Dämonentor
Darkside-Hacker … Äh … Informatiker,
Dienstgrad zwei.«
»Wo waren Sie am Donnerstag, den 19. letzten Monats?«
»Ich nahm an einem Seminar teil: Einführung in das
angewandte Okkult-Rechnerwesen, der von Dr. Vohlman abgehalten wurde.«
Der Kahlkopf in der Mitte malt irgendetwas auf ein
Papier, das vor ihm liegt, und starrt mich dann aus kalten, regungslosen Augen
an. »Was hielten Sie von dem Kurs?«
»Was ich …« Ich stocke. Das ist keine Frage, auf die
ich vorbereitet bin. »Ich habe mich zu Tode gelangweilt. Der Kurs war gut,
verstehen Sie mich nicht falsch. Vielleicht ein bisschen einfach. Ich musste
hin, weil Harriet mich dazu verdonnert hatte. Dr. Vohlman hat seinen Job gut
gemacht, aber es war wirklich so wahnwitzig einfach, dass ich überhaupt nichts
dazugelernt habe und auch nicht sonderlich aufpasste –« Was erzähle ich ihm
da eigentlich?
Der Mann in der Mitte schaut mich an. Ich fühle mich
wie eine Mikrobe unter dem Mikroskop. Kalter Schweiß läuft mir den Nacken
herunter. »Wenn Sie nicht sonderlich aufpassten – was haben Sie dann getan?«,
will er wissen.
»Ich habe vor allem vor mich hingeträumt.« Was ist
hier eigentlich los? Ich scheine einfach alle Fragen zu beantworten, die mir
gestellt werden – egal, wie peinlich sie sein mögen. »Ich kann in Hörsälen
leider schlecht schlafen. Und wenn man nur zu acht ist, ist es auch mit dem
Lesen nicht weit her. Ich habe also halb zugehört, falls Dr. Vohlman etwas Interessantes
sagen würde. Aber leider –«
»Hatten Sie etwas gegen Frederick Ironsides?«
Mein Mund plappert einfach los, ehe ich etwas dagegen
unternehmen kann: »Ja, Fred war ein Schwachkopf erster Güte. Hat immer blöde
Fragen gestellt und war zu beschränkt, um aus eigenen Fehlern zu lernen. Andere
mussten immer hinter ihm den Schmutz wegräumen, und er vertrat total unqualifizierte
Meinungen, mit denen ich Sie aber nicht langweilen möchte. Er war in dem Kurs
fehl am Platz, und ich habe ihn gedrängt, das Dr. Vohlman zu sagen. Aber er
wollte nicht. So war er – debil bis zum Letzten.«
»Haben Sie Frederick Ironsides getötet?«
»Nicht absichtlich – nein, verdammt noch mal! Er hat
es selbst getan! Der Idiot hat das Schutzfeld kurzgeschlossen. Also habe ich
ihn mit einem Feuerlöscher außer Gefecht gesetzt – allerdings erst, nachdem er
bereits infiltriert war. Es war reine Selbstverteidigung. Aber was passiert
hier eigentlich mit mir? Unter welchem Zauber stehe ich?«
»Keine Interpretationen, Mr. Howard. Bitte nur Fakten.
Haben Sie Frederick Ironsides mit dem Feuerlöscher geschlagen, weil Sie ihn
hassten?«
»Nein, nicht weil ich ihn gehasst habe, sondern weil
ich mir vor Angst fast in die Hose gemacht habe, dass das Ding in seinem Kopf
uns alle umbringen würde. Ich habe ihn nicht gehasst – er war nur ein
schrecklicher Langweiler, aber das ist normalerweise kein Grund, jemanden zu
töten.«
Die Frau zur Rechten des kahlköpfigen Mannes macht
sich eine Notiz. Mein Inquisitor nickt nachdenklich. »Gut, da wäre noch etwas.
Welcher Student war Ihrer Meinung nach am wenigsten für den Kurs geeignet?«
»Ich.« Ehe ich es mir verkneifen kann, platzt es aus
mir heraus: »Ich hätte ihn leiten können.«
Die Wellen rollen ohne Unterlass an den Strand – eine
graue Masse aufgepeitschten Wassers, das mit dem Himmel darüber zu verschmelzen
scheint. Steinchen knirschen unter meinen Schuhsohlen, während ich den
Kiesstrand entlanglaufe, am verfallenen Friedhof vorbei, der auf einem sanften
Hügel über dem Meer liegt. Jedes Jahr holt sich das Meer einen weiteren halben
Meter Festland; Dunwich geht langsam unter, bis das Wasser eines Tages die
Kirchenglocken zum Verstummen bringen wird.
Möwen kreisen über mir und stoßen laute Schreie aus – irgendwie
erinnern sie mich in ihrer Wildheit an tanzende Derwische.
Ich bin zu Fuß hierher gelaufen, um dem Dunstkreis des
Wohnheims, des Unterrichts und der Büros im Dorf zu entkommen, wo in mehreren
zusammengeschusterten Cottages und einem großen früheren Bauernhof die
Einsatzbesprechungen stattfinden. Es gibt keine Straßen, die nach Dunwich
hinein- oder auch wieder herausführen, denn das Verteidigungsministerium hat
bereits 1940 das gesamte Dorf übernommen und es von offiziellen Landkarten und
aus dem Bewusstsein der Norfolker Bevölkerung für immer streichen lassen.
Wanderer werden an zwei Seiten von den dichten, stachligen Hecken abgehalten,
weiter vorzustoßen und die Klippen sichern den Ort von
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