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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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klang auch heidnisch – insbesondere in Latein. Es schien ihm nicht recht, General Pardo in dem Glauben zu lassen, er wäre ein Heide, aber es war auch nicht klug, das Gespräch mit dem General damit zu beginnen, daß er ihn korrigierte.
    »Ich bin Delstrego«, sagte er schließlich und war froh zu wissen, daß seine lateinische Aussprache über allen Tadel erhaben war.
    »Kein Zauberer?« Die Frage war in scharfem Ton gestellt.
    »Ich bin – Alchimist.«
    Pardos Reaktion war beunruhigend. Seine Lippen wurden schmal. Er wandte den Kopf ab. Es schien, als würde ihm übel.
    »Deus! Ein Alchimist«, murmelte er im italienischen Dialekt der südlichen Regionen. »Das hat mir gerade noch gefehlt.«
    Damiano stützte sich verwundert auf seinen Stab. Auch er fiel ins Italienische; das Italienisch der Alpenländer, das stark vom Französischen beeinflußt war.
    »Ein Alchimist bemüht sich lediglich, Geist und Materie zu begreifen, und jedes auf das höchste Niveau zu bringen, indem er sich der Methoden des Hermes Trismegistus – «
    »Erzählt mir«, donnerte Pardo, »nichts – « Er holte tief Atem. Ein Soldat stürzte in den Saal und zog sich wieder zurück, als er sah, daß der General nur einen Zornesausbruch hatte. » – von Hermes Trismegistus«, vollendete Pardo.
    Damiano stand starr und bleich, wie einer, der im Eis eingebrochen ist.
    »Warum?« fragte er mit schwacher Stimme. »Warum nicht von Hermes?«
    Pardo räkelte sich auf seiner Bank. Ein Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus.
    »Weil ich von Hermes Trismegistus und dem hohen Ziel der Alchimie schon genug gehört habe, mein Junge. In Florenz wimmelt es von halb vermoderten alten Männern, die behaupten, sie können Blei in Gold verwandeln. In Venedig ist es beinahe genauso schlimm.« Er richtete graue Falkenaugen auf Damiano. »Und in Avignon – da kommt jede Hilfe zu spät.
    Ihr seid zu jung und kräftig für einen Alchimisten, Signor Delstrego. Und zu sauber. Könnt Ihr Blei in Gold verwandeln?«
    »Nicht – in großen Mengen«, gestand Damiano verlegen.
    »Könnt Ihr es überhaupt?« bohrte der General weiter.
    Damiano fingerte seufzend an seinem Stab. Zu seinem Kummer hatte er feststellen müssen, daß viele der Ziele der Alchimie mit den Werkzeugen seines Vaters leichter zu verwirklichen waren als mit den Mitteln des geheiligten Hermes.
    »Meine Methoden sind nicht rein«, improvisierte er, »und die damit verbundene Mühe und Arbeit ist – «
    Pardo schwang die Beine vom Schemel und blickte den jungen Mann aus funkelnden Augen an.
    »Ich möchte nur eines wissen, Junge: Verfügt Ihr über besondere Kräfte?«
    Pardo besaß eine gewaltige Stimme und war es gewöhnt, auf dem Schlachtfeld ganze Regimenter zu befehligen. Damiano aber war es nicht mehr gewöhnt, herumkommandiert zu werden. Das Gebrüll weckte Zorn in ihm. Seine Finger schlossen sich fester um das schwarze Holz des Stabes.
    Plötzlich füllte sich der ganze Saal mit dem donnernden Krachen schlagartig aufspringender Türen und Fensterläden. In den Falten von Damianos wollenem Gewand sprühten knisternde Funken. Die dünne Holztür des Audienzraums zitterte eine halbe Minute lang. Ein Wolke von Mörtelstaub rieselte von der Decke herab.
    Pardo nahm es gelassen hin.
    »Das hab ich in meinen Ohren gespürt«, sagte er nur.
    Damiano schwieg, da er fand, er hätte genug getan, und wußte, daß das Aufspringen von Türen ihn nicht vor einem Regiment mit Schwertern bewaffneter Soldaten retten würde. Außerdem war er müde.
    »Genau das wollte ich wissen«, fügte der General im Konversationston hinzu, während er mit dem Fuß einen gepolsterten Hocker zu Damiano hinschob. »Setzt Euch, Signor Delstrego. Ich möchte mit Euch reden.«
    »Danke, General.« Dankbar ließ sich Damiano auf dem Polster nieder. »Auch ich wollte mit Euch sprechen.«
    »Ah?«
    Von einem Piemontesen ausgesprochen hätte diese fragende Silbe tief in der Kehle nachvibriert wie das Schnurren einer Kätzin. Allenfalls hätte ein Piemontese sein Gegenüber dabei angesehen, um ihm zu zeigen, daß die Frage an ihn gerichtet war. Doch General Pardo war Römer von Geburt. Beide Augenbrauen schossen in die Höhe, und seine Lippen zogen sich zurück, um die Zahne zu entblößen. Das intensive Interesse, das sich in der einen Silbe ›Ah‹ offenbarte, schien Damiano exzessiv; zu pointiert, blutdürstig beinahe. Es paßte zur Erscheinung des Generals und seinem hitzigen Temperament.
    Diese Italiener, dachte Damiano –

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