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Damon Knight's Collection 04 (FiO 07)

Damon Knight's Collection 04 (FiO 07)

Titel: Damon Knight's Collection 04 (FiO 07) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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nicht mehr glatt. Und die Haare des Mannes … schienen buschiger. Und dann wußte es Edmonds: Dragos Gesicht war von einer Gänsehaut überlaufen. Der Gedanke jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er schaute sich blitzschnell um. Keiner sonst hatte es bemerkt.
    Aber warum? Und was konnte im innersten, strengsten Heiligtum des Rechts irgendeinen Menschen nur so erschrecken, gleich ob er Hellseher war oder nicht? Unbehaglich beobachtete er, wie Helen Nord Drago hinausführte und die Tür hinter ihm schloß. Es erforderte eine große Willensanstrengung von ihm, seine Gedanken wieder auf die Beratung zu lenken.
    Pendleton diktierte in das Bandgerät: »Frank Tyson, Kläger gegen New York. Antrag auf Verfügung der Aktenanforderung vom Berufungsgericht New York angenommen, beschränkt auf die einzige Frage der Berufung wie folgt: ob der Haussuchungsbefehl, den die Polizeibeamten vorwiesen, im oben erwähnten Fall die Vierte Zusatzerklärung der Amerikanischen Verfassung verletzte, indem der besagte Haussuchungsbefehl nicht durch hinreichenden Verdacht begründet war.«
     
    Heimliche Lauscher oder solche, die an Wänden und unter Fenstern oder an der Dachrinne eines Hauses horchen, um eine Unterhaltung zu belauschen und darüber verleumderische und boshafte Gerüchte in die Welt setzen, sind ein öffentliches Ärgernis und wert, dem Gericht des Bezirks vorgeführt zu werden.
    Blackstone: Anmerkungen
     
    Edmonds blieb an der Tür zu Godwins Büro stehen und starrte, wie es seine Gewohnheit war, hinüber zu dem Porträt von Laura Godwin, das an der gegenüberliegenden Wand hing.
    Der Raum war angefüllt mit Erinnerungsstücken an die tote Frau des alten Richters. Insgesamt hingen drei Porträts von Laura an den Wänden. Das letzte, an dem Edmonds Blick hängenblieb, war ein meisterhaftes Gemälde, von dem jüngeren Wyeth gerade vor ihrer letzten Krankheit gemalt. Es zeigte noch die Elfenaugen, die Präsidenten erobert hatten. Am rechten Handgelenk trug sie Godwins Hochzeitsgeschenk, ein Armband aus grünen Lorbeerblättern, übersät mit kleinen rosa Perlen, die die Blüten darstellten. Im Tod wie im Leben ließ das große Gericht sie ohne Furcht, und sie blickte auf die Richter, einzeln und gemeinsam, mit jenem toleranten Respekt, der frühreifen Kindern eigen ist.
    Godwin machte alles ausfindig, was ihren Namen trug. Auf einem Ständer beim Fenster wuchs ein winziger Lorbeer, eine Kalmia latifolia, von den Blue Ridge Mountains hierher verpflanzt. Wie die Alten, glaubte Godwin, daß dies lebende Symbol seiner Frau die Kraft hätte, Blitzschlag und ähnliches Unheil abzuhalten.
    In den überladenen Bücherregalen hinter seinem Schreibtisch stand eine illustrierte Ausgabe von Petrarca. Godwin hatte nur Italienisch gelernt, um von der Laura des Dichters im Original lesen zu können. Neben Petrarca stand ein Band mit Goethes Gedichten. Edmonds hatte ihn einmal herausgezogen, und er war von selbst auf der Seite der wundervollen Mignon auseinandergefallen: »Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht.«
    Die Uhr auf dem Kaminsims war vor Jahren angehalten worden, im Augenblick von Lauras Tod. Godwin hatte seither niemals mehr erlaubt, daß sie aufgezogen wurde. Auf seinem Bücherschrank sah man ein kleines silbernes Schmuckkästchen mit eingravierten Lorbeerblättern. Edmonds kannte seinen Inhalt: einen glänzenden schwarzen Plastik-Tintenfleck, eine Schachtel Streichhölzer, die nicht zündeten, eine täuschend ähnliche Fiberglas-Zigarre, ein Gipsei – alles persönliche Gegenstände, die Laura in den vergangenen Jahren benutzt hatte, um ihre bekannten Aprilscherze mit ihrem berühmten Ehemann zu treiben.
    Der Raum erschien Edmonds warm. Ein Holzfeuer brannte mit steter Fröhlichkeit im geschmackvollen Kamin. Er wußte, daß Godwins Chefsekretärin dreißig Minuten früher ins Büro kam, um Feuer anzumachen, seitdem der alte Mann sich einmal beklagt hatte, ihm sei kalt.
    »Ben! Kommen Sie herein, mein Junge.« Oliver Godwin spähte hinter seinem Stapel Bücher, Aktenstößen und Dokumenten, die sich auf seinem großen Eichentisch türmten, zu Edmonds empor. »Wir werden heute ein volles Haus haben bei der Beweisführung. Haben Sie die Schlagzeilen gesehen? Hier, die ›Daily News‹: Oberster Gerichtshof nimmt Gedankenleser-Fall an. Und die ›Post‹: Mordfall vor Oberstem Gerichtshof. Und der ›Star‹: Oberster Gerichtshof stellt Tyson-Urteil in Frage. Nun, ich denke, wir sind auf sie vorbereitet. Ich habe ein

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