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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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selbst«, sagt er. »Über Leben und Tod. Liest du Hemingway?«
    »Nein …«
    »Das solltest du tun«, sagt er.
    Der Drink ist stark, und sie schüttelt sich, kreuzt die Beine und kuschelt sich in ihre Sofaecke. Er folgt nicht sofort nach. Aber jetzt weiß sie, dass das Haus leer ist und dass niemand mehr kommen wird.
    »Prost«, sagt er und füllt sein Glas nach. »Sei doch nicht so ängstlich«, sagt er dann.
    »Ich hab keine Angst«, sagt sie. Und das stimmt, das hat sie nicht. Außerdem ist er ja lieb und kann wohl nichts dafür, dass er sich so dumm benimmt. Er weiß es wohl nicht besser.
    Er legt eine andere Platte auf und sagt, dass sie genau zuhören soll, das sei jetzt Charlie Parker. Sie versucht, sich auf die Musik zu konzentrieren, aber sie erkennt keine Melodie und findet es nur laut.
    »Achte auf das Solo, das jetzt kommt«, sagt er.
    Er setzt sich neben sie und legt den Arm um sie. Sie lässt ihn gewähren, sie hat keine Angst.
    Er tut so, als wäre er ganz entrückt von der Musik.
    Aber er beginnt, an ihrem Rücken zu fingern, sie fühlt seine Hand durch die Bluse.
    Mein Fehler, denkt sie. Ich hätte überhaupt nicht mit ihm ausgehen sollen.
    Er kommt jetzt noch näher, und als er sich über sie beugt und sie küssen will, lässt sie ihn gewähren. Aber als er anfängt, ihr die Bluse aufzuknöpfen, schiebt sie seine Hand fort.
    »Du kannst bis morgen bleiben«, sagt er.
    »Nein«, sagt sie.
    »Warum nicht«, fragt er, und sie merkt, dass er leicht beschwipst ist.
    »Ich will nicht«, antwortet sie.
    Dann küsst er sie wieder.
    »Mach keinen Knutschfleck«, sagt sie, als er sie auf den Hals küsst.
    Als er wieder anfängt, ihr die Bluse aufzuknöpfen, stößt sie ihn zur Seite.
    »Warum machst du das?«, fragt er.
    »Weil ich das nicht will«, antwortet sie.
    »Denkst du so schlecht von mir?«, fragt er.
    »Ich kenne dich nicht«, antwortet sie.
    Dann sitzen sie still und hören der Musik zu. Als die Platte kurz darauf zu Ende ist, wirft er sich plötzlich über sie. Sie rutschen auf den Boden, er bleibt auf ihr liegen und presst ihre Beine auseinander. Das geht so schnell, dass sie es nicht schafft, sich zu wehren, aber als sie seine Hand auf ihrem Unterleib spürt, reagiert sie, als ob sie sich verbrannt hätte. Sie befreit einen Arm und schlägt ihm ins Gesicht.
    Sie reißt sich los und bringt ihre Kleider in Ordnung. »Wofür hältst du mich eigentlich«, sagt sie wütend, als ob sie geschlagen worden wäre.
    Obwohl der Raum im Halbdunkel liegt, kann sie sehen,dass seine Wange rot ist. Er steht auf und setzt sich aufs Sofa. »Für eine Rockerbraut«, sagt er.
    »Mit der man machen kann, was man will?«, antwortet sie, als sie auf dem Boden steht und ihre Kleider richtet.
    »Hau ab«, sagt er. »Fahr zur Hölle.«
    Die Stimme zittert, voller Verachtung und Unsicherheit.
    »Wann kommen die anderen?«, fragt sie höhnisch. Sie hat keine Angst vor ihm, obwohl das Haus groß ist und er ein eigenes Auto und jede Menge Geld hat.
    »Hau ab«, sagt er wieder und steht auf. »Raus hier!«
    »Ja«, sagt sie.
    Sie zieht den Mantel an, und das Letzte, was sie hört, ist, dass er die Platte wieder aufgelegt hat. Ob es dieselbe Seite ist oder ob er sie umgedreht hat, kann sie nicht sagen.
    Sie muss fast eine Stunde warten, bis ein Bus kommt. Was für ein Scheiß, denkt sie, was für ein richtiger Prachtscheiß. Sind die alle so? Jeder von ihnen?
    Einen kurzen Augenblick wird sie unruhig wegen des Mietvertrags. Aber nein, er berichtet wohl kaum zu Hause, dass er ein Mädchen, das bei Konstsilke arbeitet, zu Besuch hatte.
    Was für ein Scheiß, denkt sie wieder. Stell dir vor, mit so einem zu leben …
    Liisa klingt nicht so, als ob sie interessiert wäre, aber Eivor berichtet trotzdem, lässt keine Einzelheit aus, erwähnt das Zimmer, in dem nur Blumen waren, und wie er sich auf sie geworfen hat.
    »Da siehst du’s«, sagt Liisa. »Was hab ich gesagt?«
    »Du hast gar nichts gesagt«, antwortet Eivor.
    Die Frühstückspause ist zu Ende, sie haben viel zu tun, und heute scheint nur schlechtes Garn aus der Spinnerei zu kommen. Fängt der Tag so an, wird er selten besser.
    So einfach ist das.
    Als Elna an einem Dienstagabend nach Borås kommt, ist Eivor am Bahnhof, um sie abzuholen. Es wird ein frohes Wiedersehen. Sie machen sich sofort auf den Weg in Eivors neue Wohnung, wechseln sich ab, Elnas Koffer zu tragen.
    »Wie lange bleibst du?«, fragt Eivor, als sie über den Marktplatz gehen und Elna einen Blick auf

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