Daisy Sisters
den großen Springbrunnen wirft.
»Die ganze Woche über«, antwortet Elna.
»Ist alles in Ordnung zu Hause?«, fragt Eivor.
»Erik lässt grüßen«, sagt Elna.
Und so gehen sie weiter durch die Stadt, Mutter und Tochter, und Eivor kann nicht anders, als zufrieden zu sein, als sie zufällig mit einem ihrer Arbeitskollegen in der Stengärdsgata zusammentreffen. Sie nicken sich zu.
»Wer war das?«, fragt Elna.
»Einer von der Arbeit«, antwortet Eivor.
»Wie heißt er denn?«
»Weiß nicht«, antwortet Eivor. »Es sind so viele, die da arbeiten.«
»Da weißt du nicht einmal, wie sie heißen?«
»Wir sind jetzt da«, sagt Eivor.
Jetzt, wo sie zusammen mit ihrer Mutter da steht, sieht sie, wie vernachlässigt das Haus ist. Sie kann es nicht lassen, an die weiße Villa in Brämhult zu denken, an die Hauseigentümerin Frau Fåhreus, die sie immer noch nicht gesehen hat.
»Hier?«, fragt Elna und verbirgt nicht, dass sie enttäuscht ist.
»Innen ist es etwas besser«, sagt Eivor.
»Das hoffe ich.«
Elna geht in der kleinen Wohnung herum, ohne ein Wort zu sagen. Die Möbel, die Eivor mit Liisas Hilfe und der ihres finnischen Freundes hergeschafft hat, sehen nicht besonders gut aus. Sie hat auf einer Versteigerung fast nichts dafür bezahlt.Bett, durchgesessenes Sofa, Teakholztisch, Stehlampe, Küchenstühle, ein blau gestrichener Küchentisch, in den jemand einen Teufelskopf geritzt hat. Eivor setzt sich auf das Sofa und lässt Elna herumgehen. Sie denkt an Anders’ Katze, als sie zum ersten Mal in ihre Wohnung in Hallsberg kam, wie sie sich vorsichtig vorwärtsschnupperte, Meter für Meter.
»Wie geht es der Katze?«, ruft sie Elna zu, die in der Küche und nicht zu sehen ist.
»Der geht’s gut. Wieso?«
»Ich frag bloß.«
Elna kommt aus der Küche, und sie wirkt zufrieden. Der gespannte, misstrauische Zug um den Mund ist verschwunden. Sie setzt sich auf einen der Küchenstühle neben dem Kachelofen.
»Ich bin hier mitten in der Stadt«, sagt Eivor. »Wie ich geschrieben habe. Es dauert nur sieben Minuten zur Arbeit. Wenn ich mich beeile.«
»Was hast du für Nachbarn?«, fragt Elna.
Eivor hat keine Ahnung, sie wohnt ja erst ein paar Tage hier.
»Das sind ganz gewöhnliche Leute, nehme ich an.«
»Alle sind wohl gewöhnlich«, sagt Elna.
»Nicht in so einer großen Stadt wie hier«, antwortet Eivor.
Elna sieht sie an, verwundert, fragt aber nicht nach.
»Womit soll ich dir helfen?«, sagt sie stattdessen.
Eivor zeigt ihr das gelbe Mietbuch. Auf der Seite für Besondere Vereinbarungen steht mit schwarzer Tinte geschrieben, dass sie das Recht hat, auf eigene Kosten zu tapezieren oder zu streichen.
»Die Küche«, sagt sie. »Die sieht schrecklich aus. Wenn wir die streichen könnten. Und dann brauche ich Gardinen.«
»Gardinenstoff ist teuer«, sagt Elna.
»Nicht in einer Textilstadt«, antwortet Eivor. »Es gibt ganz billige Stoffgeschäfte.«
Elna findet auch, dass die Küche trist aussieht.
»Weiß«, sagt Eivor.
»Blau«, sagt Elna.
»Küchen müssen weiß sein«, beharrt Eivor.
»Hier wäre blau besser«, sagt Elna. »Meerblau.«
»Mutter, das ist meine Küche. Und ich will sie weiß haben!«
Sie sprechen nicht weiter darüber. Eivor macht das Essen, und am Abend spazieren sie durchs Zentrum, und Eivor führt sie zur Konstsilke-Fabrik, wo Rauch aus den Schornsteinen quillt.
»Gefällt es dir?«, fragt Elna.
»Geht so«, antwortet Eivor. »Aber ich werde es bei Algots versuchen, sobald ich alles in Ordnung gebracht habe. Ich bin ja schließlich Schneiderin.«
»Jenny Andersson fand ja auch, dass du tüchtig bist«, sagt Elna.
Da ist etwas Zweideutiges in ihrer Antwort, ohne dass Eivor richtig versteht, was. Meint sie, dass Jenny Anderssons positive Beurteilung nichts zu bedeuten hat, wenn sie sich Arbeit bei Algots sucht? Gute Näherinnen werden wohl auch dort gesucht …
Am Abend fragt Eivor wieder danach, wie es in Hallsberg geht, aber Elna hat nicht viel zu erzählen. Alles ist sich gleich geblieben. Es ist fast so, als wäre es ihr peinlich, dass es so wenig Neues gibt, sie bekommt ihren dunklen Zug um die Augen.
»Aber dafür habe ich etwas von Großvater gehört«, sagt sie. »Es geht ihm schlecht mit seinen Beinen. Er kann vielleicht nicht bis zur Pensionierung arbeiten.«
»Was hat er eigentlich an den Beinen?«
»Er hat Gefäßkrämpfe. Und einen Bruch.«
»Kann man da nichts machen?«
»Er ist wohl so ausgelaugt nach all den Jahren im Werk, dass kaum Hoffnung
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