Damon Knights Collection 5
auszusprechen und zu wissen, daß es wahr war. Natürlich, als er krank gewesen war, hatte er sie vermißt. Es wäre dann angenehm gewesen, sie um sich herum zu haben. Sie hatte eine Art mit kranken Menschen umzugehen, mildernd, sanft, tröstend. Aber normalerweise war ihm seine Arbeit genug, und die momentanen Anfälle von Sehnsucht schienen nahezu richtungslos, jedenfalls nicht besonders auf sie gerichtet zu sein. Oder auf irgend jemand anderen.
»Waren Sie je verliebt?« fragte Feldman, als die Stille überlang wurde.
»Sicherlich, mehrere Male. So das übliche High-School-Getändel; dann war da natürlich Ethel.«
»Wie war das doch mit dem High-School-Getändel? Irgendein Mädchen, das von heute her gesehen besonders hervorsticht?«
Er konnte sich nicht eines Namens eines der Mädchen erinnern, die er in der Schule bewundert hatte.
Diesen Abend hatte er drei Programme zu überprüfen. Carl hatte Fehler in ihnen zugegeben. »Rein der Mist, raus der Mist«, hatte Carl gesagt, als er die Papiere auf Thorntons Tisch klatschte. »Und ich kann den Bock nicht finden.« Er war über sich verärgert, weil er den Fehler überhaupt hatte durchgehen lassen, und noch mehr darüber, daß er den Fehler nicht fand, nachdem bekannt war, daß da ein Fehler war.
Die drei Programme gehörten zusammen; der Fehler konnte im ersten sein und so die folgenden zwei verfälschen; er konnte aber auch im letzten Schritt des dritten Programms enthalten sein. Es waren insgesamt über 1500 Schritte.
Thornton arbeitete daran bis ein Uhr morgens, schaltete eine halbe Stunde ab, um sich langzulegen und ein Sandwich zu essen, dann ging er wieder daran. Um drei wurde ihm bewußt, daß Feldman ihn aus irgendeinem Grund bedrängte, den er nicht fassen konnte. Monatelang war seine Beziehung zu Feldman gleichgültig gewesen, rein auf dienstlicher Basis, aber jetzt war das anders. Die Veränderung in Feldman war etwa der Verwandlung einer Katze zu vergleichen, die mit einem Ball gespielt hatte und nun eine Maus vorgesetzt bekam. Dieselben Gesten, aber mit einer neuen Eindringlichkeit, einer neuen Konzentration. Er ging hinaus in die Nacht, um zu rauchen und um den Rauch aus seinem Zimmer abziehen zu lassen. Er hustete schlimm bei jeder Zigarette, die Nachwirkungen der Lungenentzündung, vermutete er.
Er hatte mit dem Psycho-Kybernetiker über die Auswahl der Psycho-Modelleinheiten gesprochen, und Jorgenson hatte verbittert seiner Theorie zugestimmt, daß sie keine größeren Fortschritte erwarten könnten, bis ihnen gestattet würde, ihre Auswahl selbst zu treffen. Er wußte, daß der Direktor mit dem Sekretär darüber diskutiert hatte, aber kein Wort war bis jetzt über das Ergebnis nach unten durchgedrungen. Inzwischen drehten die Einheiten weiter durch, und die Phalanx versuchte regelmäßig, Selbstmord zu begehen.
Er mochte die Wendung »versuchte, Selbstmord zu begehen« nicht, aber das war die übliche, allgemein benutzte Bezeichnung. Er erinnerte sich an seine Mutter und ihren Selbstmord, der der Hinrichtung seines Vaters folgte. Er erinnerte sich an die Bilder der verstümmelten Kinder, die mit der Post angekommen waren, und die Briefe und Anrufe, die Pein seiner Mutter und ihr schließliches Aufgeben. Er wäre ohne Paula und Gregory nicht durch diese Zeit gekommen. Seine Hand erstarrte auf halbem Wege, als er die Zigarette zum Mund führen wollte.
Paula! Er hatte seit zwanzig Jahren nicht mehr an Paula gedacht. Nicht mehr, seitdem er einmal hingegangen war, um sie ihre Gedichte vortragen und lesen zu hören. Ethel hatte sich so gelangweilt. Sie waren nicht bis zum Ende geblieben, aber er war später zurückgegangen und hatte Paula auf dem anschließenden Empfang getroffen. Sie schien nie erstaunt, ihn zu treffen, hatte er dann gedacht, als ihr Gesicht vor Freude über sein Erscheinen aufleuchtete. Keine Überraschung, nur Freude, ihn wiederzusehen. Er hätte sie beinahe gefragt, ob sie ihn nun liebe, aber er tat es nicht. Wieder schien sie verändert, klüger, aber nicht nur das. In Kontakt mit etwas, das er nicht erfassen konnte. Sie sei eingestimmt, sagten die Studenten von ihr und verehrten sie und das, was sie für sie schrieb.
Er inhalierte tief, hustete stark und hielt sich an einem Baum fest, bis er wieder Luft bekam. Das Husten machte ihn schwindlig, ließ seinen Kopf anschwellen, und der Puls hämmerte in den Schläfen. Er streifte kurz einen Gedanken an sein eigenes Sterben, tot, und wie Paula zum Begräbnis
Weitere Kostenlose Bücher