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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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scheint es wirklich so zu sein, dass die Hoffnung auf eine Frau das Letzte ist, was ein Mann aufgibt, selbst wenn er siebzig ist. Aber Tatsache ist, dass er einen Ständer hat und sich flüchtig fragt, ob es vielleicht doch eine Möglichkeit gibt …
    Als sie ihm nun so nah ist, bemerkt er, dass sie womöglich noch stattlicher ist als aus der Ferne. Sie strahlt eine unverhohlene Üppigkeit aus und streichelt die Katze raffiniert und bestimmt.
    »Eivor«, sagt sie wieder. »Ich dachte, ich hätte sie hier hereingehen sehen.«
    Also ist sie das, die da drin bei Lasse Nyman kichert. Plötzlich wird Anders unruhig, aber auch zornig. Unruhig darüber, was dieser Gangster wohl treibt, und zornig darüber, dass er sich der Nachbarn bedient, ohne um Erlaubnis zu fragen. Er sieht ein, dass er kaum etwas daran hätte ändern können, und er hat dem Ausbrecher ja selbst geraten,sich hinter einem normalen Benehmen zu verstecken. Aber was weiß er darüber, was normal für Lasse Nyman ist? Von dunklen Waldwegen und Rücksitzen in Autos hat er gesprochen. Aber das war wohl hauptsächlich Wichtigtuerei. Nein, der Teufel weiß, was er da wohl treibt.
    Er muss antworten. Aber statt etwas zu sagen, steht er schwankend auf, geht in den Flur und öffnet die Tür zur Kammer, ohne zu klopfen. Man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen, ohne Umwege, denkt er. Wenn es denn irgendeine Wahrheit gibt. Und wenn er nur sicher wäre, dass sie erträglich ist.
    Eivor und Lasse sitzen da und spielen Karten. Sie schauen auf. Lasse Nyman sieht fast beleidigt darüber aus, dass er gestört worden ist.
    »Hej«, sagt Eivor freundlich.
    Anders steht düster in der Tür, ist aber erleichtert darüber, dass nichts Schlimmeres passiert ist.
    »Deine Mama ist da«, sagt er. »Sie wartet in der Küche.«
    Eivor zieht ein Gesicht, zögert und wirft dann demonstrativ die Karten von sich. Sie steht auf und geht an Anders vorbei in die Küche. »Was ist los?«, fragt sie ihre Mama.
    »Ich wollte nur wissen, ob du hier bist.«
    »Jetzt weißt du, dass ich hier bin.«
    Das ist alles. Dann geht sie zurück in die Kammer, hebt ihre Karten auf, und Lasse Nyman sieht Anders auffordernd an. Die Aufforderung ist deutlich, die Tür soll geschlossen werden.
    Anders geht zurück in die Küche. »Ich habe einen Cousin zu Besuch«, sagt er. »Sie sind gleichaltrig. Ich hätte nicht gedacht, dass die jungen Leute heutzutage noch Karten spielen.«
    Soll er Kaffee kochen? Er kann sie wohl kaum zu Rotwein einladen. Und noch weniger zu einem Schnaps.
    Er weiß überhaupt nicht, was er tun soll, und wünscht plötzlich, dass er alleine wäre. Als sie nichts sagt, fragt er, ob sie aus Gävle komme.
    »Hört man das?«, fragt sie errötend.
    »Ja.«
    »Aber es stimmt nicht.«
    »Ganz aus der Nähe dann?«
    »Sandviken.«
    Ist er jemals in Sandviken aufgetreten? Ja, bestimmt, ohne dass er sich so aus dem Stegreif daran erinnern kann. Vermutlich ist es leichter für ihn, sich daran zu erinnern, wo er nicht gewesen ist.
    »Ich bin gleich nach dem Krieg hierhergezogen«, sagt sie. »Als ich nach Skåne fuhr, um eine Freundin zu besuchen, habe ich meinen Mann kennengelernt. Wir saßen einander im Abteil gegenüber und kamen ins Gespräch. Und so ist es gekommen.«
    Bevor sie fortfahren kann, wird die Tür zur Kammer aufgerissen, und Eivor kommt in die Küche. Plötzlich sieht Anders, dass das Mädchen dabei ist, zu einem Ebenbild der Mutter heranzuwachsen.
    Eivor ist wütend. Als sie den Mund öffnet, spricht sie so heftig, dass sie sich fast verhaspelt. »Warum bist du noch hier? Warum gehst du nicht nach Hause?«
    Elna beherrscht sich, Anders kann nicht sagen, ob es ihr schwerfällt.
    »Ich unterhalte mich mit Anders.«
    »Du spionierst mir nach.«
    »Nein, das tu ich nicht. Aber darf ich ihn nicht besuchen, wenn du hier bist?«
    »Nein, das darfst du nicht.«
    Eivor dreht sich um und schlägt die Tür hinter sich zu. Aber jetzt ist sie zu weit gegangen.
    Elna steht so plötzlich auf, dass die Katze davonspringt und verschreckt hinter dem Herd verschwindet. Elna reißt die Tür zur Kammer auf, geht direkt hinein und streckt Lasse Nyman die Hand hin. »Ich heiße Elna«, sagt sie.
    »Lasse Nyman.«
    Eivor wirft das Kartenspiel auf den Boden und schreit. »Verdammt! Teufelsweib!«
    »So nennst du mich nicht! Dass du es nur weißt!«
    Anders hört alles.
    Genauso wie Lasse Nyman. Normalerweise ist er nicht beunruhigt, wenn Leute sich anbrüllen, daran ist er gewöhnt. Aber wenn diese Mutter

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