Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
und ihren Rückhalt genoss, wurde er überstimmt. Auch Tarjanian hegte Bedenken, R’shiel merkte es seinen Blicken an und den Anklängen von Zweifeln in seiner Stimme. Aber da er wusste, dass die Fardohnjer nicht mehr fern waren und Damin Wulfskling nicht weit hinter ihnen marschierte, vertrat er anscheinend die Einstellung, es könne daraus kein größerer Nachteil entstehen. So rang er sich dazu durch – wenigstens in Grenzen –, ihren Absichten nachzukommen.
Am übernächsten Tag führte man gleich in der Morgenfrühe die Priester vom Kleinen Saal zum Haupttor. Zwei von ihnen stützten einen Dritten, der um die Augen einen Verband trug, doch was ihm zugestoßen war, wusste R’shiel nicht. Unweit des Eingangs zum Torgebäude stand ein Planwagen, auf dem sich die beschlagnahmten Xaphista-Stäbe befanden. Nachdem R’shiel Tarjanian überredet und sich bei den Hütern die Tatsache herumgesprochen hatte, dass die Steine an den Stäben keine Diamanten waren, sondern bloß Kristalle, waren sie gegenüber dieser Beute gleichgültig geworden.
R’shiel war nicht so töricht, sich in Reichweite eines Priesters aufzuhalten, der seinen Stab zur Hand hatte; aus diesem Grund hatte sie entschieden, sich den Abschied der karischen Geistlichen hoch überm Haupttor vom Wehrgang aus anzusehen.
Sobald die Priester sich dem Wagen näherten, warf ein Hüter die Plane beiseite. Unverzüglich fielen die Geistlichen über das Fahrzeug her und brachten die Wahrzeichen und Werkzeuge ihres Ranges und ihrer Macht wieder an sich. Einer von ihnen hob den Blick, sah R’shiel und schwang bedrohlich den Stab; er brüllte eine Beschimpfung, die sie nicht verstand. Andere Priester schauten gleichfalls herauf, während sie ihre geweihten Knüttel an sich rafften. Ein unbehagliches Kribbeln der Anspannung suchte R’shiel heim.
»Glaubst du, Brakandaran, es war klug, so vielen zur gleichen Zeit die Stäbe auszuhändigen?«
»Du kannst die Priesterschaft des ›Allerhöchsten‹ unmöglich durch ihre Stäbe unter deinen Einfluss bringen, wenn sie sie gar nicht in Besitz haben.« Brakandaran zuckte die Achseln. »Keine Sorge. Meines Erachtens können sie keine …«
Ein lauter Knall unterbrach ihn mitten im Satz, als neben R’shiel eine Zinne barst und zu Steinsplittern zerstob. Gleich schloss sich ein zweites Krachen an, ein Hagel aus Steinbrocken überschüttete R’shiel. Drunten auf der Straße ertönten mit einem Mal Alarmrufe der Hüter und Schreckensschreie.
» Was können sie deines Erachtens nicht?«, rief R’shiel durch den Lärm Brakandaran zu.
Offenbar sah er, dass ihre Augen sich schwarz verfärbten, denn er legte ihr eindringlich eine Hand auf den Arm, um sie zu beschwichtigen. »Mittels der Stäbe bekämpfen sie fremde Magie, R’shiel. Hier stehst du nicht mit dem Seher-Stein in Verbindung. Lege dich nicht mit ihnen an.«
»Gib Acht«, knurrte R’shiel voller Grimm.
Sie straffte sich und lugte hinab auf die Straße. Unerschrocken wandten sich die Hüter-Krieger gegen die ihnen unbegreiflichen Gegner, während die Bürger, die sich eingestellt hatten, um die Geistlichen abziehen zu sehen, erschrocken umherwimmelten und nach einem Fluchtweg aus dem plötzlichen Scharmützel suchten. Dem Tor wagten sie sich aus Furcht nicht zu nähern, und alle Nebenstraßen hielten die Hüter gesperrt.
Rasch erspähte R’shiel die Urheber des Aufruhrs. Drei Priester hatten die Stäbe empor über die Köpfe gestreckt, brabbelten im Chor einen Singsang, beschworen die Macht des ›Allerhöchsten‹, um das Dämonenkind zu zerschmettern. Alle übrigen Geistlichen waren noch nicht hinreichend wieder zur Besinnung gelangt, um sich ihnen anzuschließen, aber lange konnte es nicht mehr dauern. Drei Pfaffen war R’shiel zu bezwingen im Stande, sie wusste es aus Erfahrung. Bei einer größeren Anzahl von Widersachern ließen die Folgen sich nicht absehen.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Ersten der drei beteiligten Geistlichen, schleuderte einen Blitz reiner Naturgewalt nach seinem Stab. Inzwischen beherrschte sie willentlich, was sie in den nördlichen Ebenen Medalons einmal unwillkürlich getan hatte. Gleich was den Stab dazu geeignet machte, Magie-Kräfte gleichsam aufzusaugen, der Brennpunkt seiner Wirkungsweise bestand aus dem Splitter des Seher-Steins. Die von R’shiel verschleuderte Kraftballung überlastete den Kristall. Der Gegensatz zwischen der einschießenden Gewalt und seiner Fähigkeit, Magie-Kräfte zunichte zu machen,
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