin wie eine Selbstverständlichkeit.
Brakandaran ging in die Hocke und verständigte sich mit einem der Dämonen, einem Wesen mit feuchten, schwarzen Glubschaugen, das ihm achtsam zuhörte. Der Wicht nickte und watschelte ein Stückchen weit beiseite. Ohne dass irgendwer ein für Adrina sichtbares Zeichen gegeben hätte, vollzogen sämtliche übrigen Dämonen plötzlich eine Kehrtwendung und rannten zu dem Schrat, mit dem Brakandaran die Unterhaltung geführt hatte.
Ungläubig blinzelte Adrina, als die um ihren Anführer gescharten Dämonen auf einmal zerflossen. Anders hätte Adrina den Vorgang nicht zu beschreiben gewusst. Sie schienen flüssig zu werden, einer nach dem anderen schmolzen sie ineinander, bis sie die Riesengestalt eines Drachen mit erzgrünen Schuppen angenommen hatten, dessen in silberne Spitzen auslaufende, durchsichtig-zarte Schwingen sogar im heutigen trüben Tageslicht schimmerten.
Als die Drachengestalt vollendet war, hob Brakandaran die Hand und streichelte über den Knochenkamm, der über den tellergroßen Augen aufragte. Nachdem er ein letztes Wort zu R’shiel gesagt hatte, erklomm er den Rücken des prächtigen Tiers. Mit einigen kraftvollen Schlägen seiner starken Schwingen erhob sich der Drache in die Lüfte, schwenkte langsam nach links und flog gen Süden.
Damin kehrte sich um und erblickte Adrina.
»Brakandaran hat darum gebeten, dir Grüße auszurichten«, sagte Damin, als er die Stelle erreichte, wo Adrina offenen Mundes stand und dem Drachen nachschaute, der allmählich in der Ferne verschwand.
»Das … das war … höchst ungewöhnlich«, brachte sie mit Mühe über die Lippen.
»Nun denn, also hoffen wir, dass auch Euer Vater sich davon beeindruckt zeigt«, meinte R’shiel, die sich mit Mikel zu ihr und Damin gesellte.
»Ein Drache, der im Innenhof seines Sommerpalasts niedergeht, wird gewiss seine Beachtung finden«, versicherte Adrina mit angedeutetem Lächeln. Dann wandte sie sich an Mikel. Nicht
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