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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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schrille Klingeln des Weckers reißt mich aus dem
Schlaf. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es acht Uhr ist; draußen ist es
noch dunkel. Obwohl mir der Kopf schmerzt und ich bereits heute Nachmittag
einem unbekannten Feind eine Falle stellen muss, fühle ich mich unerklärlich
glücklich.
    Ich ziehe mich rasch an, nehme meine Reisetaschen und
stolpere die Treppe hinunter, wobei ich noch immer laut gähne. Mo sitzt mit
geröteten Augen in der Küche und hält sich an einer Tasse Kaffee fest. Im Flur
steht ein riesiger Rucksack, der bereits zahlreiche Reisespuren aufweist. »Und?
Die Nacht durchgelesen?«, erkundige ich mich. Den ganzen Abend lang, der sich
als sehr schön und ruhig erwies, und in dessen Verlauf wir endlich das
förmliche Sie hinter uns ließen, konnte sie an nichts anderes als Knuths Buch
denken.
    »Hier. Schenk dir ein«, begrüßt sie mich und zeigt auf
die Cafetiere. Sie gähnt. »Das ist alles deine Schuld.« Als ich ihr einen Blick
zuwerfe, grinst sie mich verschmitzt an. »Fertig für die Abfahrt?«
    »Nach dem Kaffee«, antworte ich und nehme mir Milch
und Zucker. Nach einem erneuten ausgiebigen Gähnen lasse ich mir den Kaffee
schmecken. »Aus einem unerfindlichen Grund habe ich heute Morgen keinen
Hunger.«
    »Ich glaube, da müssen wir noch mal hingehen«, entgegnet
Mo. »Als Nächstes versuche ich auch mal den Couscous …« Während sie sich wieder
auf ihren Kaffee stürzt, komme ich zu dem Schluss, dass sie morgens, in Jeans
und ohne Kriegsbemalung, genauso gut aussieht wie am Abend zuvor. Okay, die
roten Augen sind vielleicht nicht ganz der Hit. »Hast du deinen Pass
eingesteckt?«
    »Ja. Und die Tickets. Wollen wir?«
    »Nach dir.«
    Ein paar Stunden später verlassen wir den Flughafen
Schiphol in Amsterdam und setzen uns in einen Zug zur Centraal Station. Dort
müssen wir uns erst mal mit den Straßenbahnlinien auseinandersetzen, um
schließlich an der Rezeption einer kleinen Pension zu stehen, in der jemand ein
Faible für Philosophen zu haben scheint. Im Frühstückszimmer steht auf den
Tischsets Hegels Name, Mo wohnt im Platon-Zimmer im Obergeschoss, während ich
bei Kant im Untergeschoss untergebracht werde. Am frühen Nachmittag machen wir
bereits einen kleinen Spaziergang durch den Vondelpark – auf dunkelgrünem Gras
und unter bedecktem Himmel. Ein kühler Wind weht über die Kanäle hinweg durch
den Park, und ich kann das erste Mal seit Langem tief durchatmen, ohne allzu
viel Smog zu inhalieren. Zudem befinden wir uns außerhalb von Nicks und Alans
Reichweite, die uns von der Haustür in London bis zur Frühstückspension gefolgt
sind; ich vermute, sie gehören zum Überwachungsteam. Allerdings darf ich mir
nicht anmerken lassen, dass ich sie bereits entdeckt habe. Ich muss mich
schließlich an die Spielregeln halten, und sie haben sich bisher noch nicht an
mich gewandt. Mo hat von der Beschattung, soweit ich das einschätzen kann, noch
nichts mitbekommen.
    »Wo ist denn nun dieses Museum?«, will sie wissen.
    »Da drüben.« Ich zeige auf ein neoklassizistisches
Backsteingebäude am einen Endes des Parks, das imposant in den Himmel ragt.
»Wollen wir hin und unsere Pässe abholen? Es sollte eigentlich nicht allzu
lange dauern, vielleicht eine Stunde, und dann können wir uns ums Essen
kümmern.«
    »Schon?«
    »In Amsterdam werden die Bürgersteige schon recht früh
hochgeklappt – abgesehen von Kneipen und Coffee-Shops natürlich«, erkläre ich
ihr. »Lass es dir aber bloß nicht einfallen, in einem Coffee-Shop einen Kaffee
zu bestellen. Die würden dich vermutlich auslachen. Wenn du einen Kaffee
willst, musst du in ein Eethuis. Und was die hier ein Cafe nennen, kennt
man bei uns als Pub. Ganz einfach.«
    »Klar wir Kloßbrühe.« Sie schüttelt den Kopf. »Zum
Glück scheint hier ja jeder Englisch zu sprechen.«
    »Ja, eine Krankheit, unter der viele leiden. Aber
wähne dich nicht allzu sehr in Sicherheit, das hier ist keine Schutzzone der
Wäscherei.«
    Wir gehen an einer mit Grünspan überzogenen Statue
vorbei, während sie sich meine Warnung durch den Kopf gehen lässt. »Du
verfolgst mit dieser Reise also auch noch andere Ziele als ein bloßer Rechercheaufenthalt?«
    Mir wird auf einmal eiskalt. »Ja«, gebe ich zu. Vor
diesem Moment graut mir schon seit Langem.
    »Na ja.« Überraschenderweise streckt sie ihre Hand aus
und nimmt die meine. »Ich vermute, du bist auf alles bestens vorbereitet,
oder?«
    »Äh … Ja. Selbstverständlich! Mir ist von

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