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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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aus seinem Leben zum Besten zu geben, als Walz an den Tisch zurückkehrte. Er fühlte mit einem Mal, dass er in dieser Gesellschaft völlig deplatziert war und auch von den anderen wahrscheinlich als Fremdkörper angesehen wurde.
    Doch eine Übelkeit vorzuschützen und sich zurückzuziehen, das wollte er auch nicht, wie hätte er dann ein weiteres Treffen mit Clara arrangieren sollen? Angesichts dieser Vollfrau war sein bisheriges Interesse an Elisabeth mit einem Male völlig erloschen.
    Sich diesem Umstand fügend, nahm er wieder Platz und beobachtete heimlich Clara, die aufmerksam den Ausführungen Rosts lauschte. Als die Chilenin dies bemerkte, lächelte sie ihn auf ein solch reizende Art an, dass Walz seinen ganzen Ärger hinunterschluckte und sich derweilen überlegte, wie er es wohl am besten anstellen könnte, dass sie mit ihm nach Beendigung dieses Essens noch auf einen Drink ins »Barfly’s« ginge, das praktischerweise unweit seiner Wohnung gelegen war.
    Solchermaßen in Gedanken versunken und nur zuweilen durch zufällige Berührungen den Körperkontakt Claras suchend, den sie ein- oder zweimal, wie es ihm schien, sogar erwiderte, interessierte er sich nicht weiter für den Verlauf des Gesprächs, das von Rost und den mit ihm zusammenhängenden Themen dominiert wurde.
    Er genoss sein Essen und schwieg.
    Nach dem Kaffee und der Rechnung, – trotz allgemeiner Proteste hatte Rost die Kosten übernommen, – fragte der Sänger, ob sie nicht noch irgendwohin gehen sollten, was jedoch beide Damen, und in deren Folge auch Walz, mit dem Verweis auf einen arbeitsreichen folgenden Tag ablehnten.
    Da der Inspektor als einziger mit dem Auto gekommen war, dieses »leider« aber nur über zwei Sitze verfügte, konnte er lediglich eine Person nach Hause fahren. Es ergab sich geradezu von selbst, dass Clara die Auserwählte war, da Rost und Elisabeth in demselben Bezirk wohnten und daher ein gemeinsames Taxi benutzen konnten.
     
    Als sie in Walzens Auto Platz genommen hatten, fragte er seine Begleiterin vorsichtig, ob sie nicht noch einen Absacker in einer Bar nehmen sollten, was Clara jedoch mit Verweis auf ihren morgigen Arbeitstag entschieden verneinte.
    Die kurze Fahrt zu ihrer Wohnung verlief weitgehend schweigend, was eigentlich in Widerspruch zu der Atmosphäre stand, die zwischen ihnen während des Abendessens geherrscht hatte.
    Es schien fast so, als wollte Walz die Vieldeutigkeit der Blicke nicht durch überflüssiges Gerede zerstören.
    Und er tat gut daran, denn zum Abschied wurde er dafür mit einem kurzen Kuss und einer Visitenkarte belohnt.

6. Kapitel (Mittwoch)
     
    Am nächsten Morgen waren unsere beiden Inspektoren ausgesprochen schlechter Laune.
    Wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen.
    Da sich der Abend und insbesondere dessen Ausklang auf Walz ausgesprochen belebend ausgewirkt hatte, kam ihm der Stapel zu bügelnder Hemden gerade recht, deren Plättung ihm dabei half, die emotionale Achterbahnfahrt der vorangegangenen Stunden genussvoll Revue passieren zu lassen. Weil eine solch anstrengende Arbeit aber keinesfalls ohne geistigen Beistand vollbracht werden kann, musste eine Flasche des köstlichen südsteirischen Sauvignon blanc seines bevorzugten Winzers herhalten. Obwohl dieser Wein bei Walz üblicherweise keine schlimmen Folgen zeitigte, hatte seinem Organismus die Vermischung mit dem zuvor reichlich genossenen Bier nicht behagt.
    Vogel hingegen kam deshalb zu spät ins Büro, weil seine Emily, kaum hatte er sie beim Morgenspaziergang von ihrer Leine befreit, davon gelaufen war. Die Suchaktion, und vor allem die damit verbundene Sorge um ihr Wohlergehen, hatten ihn doch ziemlich zermürbt. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er sie endlich einige Straßen weiter in einem Vorgarten gefunden, wo sie gerade damit beschäftigt war, einen penibel gepflegten Rasen ein wenig natürlicher zu gestalten. Glücklicherweise war sie von niemandem dabei beobachtet worden, auf eine Konfrontation mit einem aufgebrachten Hauseigner wäre Vogel um diese Uhrzeit denkbar schlecht vorbereitet gewesen. Als er glücklich heimgekehrt war, konnte er sich noch die obligaten Vorwürfe seiner Frau anhören, dass Laura wegen seiner Säumigkeit nun zu spät zur Schule käme. So wundert es nicht, dass sein üblicher Tagesvorrat an Nervenstärke heute schon besonders früh aufgebraucht war.
    Als er um Etliches zu spät in seinem Büro eintraf, blieb er zuerst einmal im Türrahmen stehen und betrachtete

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