Daisy Sisters
ist, der nicht daran denkt, aufzugeben, jemand, der weiß, dass sie zu Hause ist. Sie öffnet, und im Treppenhaus steht Lasse Nyman in gebügeltem Anzug und blauem Schlips, der hinter einem dunkelroten Halstuch hervorschimmert. Sie erkennt ihn kaum wieder nach seinem nächtlichen Besuch vor einem Monat.
»Nur eine Viertelstunde«, sagt er. »Dann kannst du mich rauswerfen.«
»Das hast du beim letzten Mal auch gesagt«, antwortet sie.
»Aber da warst du es, die mich eingeladen hat, auf dem Sofa zu schlafen!«
»Was willst du?«, fragt sie, ihre Stimme klingt abweisend. Sie muss doch ihre Ruhe haben, und am allerwenigsten wünscht sie sich Besuch von Schatten aus der Vergangenheit.
»Fünfzehn Minuten«, sagt er. »Nicht mehr.«
Sie lässt ihn herein. Er zieht seinen Mantel aus und hängt ihn auf einen Bügel. Sie steht da und schaut ihn an und fragt sich, wann er sich angewöhnt hat, Bügel zu benutzen.
»Setz dich«, sagt er.
»Was willst du?«, fragt sie wieder.
»Das sollst du hören. Wenn du dich gesetzt hast.«
Diesmal scheint er die Viertelstunde wirklich wörtlich zu meinen. Er spricht schnell und bestimmt, als ob er es eilig hätte. Er nimmt etwas aus seiner Anzugtasche. »Siehst du, was das hier ist?«, fragt er.
»Ein Ball?«
»Ein Golfball. Gekauft bei deinem Exmann in Borås …Nein, unterbrich mich nicht! Ich werde es erklären. Ich habe eine Viertelstunde. Richtig?«
Und dann beschreibt er, wie er in das Sportgeschäft in Borås gegangen ist, in dem Jacob inzwischen zum Geschäftsführer avanciert ist. Er ist in dem Geschäft herumgegangen und hat gewartet, bis Jacob sich nach ihm umgesehen hat, und dann hat er diesen Golfball von ihm gekauft. Aber noch wichtiger ist, dass er über Weihnachten geredet hat mit diesem Geschäftsführer, darüber, was für einen elfjährigen Jungen und ein zehnjähriges Mädchen geeignet sein könnte, und der Geschäftsführer hat gelacht und gesagt, dass er zwei Kinder in diesem Alter habe. Da hat Lasse Nyman geseufzt und gesagt: Es sei doch traurig, geschieden zu sein und seine Kinder kaum sehen zu können. Aber der Geschäftsführer meinte, dass er es gut habe, weil er seine Kinder dieses Weihnachten zehn ganze Tage bei sich haben wird. Und Lasse Nyman konnte von dannen gehen mit der Information, die er haben wollte – zum Preis eines Golfballs.
»So bin ich nun mal«, sagt er. »Daran kann keiner was ändern. Ich beschaffe mir Informationen auf meine Weise. Aber bevor du mich rauswirfst, kannst du dir vielleicht noch anhören, warum ich das gemacht habe.«
Eivor muss sich widerwillig eingestehen, dass sie fasziniert ist von seinen seltsamen Irrfahrten am Rande ihres Lebens.
»Ich lade dich ein zu einer Reise in den Süden«, sagt er. »Eine Woche in der Wärme. Ich komme für alle Kosten auf. Du bekommst alles, was du willst. Das beste Hotel … Und natürlich ein eigenes Zimmer. Es ist nicht so, dass … Wir reisen morgen früh und sind in einer Woche wieder zurück. Einen Pass hast du doch?«
Sie nickt verwirrt. Ja, doch, einen Pass hat sie.
Er nimmt einen Reisebüro-Umschlag aus der Innentasche des Anzugs und breitet die Flugtickets und verschiedeneReiseunterlagen auf dem Tisch aus. Kofferaufkleber, Versicherungsbrief …
»Das Flugzeug geht um sieben Uhr morgen früh von Torslanda. Nach Madeira. Ich bin nie dort gewesen, aber ich fand, das klang etwas netter als die Kanarischen Inseln … Sieben Uhr morgen früh, und wir sind am 1. Januar um elf Uhr abends zurück. Und sollte es irgendwelche Probleme geben, so werde ich ein normales Flugticket nach Hause für dich bezahlen …«
»Du bist nicht gescheit«, sagt sie. »Ich soll morgen früh nach Madeira reisen? Wir sollen dahin reisen? Du und ich?«
Er nickt. »Genau das«, sagt er. »Wir reisen zusammen, wohnen aber jeder für sich. Und wenn du mich da unten nicht sehen willst, so verspreche ich, mich zurückzuhalten.«
Ungläubig schaut sie auf die Flugtickets, die auf dem Tisch liegen. Auf einem davon steht ihr Name.
Er sitzt also hier und meint es ernst!
»Du hast wohl den Verstand verloren«, sagt sie.
»Das ist ein Weihnachtsgeschenk«, sagt er geduldig. »Ich meine jedes Wort, das ich gesagt habe …«
Plötzlich wird sie zornig. Das geht so schnell, dass sie selbst verwirrt ist. Es passiert nicht oft, dass sie die Fassung verliert, aber jetzt wird sie zornig, richtig wütend. Was, zum Teufel, bildet er sich eigentlich ein? Vor sechzehn Jahren hat er sie auf eine wahnsinnige Reise
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