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Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Titel: Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schleich
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ein bisschen wie unser Innenminister Herrmann, der sich in einem BR-Interview noch 2011 völlig überrascht darüber gezeigt hat, dass die Verbindungen der Nazi-Terroristen vom Nationalsozialistischen Untergrund »bis nach Bayern hineinreichen«?
    Und was ist das überhaupt: Bayern? Besteht es wirklich nur aus kurze Wichs tragenden, leberkäsfressenden Wurzelseppen mit dem BMW-Schlüssel in der Joppentasche, der Blasmusik-Compilation im CD-Spieler und der Bier-Rülps-App auf dem iPhone? Oder aus Gretelzöpfe tragenden, in knallenge und quietschbunte Dirndlgewänder gepressten Trachtenpuppen, die losjodeln, wenn sie einer der Wurzelseppen in den drallen Hintern kneift? Wie wurzelig sind die Wurzelseppen in Franken, Schwaben, der Oberpfalz? Wurzelt es sich da jeweils anders? Und wenn wir Bayern schon überall in der restlichen Bundesrepublik dieses seltsame Fremdheitsgefühl mit uns herumschleppen und von der dortigen Bevölkerung pflichtschuldigst widergespiegelt bekommen, sollten wir da nicht auch einmal unser eigenes Heimatland bereisen und einen Blick aus quasi fremden Augen auf diese weiß-blaue Insel der Seligen werfen?
    Vielleicht, so fragen wir uns in diesem Taxi, das die Franz-Josef-Strauß-Allee inzwischen längst hinter sich gelassen hat und nun auf unser Hotel zusteuert, vielleicht sollten wir miteinander ein Buch schreiben. Über Bayern, und ob und vor allem, wie man sich im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als Eingeborener dieses seltsamen Freistaats fühlt. In einer Zeit, in der einem nicht nur im Fernsehen beinahe täglich versichert wird, dass »Dahoam« »Dahoam« sei, sollte man sich vielleicht einmal fragen, wie daheim man sich in diesem »Dahoam« noch fühlen kann.
    Aus diesen Überlegungen ist das vorliegende Buch entstanden.
    Wir hoffen, Sie haben beim Lesen ebenso viel Spaß wie wir beim Reisen, Recherchieren, Herumblödeln und Schreiben.

München – Daheim in der Hauptstadt der Schnösel
    Eine Fußreise ins Herz der Finsternis
    »Die Macht der Tracht« steht in großen Lettern über einem bizarr dekorierten Schaufenster, dessen Blickfang die gerahmte Fotografie eines in einen peinlichen Landhausfummel gekleideten Thomas Gottschalk ist. Nicht weit entfernt ein mediterran angehauchtes Einrichtungsgeschäft, ein südfranzösischer Weinladen, ein »4beiner« genannter Feinkostladen für Haustiere, der ab 70 Euro Bestellwert frei Haus liefert, ein Spezialbüro für Asienreisen, ein auf Hochglanz gestyltes Blumengeschäft. Alles, was der Neuschwabinger so braucht.
    Stadtgeografie in Schwabing-West – wollte man einen Atlas der Verschnöselung kartieren, wäre man hier genau richtig. Wie heißen hier heute die Bäckereien? Nicht mehr Tumblinger oder Seidl, sondern »Douceurs de France« oder »Backspielhaus«, aber hier hockt auch da, wo früher jahrzehntelang ein türkischer Supermarkt war, seit ein paar Monaten ein geschniegelter Friseur- und Beautysalon mit stylish nachgemachten griechischen Statuen im Schaufenster. Der türkische Supermarkt wurde in eine jener Seitenstraßen abgedrängt, die es gottlob noch gibt und in denen man nach längerer Suche auch noch soziale Biotope wie die letzten Bierstüberl oder einen »Schlürfi«-Getränkemarkt findet, der mit seinem wie die Ausstellungsvitrine eines Wein- und Schnapsflaschenmuseums anmutenden Schaufenster jederzeit der BR-Serie Spezlwirtschaft als Drehort hätte dienen können.

    Trachtler 21
    Vor zehn Minuten sind wir aufgebrochen in der Nähe des Luitpoldparks, wo wir beide wohnen, und durchqueren auf dem Weg in die Innenstadt unser heimatliches Schwabing-West. Ein Viertel, entstanden vor über hundert Jahren, als in der Gründerzeit die erste Welle der Gentrifizierung über Schwabing hinweggerollt ist. Mit Häusern, die an Schiffe oder aufeinandergestapelte Ritterburgen erinnern und deren Architekten über das Ganze noch einen Sack voller Steingesichter, Engelsputten, Wilde Männer und Jugendstilornamente gekippt haben. Dazwischen die architektonischen Plattitüden der frühen Nachkriegszeit. Eines der eher stilvolleren Exemplare dieser Gattung ist das Haus Savoy mit seinem schwungvollen 50er-Jahre-Schriftzug, der heute seltsamerweise irgendwie altertümlicher wirkt als die überbordenden Dekorationen an den Gründerzeitpalästen ringsum. Das Savoy ist in die Annalen des Viertels eingegangen als Münchens erstes Appartementhaus: 1949 von einer schillernden Figur namens Adi Vogel auf den Trümmern eines zerbombten Wohnhauses erbaut,

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