Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Kinderspielzeug. Dafür jedoch bedurfte es lediglich gewaltiger Kraft, nicht deren feiner Anwendung. Was du mit den Priestern im Sinn hast, erfordert ein dermaßen ausgefeiltes Vorgehen, dass es noch ein Jahrhundert dauern kann, bis du dergleichen beherrschst.«
»Dann soll ich wohl warten? Somit behieltest du das liebe Leben nochmals hundert Jahre lang.«
Brakandaran lächelte ihr zu. »Ich bezweifle, dass die Haupt-Gottheiten so geduldig sind. Außerdem wärst du meiner in hundert Jahren überdrüssig, R’shiel.«
»Woher willst du das wissen?«
»Selbst Harshini bleiben nicht so lange zusammen. Darum schließen sie keine Ehen. Man kann mit jemandem stets nur für eine bestimmte Frist eng verkehren, bis derjenige dein Gemüt zermürbt.«
»Werde ich wohl so bitter sein wie du, wenn ich siebenhundert Jahre alt bin?«
»Du bist längst ärger als ich.«
R’shiel lächelte und hockte sich auf die Treppe des Podiums. Brakandaran nahm neben ihr Platz, und für ein Weilchen ließen sie in gemeinsamem Schweigen den gewaltigen Tempel auf sich wirken. Auch er zählte zu ihrem Erbe, war Teil ihrer Abkunft. R’shiel lehnte den Kopf an Brakandarans Schulter, versuchte sich vom Wissen um seinen nahen Tod nicht beschweren zu lassen.
Sie schloss die Lider, damit die Stille und die Erinnerungen an das Sanktuarium ihr Inneres ganz und gar ausfüllen konnten. Sie hätte es vorgezogen, wenn seitens Brakandarans an ihre Liebesnacht keine Bedingungen geknüpft worden wären; von Herzen wünschte sie sich, er umschlänge sie beide noch einmal mit seinem unglaublichen Band der Magie und beförderte sie auf diese höhere Ebene der Sinnlichkeit, wo es nichts mehr gab außer Lust und Hingabe …
»Bei den Gründerinnen!« Plötzlich setzte sie sich kerzengerade auf und sah ihm verblüfft ins Gesicht.
»Was gibt es?«
»Ich brauche keine ausgefeilte Geschicklichkeit, Brakandaran.«
»Nicht?«
»Nein. Was her muss, ist Wonne .«
»Hier? In diesem Augenblick? Wir befinden uns an einem öffentlichen Ort, oder nicht?«
»Rede nicht so närrisch«, entgegnete R’shiel und sprang auf; die Einsicht, endlich mit vollständiger Gewissheit zu erkennen, wie sie Xaphistas Sturz erreichen konnte, verursachte ihr ein Schwindelgefühl. »Verstehst du nicht, was ich meine? Die Harshini haben es wahrgenommen, als wir uns liebten, und du hast gesagt, auch Xaphista könne es spüren. Nach deinen Worten hat er seinen Anhängern derlei Freuden verboten, weil er befürchtet, dass sie dadurch von ihm abgelenkt werden.«
Mit zur Seite geneigtem Kopf musterte Brakandaran sie. »Was schwebt dir vor, Dämonenkind? Im Tempel der Götter ein Großfest der Wollust zu veranstalten und die Geschehnisse durch den Seher-Stein den karischen Priestern zu übermitteln?«
R’shiel lachte. »Du wärst überrascht, wüsstest du, wie nahe du der Wahrheit bist, Brakandaran. Komm!«
Sie fasste ihn an der Hand, zog ihn erst hoch, dann durch den Saal und zerrte ihn schließlich regelrecht mit sich zum Ausgang.
»R’shiel!«
»Was denn?«
»Wohin willst du?«
»Du wirst es schon sehen«, antwortete sie und lachte.
Brakandaran blieb stehen und hielt sie entschlossen zurück. »Genug des Unfugs. Ich gehe keinen Schritt weiter, bevor du mir nicht erklärst, was du dir jetzt wieder in den Kopf gesetzt hast.«
»Vertraust du mir nicht?«
»Nicht im Entferntesten.«
R’shiel seufzte tief. »Ich habe vor, Brakandaran, die Karier tatsächlich von Xaphista abzulenken. Nur für eine Weile, aber über die Maßen gründlich.«
»Sonst nichts?«
Sie nickte. »Sonst brauche ich nichts zu tun, Brakandaran.«
In seinen Augen erkannte sie, dass er ihre Absicht allmählich verstand, und lächelte. Versonnen schüttelte Brakandaran den Kopf. »Du bist eine arglistige kleine Kröte, ist dir das klar? Ich bin heilfroh, dass ich auf deiner Seite stehe.«
»Es wird gelingen«, sagte sie. »Es wird gelingen, oder …?« Aber eigentlich sprach sie keine Frage aus, sondern eine Feststellung.
Brakandaran nickte nachdenklich. »Ja. Damit dürftest du Erfolg haben.«
»Dann wollen wir Tarjanian aufsuchen.«
»Ihr Götter, du willst ihn doch nicht in deine Absicht einweihen, oder?«
»Freilich nicht. Ich möchte ihn bitten, eine Festlichkeit vorzubereiten.«
57
Am nächsten Tag gab Tarjanian nach und willigte ein, die Priester gehen zu lassen. Garet Warner sprach sich mit stärkstem Nachdruck dagegen aus, aber da R’shiel sich unterdessen mit Shananara verständigt hatte
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