Damon Knight's Collection 11 (FO 29)
Ballast befreien könnt, der die Schuld an eurer Misere trägt. Und jetzt muß ich gehen.“
„Moment“, sagte Amaryllis. Sie spürte, daß Cranston ihnen helfen konnte. „Was soll sich damit ändern?“
„Ihr werdet dieses stumpfsinnige Dasein mit einem Leben in Freiheit vertauschen, euren eigenen Hanf anbauen und ähnliches“, sagte Cranston mit einer Spur von Ungeduld.
„Aber weshalb sind Sie dann hier?“ fragte Amaryllis, die einen Widerspruch witterte.
„Meine Mission ist ein Geheimnis. Man könnte mich als eine Art Wanderprediger bezeichnen. Oder als etwas anderes. Wer weiß, wo das Böse lauert, Mann? Habe ich recht?“
„Aber vorhin summten Sie ‚Bernie’s Tune’. Ich meine, das ist auch ganz schön spießig“, sagte Amaryllis.
„Es beweist nur die Wirksamkeit meiner Verkleidung, Schätzchen. Außerdem seid ihr noch nicht so weit, die wahre Musik zu hören. Dagegen klingt dieser Säure-Dreck wie ein Straußwalzer. Ich habe euch gesagt, was ihr tun könnt, und nun muß ich gehen.“ Und Lamont ging, den „Work Song“ auf den Lippen. Im Hinausgehen schnitt er dem turbanbewehrten Fotografen wilde Grimassen.
„Nun, was hältst du davon?“ fragte Harley.
„Wir packen heute nacht“, sagte Amaryllis mit einem verträumten Blick, als hörte auch sie jetzt eine andere Musik.
Harley wußte, daß er nicht dagegen ankämpfen konnte. Er gab seine Stelle beim Straßenbauamt auf und lieferte seine Schlüssel für den Rasenmäherschuppen ab. Amaryllis erklärte Igor, daß sie von Ruba-Rama und dem Massieren die Nase voll habe. Gegen neun riefen sie einen Makler an, und gegen zehn verkauften sie ihr Reihenhaus mit Swimmingpool um fünftausend Dollar mehr, als sie dafür bezahlt hatten. Sie beschlossen, Amaryllis zuliebe, mit der Maschine nach Frisco zu brausen und erst dort einen Wagen zu kaufen, der ihrem neuen Lebensstil besser angepaßt war. Amaryllis rief die Tauschpartner-Agentur an und ließ ihre Namen streichen, und mittags fuhren sie los.
Die lange Reise verlief ereignislos für Harley (wenn man davon absah, daß er die Abzweigung nach San José verpaßte) und ekstatisch für Amaryllis. Harley nährte die stille Hoffnung, daß die zehn oder mehr Orgasmen, die sie unterwegs hatte, sie von ihrem San-Francisco-Zwang befreien würden. Aber sie blieb hart.
Die Dinge entwickelten sich rasch, als sie in der Hashbury-Clique heimisch wurden. Sie mieteten den früheren Präpariersaal der nicht mehr benutzten Dimlawn-Leichenhalle, und Amaryllis setzte ihren Stolz darein, die verschiedenen Aufbahrtische und Tragen in Möbel umzufunktionieren. Paare und Gruppen bewohnten die anderen Räume des Gebäudes, und es herrschte eine herrliche Kameraderie in der Dimlawn-Gruppe, wie sie sich nannten. Um den Einzug der Modes zu feiern, wurde ein Haschischpunsch in einer zurückgelassenen Balsamierschleuder gebraut, und die Party-Teilnehmer entzückten später eine Busladung von Adventisten, als sie in einer langen Schlange durch die Straßen marschierten, verwelkte Kränze umgehängt, und „Wir sind bereit!“ grölten.
Der Tauschklub erübrigte sich, obwohl es eine Weile dauerte, bis sich die Modes an die Hygiene-Gepflogenheiten der Dimlawner gewöhnt hatten. Amaryllis infizierte sich prompt und gab die Sache an Harley weiter, so daß er Penicillin holen konnte, ein Tun, das manche der Dimlawner als Verrat betrachteten.
Sie besorgten sich passendere Kleidung, wobei Harley endlich Verwendung für das Zeug fand, das er einmal bei einem Familienausflug ins Cherokee-Reservat erstanden hatte. Und sie kauften ein Auto. Es war ein Heuler, eine echte 1948er Citroën-Limousine aus dem Besitz der Vichy-Regierung, durchlöchert von Kugeln der Widerstandskämpfer. Zumindest hatte ihnen das die Obenohne-Indianerin in Honest Fuzzy Lipschits’ Old West Auto Mart and Art Gallery erklärt. Fuzzy, so schien es, hatte vorausgeahnt, daß es mit den Tacos bergab gehen würde, und war in diese Firma eingestiegen. Dann war er weitergezogen und hatte seinen Namen an einen kleinen Unternehmer namens Albert Schweitzer verkauft (keine Verwandtschaft), der das Geschäft nun führte. Jedenfalls war es ein irres Ding, und eine Zeitlang genossen sie das Leben bei den Dimlawners.
Dann, allmählich, schlich sich wieder ein Mißton zwischen ihnen ein. Irgendwie, trotz all ihrer Anstrengungen, paßten sie nicht so ganz in die Dimlawn-Welt. Zum einen wußte jeder, daß die Modes über Geld verfügten. Der Gewinn beim Hausverkauf plus eine
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