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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Eins
    Als die Sonne unterging und die Dämmerung der Nacht Platz machte, erwachte der Berg zum Leben. Ein Chor von Insekten summte und zirpte in der Dunkelheit. Vögel tschilpten aus ihren Nestern in den Wipfeln. Kleine Frösche – von den Einheimischen Frühlingspfeifer getauft, weil sie durchdringend pfiffen, wenn sie aus dem Winterschlaf erwachten – quäkten sich aus seichten, verborgenen Sümpfen und schmalen, gewundenen Bächen gegenseitig zu. Nachtaktive Tiere durchstreiften die Hänge – Kojoten und Rotwild, Schwarzbären und Füchse, Stinktiere und Waschbären. Blätter raschelten, wenn sie von der leichten Brise erfasst wurden. Diese Laute, und noch einige andere mehr, vereinten sich zu einer natürlichen Geräuschkulisse, die der einer Großstadt in nichts nachstand. Der Berg strotzte vor Energie und Leben.
    Dann verstummten schlagartig alle Geräusche und Bewegungen. Der Berg verfiel in Schweigen. Säugetiere und Insekten, Jäger und Beute – alle waren davon betroffen. Sogar der Wind flaute ab. Als einziger Laut blieb das Surren der elektrischen Leitungen zurück, das vom Strommast auf der Spitze der Erhebung ausging. Die gewaltige Stahlkonstruktion ragte wie ein Monolith über der Landschaft auf. Ein modernes Stonehenge, düster und geheimnisvoll. Der Boden rings um den Sockel war gerodet und zementiert worden. Dahinter zog sich eine Schneise wie eine Narbe durch den Wald und den gesamten Hang hinab, wo weitere Masten über den Baumwipfeln aufragten. Am Fuße, weit unterhalb der Stromleitungen, breitete sich zwischen dem Fluss und den hügeligen Kalksteinausläufern eine Kleinstadt aus. Ihre Lichter glommen in der Finsternis wie Glühwürmchen.
    Am Sockel des Masts stieg Nebel auf und kräuselte sich träge um die Bogen und Verstrebungen. Einen Moment lang schwoll das elektrische Summen an. Dann tauchten nacheinander fünf große Krähen mit pechschwarzem Gefieder auf. Sie schwebten durch das Mondlicht von den nebelverhangenen Bäumen herab. Die Vögel näherten sich der Lichtung aus verschiedenen Richtungen und landeten unmittelbar am Mast. Sie kauerten sich auf dessen niedrigste Strebe und blickten auf die winzige Stadt tief unter ihnen. Der Nebel verdichtete sich.
    Eine der Krähen verlor eine schwarze Feder, die langsam zu Boden segelte, wo sie in einem Gewirr von Farn und Unkraut am Rand der Lichtung zum Liegen kam. Kurz schien sie innezuhalten, dann begann die umliegende Vegetation zu rauchen, als brenne sie, wenngleich keine Flammen zu sehen waren. Innerhalb von Sekunden wurden die Pflanzen welk und braun, bröckelten und zerfielen. Unter der Feder blieb nur ein kleiner Aschehaufen zurück.
    Der größte Vogel stimmte ein Krächzen an, das über den Hang hallte und in der Dunkelheit an Intensität zuzunehmen schien. Nacheinander stimmten die anderen Krähen mit ein. Die Echos dröhnten durch die Baumwipfel. Bald übertönte das Geschrei der Tiere sogar das Summen der Transformatoren.
    In der Regel verliefen die Nächte in Brinkley Springs still und beschaulich. An den meisten Abenden ging die größte Lärmbelästigung von Randy Cummings aus, wenn er mit seinem Allradantrieb die Hauptstraße entlangraste. Je nachdem, wie der Wind wehte, konnten die Anwohner den Motor des Ford manchmal bis weit den Berg hinauf hören, wenn Randy mit seinen Freunden Ausfahrten ins Gelände unternahm. Die Lackierung des Wagens verbarg sich unter einer dauerhaften Kruste aus Schlamm und Dreck. Gelegentlich kreuzte Sam Harding mit seinem schwarzen Nissan auf. Er fuhr nie besonders schnell, weil er das Auto so extrem tiefergelegt hatte, dass es unweigerlich aufsetzte, wenn es mit mehr als 30 Kilometer pro Stunde über ein Schlagloch oder Eisenbahnschienen bretterte. Dafür drehte er gern die Stereoanlage laut auf, und die Bässe brachten seine getönten Scheiben ebenso zum Vibrieren wie die Fenster der Häuser, an denen er vorbeifuhr. Nachdem Randy und Sam in wenigen Wochen von der Schule abgingen, waren sich die meisten Bewohner von Brinkley Springs darin einig, dass es sich lediglich um vorübergehende Ärgernisse handelte – zumindest bis die nächsten Teenager ihre Führerscheine in die Hand gedrückt bekamen.
    Das Stadtbild wurde von verwahrlosten ein- oder zweigeschossigen Häusern sowie vereinzelten verbeulten Wohnwagen bestimmt. Einige der Gebäude waren mit schmutzigen, von Dellen übersäten Aluminium- oder Vinylverkleidungen ausgestattet, die meisten jedoch nicht einmal das. In der Regel stellten sie

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