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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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missgelaunt seinen Kollegen, der mit verquollenen Augen das sich auf dem Schreibtisch auftürmende Aktenkonvolut durchblätterte.
    »Du bist ziemlich überfällig heute, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf«, begrüßte ihn Walz, ohne von seiner Arbeit aufzuschauen. »Vor Kurzem hätte ich noch gemutmaßt, dass es gestern wohl ziemlich spät geworden ist, und mir eine unterhaltsame Geschichte erwartet, doch ich denke, damit kannst du heute nicht dienen … hat’s Hunderl vielleicht Verstopfung?«
    »Bitte, lieber Walz, nicht du auch noch. Mir haben heute Morgen schon Hund, Frau und Tochter gereicht – wenn du jetzt auch noch anfängst, dann melde ich mich auf der Stelle krank. Mir ist eh schon schlecht«, antwortete Vogel wehleidig, während er seine Hand auf den Magen legte.
    Müde schaute Walz seinen Kollegen an.
    »Mir auch, wenn ich diesen Berg vor mir sehe. Zur Stimmungsaufhellung kann ich dir eine schwere Körperverletzung und einen bewaffneten Überfall anbieten, zudem eine Sammelanzeige gegen den Fiedler wegen Versicherungsbetrugs. Such dir was Passendes aus, das wird dich bestimmt auf andere Gedanken bringen.«
    »Wenn ich dich so anschaue, könnte mich womöglich der Gedanke streifen, dass wenigstens du eine ereignisreiche Nacht hinter dir hast, doch deine Laune belehrt mich eines Besseren. Das sieht mir mehr nach Frustsaufen aus.«
    »Nicht wirklich, lieber Kajetan, allerdings haben sich die Konditionen am gestrigen Abend grundlegend verändert, und das musste erst einmal verarbeitet werden«, antwortete Walz schon ein wenig heiterer.
    »Wie soll ich das verstehen? Bist du vielleicht zusammen mit Elisabeth ins Konzert gegangen, in dem dich die Stimme des Kastraten dermaßen begeisterte, dass du hernach mit ihm durchgebrannt bist? Muss ich mich jetzt auf ein spektakuläres Outing gefasst machen?«
    »So arg ist es nicht, aber dennoch muss ich dir ein Geständnis machen. Gestern Abend habe ich mir erlaubt, einen Blick in dein ureigenstes Interessensgebiet zu werfen, und ich muss sagen, schwarzhaarig ist gar nicht schlecht …«
    Überrascht musterte Vogel seinen Kollegen.
    »Lange genug hast du gebraucht – dunkelbraune Brustwarzen etwa auch noch?«
    »Ich nehme an, aber so weit bin ich noch nicht in die mir doch noch ungewohnte Materie vorgedrungen.«
    »Jetzt einmal ganz langsam … Du bist also mit einer blonden …«
    »… rotblonden«, verbesserte Walz.
    »… also meinetwegen rotblonden Herzensdame namens Elisabeth ins Konzert gegangen und die hat sich während eines Konzerts in eine schwarzhaarige Nymphe mit dunkelbraunen Brustwarzen verwandelt? Spielen die das heute auch noch? Da muss ich hin!«
    »So ähnlich ist es gewesen, nur, dass sie jetzt nicht mehr Elisabeth heißt, sondern Clara und aus dem längsten Land der Erde kommt …«
    »Du wirst dich doch nicht in eine Eskimofrau verliebt haben?«
    Belehrend hob Walz den Finger.
    »Also, politisch korrekt ausgedrückt, wäre sie dann eine Inuit. Da jedoch deine geographischen Kenntnisse derart mangelhaft sind, kann ich wohl nicht von dir erwarten, dass du das weißt. Ein weiterer Tipp: In welchem Staat der Erde haben die schwarzhaarigen Frauen zuweilen grüngelbe Augen?«
    »Und dunkelbraune Brustwarzen? Im Garten Eden vielleicht? O du mein Walz, hast du etwa das legendäre Atlantis gefunden?«
    Vogels Stimmung besserte sich zusehends.
    »Lass dich überraschen … Wenn alles gut geht, wirst du sie auch einmal kennen lernen … Doch jetzt habe ich in erster Linie Kopfschmerzen …«
    »Da bin ich ja wirklich gespannt. Gegen deine Kopfschmerzen habe ich allerdings etwas. Das beste Rezept gegen Übelkeiten solcher Art ist die Arbeit, pflegte meine unendlich weise Großmutter immer zu sagen …«
    Walz räusperte sich kurz.
    »Wie du ganz richtig bemerkt hast, bin ich heute eh nicht so gut drauf, also bitte ich dich um großzügigen Dispens von der täglichen Fron. Da dir in der Vernehmung widerspenstiger Delinquenten ohnehin niemand das Wasser reichen kann, habe ich mir gedacht, mich derweil ins Internet zu begeben, um nachzuschauen, ob unser profilierungssüchtiger Fotograf nicht auch dort seine Spuren hinterlassen hat. Zudem gelobe ich, den Fiedler vorladen zu lassen.«
    »Das ist für sich gesehen eine sehr hübsche Idee, nur der Zeitpunkt deines Entschlusses bereitet mir Verdruss, weiß ich doch aus jahrelanger Zusammenarbeit mit dir, dass du dich eigentlich nur vor den Verhören drücken willst!«
    Beschwichtigend legte Walz seine Rechte

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