Dämonentor
Beschaffung
des Rohmaterials für die größte Geisterbeschwörung der Geschichte.
Das Ziel des Projekts, welches die Ahnenerbe-SS
Jotunheim nannte, und das alle anderen als die Wannsee-Beschwörung kannten, war
es, ein Tor der Klasse vier zu öffnen – eine große, bidirektionale Brücke in
ein anderes Universum, wo das kommutative Zusammenspiel, also Tore in unsere
Welt zu öffnen, wesentlich einfacher ist. Es sollte eine Brücke sein, die groß
genug ist, um Panzer, Bomber und U-Boote zu transportieren. Wir wissen nicht, was
die Wannsee-Beschwörung genau erzielen sollte, aber die Nazis ließen sich das
Ganze sehr viel kosten. Allerdings war der Zauber noch völlig unausgereift und
überhaupt nicht optimiert. Aber es wäre machbar gewesen. Genügend Apparate und
ein oder zwei Opfer hätten genügt, wenn man die Theorie richtig verstanden
hätte. Sie versuchten das Problem mit brachialer Gewalt anzugehen und
scheiterten. Als die Alliierten endlich etwas bemerkten und die großen
Seelen-Kondensatoren wie den in Peenemünde in Schutt und Asche legten, war es
vorbei. Aber darum geht es jetzt nicht. Sie scheiterten, und die Millionen
Toten, die in den Lagern systematisch umgebracht worden waren, um den
Totenzauber mit Energie zu versorgen, hatten nicht ausgereicht.«
Mo schüttelt es. »Das ist ja fürchterlich.« Sie steht
auf und lehnt sich gegen die Arbeitsplatte. »Ich kann gut verstehen, dass
Hilbert bei einem solchen Projekt nicht kooperieren wollte.«
»Ja, und als die Alliierten das herausfanden, entmilitarisierten
sie Deutschland – zumindest, was den Okkultismus betrifft. Keiner der
Ahnenerbe-SS-Forscher der Abteilung für numerische Mathematik überlebte. Falls
sie den SOE-Todesschwadronen entwischten, dann gab es immer noch das OSS oder
den NKVD. Darum ging es ja im Helsinki-Protokoll: Keiner wollte, dass die
systematische Ausrottung der Zivilbevölkerung ein Teil normaler Kriegsführung
wurde – insbesondere, wenn man die nicht ganz einwandfreien Nebeneffekte der
Waffen, an denen die Ahnenerbe-SS gearbeitet hatte, in Betracht zog. So hätten
zum Beispiel das falsche Vakuum kollabieren oder übermenschliche Außerirdische
Zutritt zu unserem Universum erlangen können. Das sind Folgen, die eine
Atombombe oder atomare Sprengköpfe für Langstreckenraketen wie Kinderspielzeuge
aussehen lassen.«
»Oh.« Mo denkt einen Augenblick lang nach. »Und
deswegen ist das, was mir passiert ist, unmöglich? Ich glaube, langsam verstehe
ich das Ganze … Seltsam, höchst seltsam.«
»Ich fahre am kommenden Montag nach Amsterdam – ich
muss nur noch den Flug buchen«, sage ich langsam. »Wollen Sie mitkommen?«
Ich fühle mich so richtig schlecht. Andy hat mich
davor gewarnt, dass es mir auf der Seele liegen würde. Aber es hilft alles
nichts.
Ich darf Mo nur die halbe Wahrheit über meine Reise
nach Amsterdam erzählen – die Hälfte der Wahrheit, die sie nicht betrifft.
»Das Rijksmuseum verfügt über einen interessanten
Keller«, erzähle ich leichthin. »Normale Bürger haben da keinen Zutritt, es
werden nur Leute rein gelassen, die befugt sind, etwas über das
Helsinki-Protokoll zu erfahren. Die Niederlande gehören zur EUINTEL-Gruppe,
einer Organisation, deren Mitglieder sich bei der Bekämpfung paranormaler
Bedrohungen gegenseitig unterstützen. In die USA darf ich so schnell nicht
wieder einreisen, es sei denn, ich erhalte eine schriftliche Einladung.
Amsterdam aber gehört zur EU. Solange alles seinen offiziellen Weg geht und ich
mit einem Verbindungsmann Kontakt aufnehme, kann ich sogar Verstärkung
beantragen. Und wenn ich diese spezielle Bibliothek benutzen möchte, erhalte ich
Zugang zu den besten Ahnenerbe-SS-Dokumenten außerhalb von Yad Vashem.«
»Tischen Sie mir keinen Blödsinn auf, Bob.« Mo wirft
mir einen finsteren Blick zu. »Sie haben mir gerade eine kleine Vorlesung über
diese Nazi-Nekromanten gehalten. Offenbar nehmen Sie an, dass diese Geschichte
etwas mit den Vorkommnissen in Santa Cruz zu tun haben könnte. Ihre Mitbewohner
haben mir vorgeschwärmt, wie sicher dieses Haus ist, und dass alle
Sicherheitsvorkehrungen erneuert wurden. Wenn Sie also Angst vor etwas haben,
warum bleiben Sie dann nicht einfach hier?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ehrlich gesagt gibt es
noch einen anderen Grund, nach Amsterdam zu fliegen, über den ich aber kein
Wort verlieren darf. Ich kann nur sagen, dass Amsterdam momentan der beste Ort
zu sein scheint, um diese Idioten ausfindig zu machen,
Weitere Kostenlose Bücher