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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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Karlsruhe, wo ich an den Proben zu der Uraufführung einer Oper von Michael Merkl mitwirken werde. Er hat eigens wegen mir, nachdem er mich als Orfeo in Heidelberg gehört hat, seine eigentlich schon fertige Oper umgeschrieben und eine Rolle für einen Countertenor eingefügt.«
    »Das ist ja großartig – dann werden wir halt ins Badische fahren müssen, nicht wahr, Elisabeth?«
    Diese nickte begeistert.
    »Und danach geht es nach Innsbruck, wo ich bei den ›Tagen der Alten Musik‹ mitwirken werde.«
    »Das liegt wenigstens näher. Fein, es freut mich, dass du so viel Erfolg hast.«
    Selbstzufrieden reckte Rost seinen Kopf.
    »Ja, langsam scheint man mich in der Klassikszene zu entdecken, was ja schließlich auch Zeit wird, nach den Erfolgen …«, sagte er feierlich.
    Jetzt hatte Walz genug, ungeachtet des Eindrucks, den dies auf seine gerade in Entstehung begriffene Herzensdame machte. Dem selbstverliebten Gehabe dieses Schnösels musste ein Ende gemacht werden. Zudem hatte ihn die vorhergehende Zurechtweisung verärgert.
    So sagte er in möglichst gleichmütigem Ton, indem er den Sänger direkt in die Augen blickte:
    »Wenn Sie schon immer so erfolgreich waren, wie kommt es dann, dass Sie in Klassikkreisen, denen ich mich auch zurechne, noch so unbekannt sind?«
    Erstaunt, als hätte er nicht recht gehört, legte Rost seinen Kopf schief.
    »Na hören Sie mal«, posaunte er heraus, während er ungläubig zu seinen Jüngerinnen schielte. »Meinen künstlerischen Durchbruch hatte ich bereits mit elf Jahren, als ich meine erste CD als Knabensolist mit den Wiener Sängerknaben aufnahm. Immerhin kann ich insgesamt zwölf CDs vorweisen, auf denen ich als Solist zu hören bin. Es gibt wohl nicht viele Sänger weltweit, die in meinem Alter solch eine Anzahl von Aufnahmen veröffentlicht haben.«
    Nach einem strafenden Blick, mit dem ihn Elisabeth und Clara musterten, beeilte sich Walz, rasch zurückzurudern.
    »Das schon, ich wollte Sie ja in keiner Weise beleidigen, meine Frage war vielleicht etwas unglücklich formuliert. Dafür, dass Sie schon so lange im Geschäft sind, sind Sie doch wirklich noch recht unbekannt. Das ist ja nicht gegen Sie gerichtet, sondern gegen die Klassikszene an sich, die irgendeinen Tenor, wenn er sich nur gut vermarkten lässt, nach seinen ersten Auftritten zum Weltstar hochjubelt, während ein Sänger Ihrer Qualität erst zwölf CDs aufnehmen muss, um in der Musikwelt überhaupt wahrgenommen zu werden.«
    Walz warf einen verstohlenen Blick zu den anwesenden Damen, deren Empörung sich nach seinem Beschwichtigungsversuch offenbar gelegt hatte. Auch Rost schien vorderhand versöhnt zu sein.
    »Ich kann das auch nicht verstehen«, ergriff nun Elisabeth das Wort. »Aber so funktioniert nun einmal der Markt. Wenn Florian mit seinem Aussehen und seinen Fähigkeiten eine andere Stimmlage hätte, wäre er sicherlich schon längst ein Weltstar. Doch an den großen Häusern werden aus wirtschaftlichen Gründen immer dieselben Opern gespielt, und bei Mozart, Puccini und Verdi kommen eben keine Countertenöre vor.«
    »Ich weiß, das klingt laienhaft«, wandte Walz nun ein, »aber warum sind Sie dann kein Tenor geworden, ihre Stimme verfügt doch sicherlich auch über eine bemerkenswerte Tenorlage?«
    »Das kann tatsächlich nur ein blutiger Laie fragen. Das ist in etwa so, als würden Sie einen talentierten, aber nicht sehr erfolgreichen Geiger fragen, warum er es nicht auf dem Cello versucht, die Fingerfertigkeit und Musikalität sind ja auch bei dem tieferen Instrument vonnöten. Doch die Handhabung ist eine völlig andere. Bei der Stimme ist dieser Unterschied noch viel ausgeprägter, die sitzt ja in mir«, antwortete Rost, sich auf den Brustkorb klopfend.
    Die Vorspeisen, die nun serviert wurden, wurden weitgehend schweigend eingenommen, was Walz, der ja kein hors d’oeuvre bestellt hatte, die Möglichkeit eröffnete, seinen Kontrahenten zu beobachten. Die Art und Weise, wie er aß, ähnelte der, wie er sang. ›Selbstverliebt‹ war das einzige Wort, das ihm dazu einfiel. Mit geschürzten Lippen führte er den Löffel zum Mund, wobei er jedes Mal mit gefurchter Stirn dem Geschmack mit einem kleinen Schmatzen nachspürte. Diese gespreizte Art der Nahrungsaufnahme erfüllte Walz mit einer solchen Aggressivität, dass er sich kurz entschuldigte und nach draußen ging, um die Damen nicht weiter zu verärgern.
     
    Rost war gerade dabei, mit großer Geste irgendwelche mäßig amüsanten Anekdoten

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