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Damon Knights Collection 10

Damon Knights Collection 10

Titel: Damon Knights Collection 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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gereizt durch ihre Haltung, „wenn ich will, kann ich ein Jahr lang jede Woche hierherkommen und ein Kind kriegen. Das Gesetz läßt es zu. Verschonen Sie mich also mit Ihren Ratschlägen!“
    Sie ließ sich zu keiner Antwort herab. Ich wollte eben zur Tür gehen, als eine andere Frau hereingestürmt kam und sich an die Schreibdame wandte: „Ich bin in den Wehen!“
    „Setzen Sie sich, Sie müssen warten, bis die Bänder gelöscht sind“, entgegnete die Dame.
    Ich sah zu, wie die Frau schwerfällig Platz nahm, und sie fing meinen Blick auf. „Haben Sie es geschafft?“ fragte sie.
    „Ja, ein goldiger Junge. Viel Glück für Sie!“
    Sie sagte: „Danke, ich kann es gebrauchen. Bei mir sind es wieder Zwillinge.“
    „Unersättlich“, meinte die Dame mißbilligend, als ich hinausging, „unersättlich.“

Gardner R. Dozois
Ein Mittagstraum
     
    Ich erinnere mich an den Himmel, an die Sonne, die wie eine goldene Münze in einem tiefen blauen Teich leuchtete, und an die schnellen weißen Wolken, die sich in Zauberschiffe verwandelten, in Walfische und vieltürmige Burgen, als sie über jenen unergründlichen Ozean hinwegsegelten und auf der gleichfalls unergründlichen See meines geistigen Auges schwammen. Ich erinnere mich an die Winde, welche die Wolken zausten, sie glätteten oder bauschten zu heiterer Pracht oder sie zu Schaum aufpeitschten. Ich erinnere mich an den gleichen Wind, der sich tief duckte, um das Gras zu streicheln, es zum Schwanken und Zittern brachte oder durch die Baumäste fuhr, bis sie schrill und wild orgelten. Ich erinnere mich an die Stille, einem hellen Schrei gleich, der sich an den Bergflanken brach.
    – Es regnet. Der Himmel ist schiefergrau und heftig aufgewühlt. Er sieht aus wie ein triefender Spüllumpen, den man auswindet, und das Naß ist schmutziger Re gen, der in prasselnden Strömen herabfällt und das ho he Gras flachdrückt. Der Regen zerhämmert den Boden, und das lockere Erdreich verwandelt sich langsam in Schlamm, und der Regen zerklatscht den Schlamm, bis er zu schimmern beginnt –
    Und ich erinnere mich an die Züge. Ich erinnere mich, wie ich als Kind im Bett lag, eingemummt in warme Decken, mißtrauisch und angespannt in den dunklen Schoß meines Zimmers spitzte und auf das Stöhnen und Murmeln der großen Züge horchte, die sich im Güterbahnhof hinter dem Haus befanden. Ich erinnere mich, daß ich Nacht für Nacht wachlag, verängstigt und auf geheimnisvolle Weise fasziniert, ganz still, damit mich die Dunkelheit nicht sehen konnte, und auf das dumpfe Dröhnen und metallische Seufzen horchte, wenn die Züge unter meinem Fenster aneinandergekuppelt wurden. Ich erinnere mich, daß ich mir die Züge als Lebewesen vorstellte, als große dunkle Ungeheuer, die sich in der mondbeschienenen schwarzweißen Welt vor meinem Fenster trafen, um zu tanzen und einander zu haschen, und wenn ich sie leise vorüberrattern hörte und das Zimmer in scheuer Erwiderung bebte, dann spürte ich ein unheimliches Ziehen in der Brust und bekam eine Gänsehaut, und ich wünschte mir dann, daß ich sie beim Tanz beobachten könnte, obwohl ich wußte, daß ich das nie tun würde. Und ich erinnere mich, daß es anders war, wenn ich die Züge tagsüber beobachtete, denn da waren sie, obschon ich die Hand meiner Mutter fest umklammerte und wie gebannt auf das Dampfgespeie und Funkengesprühe starrte, einfach große Eisenkolosse, die mir etwas vormachten; tagsüber besaßen sie keine Zaubermacht, sondern verbargen alles Magische in ihrem Innern und taten, als seien sie nur Eisenkolosse, während sie auf die Dunkelheit warteten. Ich erinnere mich, daß ich selbst damals bereits wußte, daß Züge nur nachts verzaubert sind und nur tanzen, wenn keiner sie sehen kann. Und ich erinnere mich, daß ich nachts nicht einschlafen konnte, bis mich das leise Stahlgemurmel und das sanfte rhythmische Rütteln und Stoßen an einer Weiche einlullte. Und ich erinnere mich, daß ich in manchen Nächten bei dem Dröhnen eines schnellen Güterzugs oder dem grausam durchdringenden Gellen einer Dampfpfeife zu zittern begann und selbst unter meinem sicheren Deckenberg fror, und dann dachte ich an regenaufgeweichten Boden und Blut und schwarzen Drillich und halbverstandene Bemerkungen über den Tod meines Großvaters, und die Dunkelheit schien sich plötzlich zusammenzuballen, bis sie diamanthart war und auf meine schmerzenden Augen preßte, und dann wimmerte ich, und die verklingende Dampfpfeife riß mir den Laut von

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