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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Solange ich
verspreche, nie wieder einen Rechner anzufassen und somit etwas zu machen,
womit ich einigermaßen Geld verdienen könnte. Wahrscheinlich würde so ein
Wechsel außerdem ziemliche Probleme nach sich ziehen, Familienprobleme, meine ich. Meine Mutter würde mich vermutlich
ignorieren, während mein Vater mich als nutzlosen Hippie beschimpfen würde. Wie
stolz die beiden doch auf ihren Beamtensohn sind! Meine Karriere hilft ihnen
sozusagen, ihre zerrüttete Ehe beiseite zuschieben und sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen,
denn zumindest haben sie das mit ihrem Sohnemann gut hinbekommen. Zudem bin ich
noch nicht lange genug in der Wäscherei, um schon einen Pensionsanspruch zu
haben. Vermutlich könnte ich den Rest meines Lebens in der Abteilung für
technischen Support verschimmeln oder mich in die Etagen des Managements
hochdienen. Aber ich bilde mir ein, dass das Leben nicht ganz so … öde und
sinnlos sein sollte.
    Die Möwen kreisen weiterhin kreischend über meinem
Kopf.
    Ich höre, wie hinter mir etwas auf den Kies fällt. Sie
werden doch nicht auf die Idee kommen, mich hier zu bombardieren! Ich drehe
mich um und entdecke etwas, das auf den ersten Blick wie ein grünlicher kleiner
Seestern aussieht. Doch bei näherer Betrachtung …
    Langsam stehe ich auf und beuge mich über das Ding. Es
hat tatsächlich die Form eines Seesterns – strahlenförmig und fünfarmig.
Vielleicht ein Fossil, eine Art grünlicher Speckstein. Ich sehe es mir noch
genauer an. Ich weiß, dass nur wenige Hundert Kilometer entfernt an der Küste
der Normandie zahlreiche Kernreaktoren stehen. Ein Windstoß in unsere Richtung
und wir würden einen möglichen radioaktiven Niederschlag voll abkriegen. Aber
dieses Ding hier ist merkwürdiger als es ein Mutant sein sollte. Die einzelnen
Tentakel scheinen an den Spitzen gestutzt zu sein, sodass es eher wie der
Querschnitt durch eine Seegurke aussieht. Es muss sich um ein Exemplar der
Frühzeit handeln, ein lebendes Fossil.
    Ich starre es an, denn es kommt mir auf einmal wie ein
Zeichen vor: ein Lebewesen, das aus seinem natürlichen Umfeld gerissen wurde
und das nun das Schicksal ereilt, an einem fremden Strand in einer fremden Welt
unter den Blicken eines Wesens zu sterben, das ihm völlig unbekannt ist.
Irgendwie erscheint mir das eine passende Metapher für die Menschheit zu sein –
die Menschheit, die wir von der Wäscherei geschworen haben unter dem Einsatz unseres
Lebens zu verteidigen. Das hat schon lange nichts mehr mit den übertriebenen
Ängsten und Sicherheitswahnvorstellungen aus den Zeiten des Kalten Kriegs zu
tun, sondern kann auf einen einzigen Nenner gebracht werden – unserer aller Verwundbarkeit.
Denn sollten sich Kreaturen, die wir uns noch nicht einmal in unseren
schlimmsten Träumen vorstellen können, dazu entschließen, uns anzugreifen – na,
dann aber Gute Nacht! Ein kleines Exemplar von diesen Wesen würde bereits
problemlos eine ganze Stadt dem Erdboden gleichmachen. Wir bewegen uns ständig
im Schatten von Mächten, die so unheimlich sind, dass auch nur ein Augenblick
der Unaufmerksamkeit reichen würde, um die gesamte Menschheit zu vernichten.
    Ich könnte jetzt einfach nach London zurückkehren,
mich wieder an meinen Schreibtisch setzen und meiner bisherigen Aufgabe
nachgehen, kaputte Rechner zum Laufen zu bringen. Es wäre eine Stelle fürs
Leben mitsamt einer satten Pension in dreißig Jahren und dem Versprechen, nie
auch nur ein Sterbenswörtchen über meine Tätigkeit zu verlieren.   Oder ich
kehre ins Dorf zurück und unterschreibe dort ein Papier, das ihnen das Recht
gibt, mit mir machen zu dürfen, was sie für richtig halten. Eine Arbeit ohne
Anerkennung oder Dank, möglicherweise tödlich, irgendwo auf der Welt. Ganz
gleich, wie abstoßend die Aufträge auch sein mögen, ich müsste sie ausführen
und dürfte noch nicht einmal jemandem davon erzählen. Vielleicht würde ich es
gar nicht bis zur Pension schaffen, sondern schon lange vorher in einem
Massengrab, in einer unergründlichen Höhle oder an einem Strand am Pazifik
enden. Die dortigen Krabben würden sich jedenfalls freuen. Und es hat sich
bisher noch nie jemand zum Außendienst gemeldet, weil die Bezahlung oder die Arbeitszeiten
so gut wären …
    Ich betrachte wieder dieses seesternartige Ding und
sehe auf einmal Augen, menschliche Augen, in denen sich Würmer winden.
Plötzlich weiß ich, dass es im Grunde keine Wahl gibt. Dass es diese Wahl nie
gegeben

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