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Damon Knight's Collection 07 (FO14 )

Damon Knight's Collection 07 (FO14 )

Titel: Damon Knight's Collection 07 (FO14 ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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bewußt, was auf ihn zukam wie ein Bergwind, der ihm ins Gesicht blies.
    Die hellen Primärfarben auf der Leinwand zeigten das unaufgeräumte Schlafzimmer mit den getäfelten Wänden und einen bärtigen Mann im Bett. Unwillkürlich formten sich die Worte in seinem Geist: Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen. Manchmal fielen mir die Augen, wenn kaum die Kerze ausgelöscht war, so schnell zu, daß ich keine Zeit mehr hatte zu denken: »Jetzt schlafe ich ein.« … Manchmal entstand in meinem Schlaf aus einer falschen Lage wie Eva aus der Rippe Adams eine Frau … Der Schlafende spannt in einem Kreis um sich den Ablauf der Stunden, die Ordnung der fahre und der Welten aus. Es war wieder der Anfang von IN SWANNS WELT.
    Er wußte, was nun kam, und als er nun Madame Swanns Kutsche durch die Porte Dauphine rollen sah, schlich er sich leise aus dem Raum, beobachtete aus dem Verborgenen, wie seine Gestalt auf dem Rollband verschwand, und betrat dann wieder den Raum, wo er sich angstvoll erschrocken sitzen sah.
    Ohne Zeitunterbrechung fand er sich wieder auf seinem Fahrrad in der Verfolgung seines eigenen gebeugten Rückens unter den hohen, weißlichen Silhouetten der Platanen. Er zog das Gewand vom Gesicht weg und ließ es ordentlich auf die Schultern fließen, dann rückte er den Doktorhut auf dem Kopf zurecht. Bald – die roten und gelben Blätter flitzten an seinen Ohren vorbei – würde er zurückgekehrt sein. Bald – er flog fast. Er betrachtete die Hände, die noch immer Leberflecken hatten, aber sie verloren sich allmählich. Er wollte nicht lehren. Er wollte es Ruth sagen, wenn sie nebeneinander auf den eisernen Klappstühlen saßen und den dröhnenden Lautsprechern zuhörten. Er wollte nicht lehren. Er würde aufwachen.

Das asiatische Ufer
 
(Thomas M. Disch)
     
     
I
     
    Stimmen in der Straße mit Kopfsteinpflaster und Motorengeräusch, Schritte, Türenschlagen, Pfeifen und wieder Schritte. Er wohnte im Erdgeschoß, und so hatte er keine Möglichkeit, diesen Anzeichen für die Lebhaftigkeit der Stadt zu entrinnen. Sie sammelten sich im Zimmer an ebenso wie der Staub und die Berge unbeantworteter Post auf dem fleckigen Tischtuch.
    Jeden Abend schleppte er einen Stuhl in das unmöblierte hintere Zimmer – das Gästezimmer, wie er es zu nennen beliebte – und schaute über die ziegelgedeckten Dächer und die schwarze Wasserfläche des Bosporus zu den Lichtern von Üsküdar hinüber. Doch die Straßengeräusche drangen auch bis in dieses Zimmer. Da saß er in der Dunkelheit, trank Wein und wartete auf das Klopfen an der Hintertür.
    Oder er versuchte manchmal zu lesen: geschichtliche oder Reiseerzählungen, die langatmige, dicke Biographie von Atatürk. Als eine Art Beruhigungsmittel. Ab und zu begann er sogar einen Brief an seine Frau:
    »Liebe Janice, wahrscheinlich hast Du Dich gewundert, was in den letzten Monaten aus mir geworden ist …«
    Der Haken war nur, daß er es nach diesen einleitenden Zeilen, ein paar Höflichkeitsfloskeln und oberflächlichen Berichten nicht über sich bringen konnte, darzulegen, was wirklich aus ihm geworden war.
    Stimmen …
    Es war ganz angenehm, daß er die Sprache nicht beherrschte. Eine Zeitlang hatte er sie gelernt, war dreimal in der Woche mit dem Taxi zum Robert College in Bebek gefahren, aber die auf fremden Grundlagen beruhende Grammatik, die von jeder ihm bekannten Sprache abwichen, mit den fließenden Grenzen zwischen Verben und Substantiven, zwischen Substantiven und Adjektiven, entzog sich jedem Angriff seines unbeirrbar aristotelischen Geistes. Er saß hinten im Klassenzimmer, hinter Reihen amerikanischer Teenager, so verdrossen wie Sträflinge, so grotesk unpassend wie schmelzende Maschinen in einer Dali’schen Landschaft – so hockte er da und plapperte wie ein Papagei dem Lehrer primitive Dialoge nach, abwechselnd in zwei Rollen, zuerst dem vertrauensvollen, wißbegierigen JOHN, der allein die Straßen von Istanbul und Ankara durchwanderte und sich dauernd verlief, dann die des hilfreichen, kundigen AHMET BEY. Keine der beiden handelnden Personen war bereit, zuzugeben, was mit jedem gestammelten Wort JOHNS zusehends deutlicher wurde, nämlich, daß er sich noch jahrelang in denselben Straßen verirren würde, unfähig, sich auszudrücken, betrogen und verachtet.
    Doch hatten diese Lektionen, solange er sie besuchte, einen großen Vorteil. Sie verschafften ihm die Illusion der Aktivität, eine obeliskförmige Stütze, an der sich das Auge in der

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