Damenschneider
Löwen.«
Professor Johannes Meister war eine imposante Erscheinung.
Nicht nur, dass er blendend aussah, er hätte mühelos jedes Casting um die Besetzung der Rolle eines Chefarztes gewonnen, auch auf seinem Fachgebiet, der Gynäkologie, galt er als ausgesprochene Kapazität, weshalb ihm auch vor zwei Jahren die Stelle eines ärztlichen Direktors des Sankt-Johann-Spitals angeboten worden war. Warum er diese Position angenommen hatte, die eigentlich mehr organisatorische als medizinische Kenntnisse erforderte, war selbst seinen engsten Freunden rätselhaft gewesen, doch eine kostspielige Scheidung sowie das Renommee, das mit einer solchen Stellung verbunden ist, hatten ihn letztlich zu diesem Schritt veranlasst. Zudem war der aussichtsreichste Mitbewerber um diese Stellung ein alter Gegenspieler von Meister gewesen, der ihm das Leben als Primar sicherlich schwer gemacht hätte. So war seine Motivation zur Annahme dieser leitenden Position sicherlich auch in dem Triumph begründet, diesen unliebsamen Konkurrenten aus dem Feld geschlagen zu haben.
Immerhin hatte er seine florierende Privatpraxis behalten.
Außerdem war Meister eitel.
Auch aus diesem Grunde war es ihm gar nicht recht, seinen Namen, der bislang allenfalls die Gesellschaftsspalten der Tageszeitungen mit einer gewissen Regelmäßigkeit gefüllt hatte, nun auf der Titelseite eben jener Magazine in einem ganz anderen Zusammenhang wiederzufinden.
So verwundert es nicht, dass er unsere Kriminalisten mit einer gewissen Ungeduld erwartete, versprach er sich doch von einem klärenden Gespräch seine völlige Entlastung. Denn er war sich keines Fehlverhaltens bewusst, das ihm gerade im Zusammenhang mit dem Fall Bilovic von den Zeitungen, und damit von der öffentlichen Meinung, unterstellt wurde.
Als Vogel und Walz sich anmeldeten, wurden sie folgerichtig sofort in Meisters Büro gebeten, das einen herrlichen Ausblick in den dem Krankenhaus angeschlossenen Park mit seinen alten Bäumen bot.
»Grüß Gott, meine Herren«, begrüßte er sie geradezu herzlich, »bitte, nehmen Sie doch Platz. Sie können sich ja vorstellen, dass ich das größte Interesse daran habe, diesen unsäglichen Fall sofort aufgeklärt zu sehen, geht es hierbei doch um den Ruf unseres Spitals.«
Die Kriminalisten waren nicht wenig erstaunt, anstatt des erwarteten älteren Herrn in einem weißen Kittel, von einem äußerst sportlich wirkenden Mittfünfziger im Maßanzug begrüßt zu werden.
Nachdem sie sich vorgestellt und Platz genommen hatten, eröffnete Vogel das eigentliche Gespräch.
»Es geht uns bei dieser Befragung weniger um die Tatsache, dass sich in Ihrem Spital ein Krankenpfleger jahrelang an medizinischen Hilfsmitteln vergriff, wir sind lediglich mit der Aufklärung des Mordes an Herrn Bilovic beauftragt.«
»Ach so, ja, ich helfe Ihnen dabei natürlich, wo ich kann«, sagte er sichtlich enttäuscht.
»Ist Ihnen bekannt, ob Herr Bilovic Feinde hatte? Etwa unter Ihren Kollegen, die ihm seine Erfolge als Operateur neideten?«
»Ich möchte voranstellen, dass ich überhaupt keine Kenntnis von diesen Vorgängen hatte, und auch nicht glaube, dass meine Kollegen der Ärzteschaft irgendetwas davon wussten. Dieses ganze Geschehen spielte sich auf der unteren Stufe der Hierarchie ab. Daher kann ich diese Annahme völlig ausschließen. Auch die Oberschwester, der ja die Verantwortung über das Pflegepersonal obliegt, glaubt nicht, dass sein Tod in Zusammenhang mit dem Personal des Spitals steht.«
»Könnten wir die Oberschwester vielleicht persönlich darüber befragen?«
Bedauernd schüttelte Meister seinen Kopf.
»Schwester Rosemarie ist leider gerade auf Fortbildung in Salzburg und wird erst nächste Woche wieder hier sein. Aber sie sagte mir am Telefon, dass sie sich nicht vorstellen kann, dass jemand aus seinem Kollegenkreis zu solch einer Tat fähig wäre. Auch die Ärzte, die mit ihm zu tun hatten, als Krankenpfleger, versteht sich, waren, nach meinem Kenntnisstand, mit seiner Arbeit sehr zufrieden. Darüber hinaus gibt es keinen Kollegen an diesem Haus, dem ich eine solche Tat zutrauen würde.«
»Sie haben ja auch eine Abteilung für plastische Chirurgie. Und in deren Garten hat Herr Bilovic ja gewildert, wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Und sicherlich verfügt Ihr Oberarzt auch über eine Privatordination. Wenigstens ihm kann es doch nicht verborgen geblieben sein, dass sich Herr Bilovic im Laufe der Jahre zu einem Geheimtipp der schönheitsbedürftigen
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